Leitsatz

* Schadenersatzrenten nach § 844 Abs. 2 BGB gehören zu den Einkünften und Bezügen, die zur Bestreitung des Unterhalts des Kindes bestimmt sind. Sie sind bei der Ermittlung des Jahresgrenzbetrags im Sinn von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG unabhängig davon zu berücksichtigen, dass sie an die Stelle der Unterhaltsleistung des verstorbenen Elternteils treten.

* Leitsatz nicht amtlich

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG , § 844 Abs. 2 BGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin war die Mutter einer studierenden Tochter, für die sie Kindergeld bezog. Der Vater war 1984 bei einem Unfall ums Leben gekommen. Die Tochter erhielt seitdem von verschiedenen Stellen Rentenleistungen, u.a. auch eine Schadenersatzrente nach § 844 Abs. 2 BGB. Alle Leistungen zusammen überstiegen den Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Die Familienkasse stellte daraufhin die Kindergeldzahlungen ein.

 

Entscheidung

FG (EFG 2000 569) und BFH hielten dies für zutreffend. Die Schadenersatzrente gehöre als Unterhaltsersatzrente jedenfalls zu den Bezügen i.S.v. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Sie sei zum Unterhalt des Geschädigten bestimmt und richte sich kraft Gesetzes auf laufende Leistungen in Form einer Geldrente (§ 844 Abs. 2 BGB). Ihrer Berücksichtigung bei den Bezügen stehe nicht entgegen, dass die Rente an die Stelle der Unterhaltsleistungen des Vaters trete.

 

Hinweis

Der BFH hat erst vor kurzem entschieden, dass die gesetzliche Halbwaisenrente mit dem Zinsanteil bei den Einkünften aus Kapitalvermögen mit dem Kapitalanteil bei den Bezügen des Kindes zu erfassen sei (BFH, Urteil vom 16.4.2002, VIII R 76/01, BFH-PR 2002, 299). Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung sind nach § 3 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerfrei und gehören deshalb in vollem Umgang zu den Bezügen (BFH, Urteil vom 16.4.2002, VIII R 96/01, Juris). Die Qualifizierung der Renten kann wegen der bei den Einkünften zu berücksichtigenden Werbungskosten einerseits, der von den Bezügen abzusetzenden Unkostenpauschale von 360 DM andererseits von Bedeutung werden.

Für die Schadenersatzrenten nach § 844 Abs. 2 BGB ist streitig, ob sie als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG der Besteuerung unterliegen. Für das Kindergeld muss der Streit aber regelmäßig nicht entschieden werden. Die Rentenzahlungen sind jedenfalls Bezüge, die Qualifizierungsdifferenzen regelmäßig geringfügig. Aber auch die Zuordnung zu den Bezügen konnte mit Blick auf die Steuerfreiheit von Schadenersatzrenten nach § 843 Abs. 1 2. Alternative BGB (Mehrbedarfsrenten)fraglich sein, weil diese Renten nicht steuerfrei, sondern wegen ihrer Zurechnung zum Vermögensbereich des Empfängers schon nicht steuerbar sind (BFH, Urteil vom 25.10.1994, VIII R 79/91, BStBI II 1995, 121); der Vermögensbereich des Kindes ist aber nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht in die Ermittlung des Jahresgrenzbetrags einbezogen.

Da der BFH auf diese Frage nicht eingegangen ist, kann man davon ausgehen, dass er sie wegen der fehlenden Vergleichbarkeit von Unterhaltsersatzrente i.S.v. § 844 Abs. 2 BGB und Mehrbedarfsrente (vgl. dazu Söhn in FR 1996, 81) nicht aufgegriffen hat.

Immerhin war aber zu begründen, warum die Rente nach § 844 Abs. 2 BGB – sie tritt an die Stelle der Unterhaltsleistungen des verstorbenen Elternteils – zu den Bezügen gehört, obwohl der Elternunterhalt nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu erfassen ist. Der Grund liegt darin, dass es beim Kindergeld um die Entlastung des Familienhaushalts geht und dieser von der Vorsorge für den verstorbenen Elternteil freigestellt ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.5.2002, VIII R 82/00

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