OFD Niedersachsen, 25.4.2016, S 2140 - 8 - St 244

 

I. Allgemeines

 

1. Regelungsgrundlage

Nach Aufhebung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gem. § 3 Nr. 66 EStG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 richtet sich die ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen nach dem BMF-Schreiben vom 27.3.2003 (BStBl 2003 I S. 240) – nachfolgend: BMF-Schreiben -. Fälle der Planinsolvenz (§§ 217 ff. InsO) fallen originär unter den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens. Auf Gewinne aus einer Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) und aus einer Verbraucherinsolvenz (§§ 304 ff. InsO) ist es entsprechend anzuwenden, vgl. BMF-Schreiben vom 22.12.2009 (BStBl 2010 I S. 18).

Mit Beschluss vom 25.3.2015 (Az.: X R 23/13) hat der BFH den Großen Senat zu einer Entscheidung darüber angerufen, ob das BMF-Schreiben (ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 22.12.2009, a.a.O.) gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Die Frage ist auch Gegenstand von weiteren, vor dem BFH anhängigen Revisionsverfahren (Az.: I R 52/14 und IV R 6/15). Die Verwaltung teilt die in der Beschlussvorlage durch den BFH vertretene Auffassung, dass weder ein Verstoß gegen den Vorbehalt des Gesetzes, noch eine unionswidrige staatliche Beihilfe vorliegt.

 

2. Sanierungsgewinn

 

2.1 Allgemein

Nach der Rechtsprechung des BFH zu § 3 Nr. 66 EStG, die auch zur Anwendung des BMF-Schreibens herangezogen werden kann, sind unter einer Sanierung geeignete Maßnahmen, insbesondere zur finanziellen Gesundung eines notleidenden, sanierungsbedürftigen Unternehmens zu verstehen (z.B. BFH-Urteil vom 26.11.1980, BStBl 1981 II S. 181). Begünstigt ist nur die unternehmensbezogene Sanierung (RdNr. 1 und 2 des BMF-Schreibens; bestätigt durch BFH-Urteil vom 14.7.2010, BStBl 2010 II S. 916). Die hiergegen eingelegte Verfassungsbeschwerde ist durch BVerfG-Beschluss vom 14.7.2011 (2 BvR 2583/10) nicht zur Entscheidung angenommen worden. Lediglich in Fällen der Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz ist RdNr. 2 Satz 2 nicht anzuwenden (BMF-Schreiben vom 22.12.2009, a.a.O.).

Bei einer übertragenden Sanierung i.S.d. RdNr. 2 Satz 3 des BMF-Schreibens ist rechtsformübergreifend von einem betrieblichen Interesse regelmäßig nur dann auszugehen, wenn das zu übernehmende Unternehmen (Auffanggesellschaft) zum Zweck der Fortführung des notleidenden Unternehmens neu gegründet wird (BFH-Urteil vom 24.4.1986, BStBl 1986 II S. 672). Die Eingliederung des notleidenden Unternehmens in ein bereits bestehendes Unternehmen erfolgt nicht zu dessen Sanierung und Fortführung, sondern vorrangig aus eigenwirtschaftlichen Interessen des bereits am aktiven Geschäftsverkehr teilnehmenden Unternehmens.

 

2.2 Erhöhung des Betriebsvermögens

Ein Sanierungsgewinn ist die Erhöhung des Betriebsvermögens, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Schulden werden gem. RdNr. 3 des BMF-Schreibens insbesondere erlassen durch

Der Erlassvertrag kann enthalten sein in z.B. einem

Konfusionsgewinne sind nach wie vor nicht als begünstigte Sanierungsgewinne anzusehen (vgl. BFH-Urteile vom 31.1.1985, BStBl 1985 II S. 365, und vom 14.10.1987, BFH/NV 1989 S. 141).

Eine Erhöhung des Betriebsvermögens ist auch in Fällen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG denkbar. Denn im Verhältnis der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) zur Bilanzierung (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) gilt der Grundsatz der Gesamt- bzw. Totalgewinngleichheit (BFH-Urteil vom 17.5.1960, BStBl 1960 III S. 306). Damit soll – unabhängig von der Wahl der Gewinnermittlungsart – die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gewahrt werden. Ein Forderungsverzicht ist immer dann als Betriebseinnahme zu erfassen, soweit die dem Forderungsverzicht zugrunde liegende Verbindlichkeit als Anschaffungskostendarlehen zur Refinanzierung von im Rahmen der Gewinnermittlung als Abschreibung zu berücksichtigenden Betriebsausgaben geführt hat (BFH-Urteil vom 31.8.1972, BStBl 1973 II S. 51). Gleiches gilt auch für die im Rahmen des sog. Zweikontenmodells voll darlehensfinanzierten Betriebsausgaben.

 

2.3 Voraussetzungen

Voraussetzungen für die Annahme eines begünstigten Sanierungsgewinns sind die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schulderlasses und die Sanierungsabsicht des Gläubigers, vgl. RdNr. 4 des BMF-Schreibens. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt des Schulderlasses (BFH-Urteil vom 27.1.1998, BStBl 1998 II S. 537). Liegt ein Sanierungs-/Insolvenzplan vor, kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen erfüllt sind (RdNr. 4 Satz 2 des BMF-Schreibens). Ansonsten hat der Steuerpflichtige das Vorliegen dieser Voraussetzungen darzulegen. Bei verbundenen Unternehmen sind diese Voraussetzungen bei jedem Un...

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