Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerfreiheit von Existenzgründungsbeihilfen. Einkommensteuer 1997

 

Leitsatz (amtlich)

Existenzgründungsbeihilfen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Freistaates Sachsen nach dem Programm „Arbeit und Qualifizerung für Sachsen” sind in entsprechender Anwendung des § 3 Nr. 2 EStG steuerfrei.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.06.2002; Aktenzeichen IV R 39/01)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 1997 vom 14. Dezember 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. Juli 1999 wird dahingehend geändert, daß die Einkommensteuer auf 6.335 DM sowie der Solidaritätszuschlag auf 403 DM herabgesetzt werden.

2. Die Revision wird zugelassen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob im Veranlagungszeitraum 1997 geleistete Existenzgründungsbeihilfen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und Landesmitteln steuerfrei gemäß § 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind.

Der Kläger ist seit dem Jahr 1996 als selbständiger Sachverständiger tätig. Zuvor bezog er Konkursausfallgeld. Die Zahlung von Überbrückungsgeld für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gemäß § 55a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) kam deswegen nicht in Betracht. Dem Kläger wurde jedoch für die Zeit vom 16. September 1996 bis 15. September 1997 eine Zuwendung in Höhe von 26.000,– DM als Existenzgründungszuschuß aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und Landesmitteln gewährt. Bei der Berechnung des Förderbetrages von 500,– DM/Woche war berücksichtigt, daß kein Zuschuß nach dem AFG gewährt wurde. Bei Gewährung eines Zuschusses gemäß AFG hätte sich der Förderbetrag um die Höhe dieses Zuschusses vermindert (Zuwendungsbescheid des Regierungspräsidiums Leipzig vom 11. November 1996). Die Zuwendung beruht auf dem Programm „Arbeit und Qualifizierung für Sachsen” (vgl. § 44 der vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen; Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit, Sächsisches Amtsblatt 1996, 810).

Der Beklagte erfaßte diesen Zuschuß (für 1997 einen Teilbetrag in Höhe von 18.500,– DM) bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers als steuerpflichtige Betriebseinnahme und setzte die Einkommensteuer 1997 mit Bescheid vom 14. Dezember 1998 auf 10.732,– DM fest. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 06. Juli 1999).

Der Kläger trägt im wesentlichen vor, es könne keine Rolle spielen, aus welchem „Topf” die Mittel für den streitgegenständlichen Existenzgründungszuschuß kämen. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, die Voraussetzungen für den Bezug von Überbrückungsgeld nach § 55a AFG herzustellen. Die Interpretation des Beklagten verletzte den Grundsatz wesentliche Gleiches gleich zu behandeln (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Unterscheidung zwischen Überbrückungsgeld und Leistungen aus dem Europäischen Sozialfonds sei willkürlich.

Der Kläger beantragt, „Unter Abänderung der Einspruchsentscheidung vom 06. Juli 1999 und des Einkommensteuerbescheides 1997 vom 14. Dezember 1998 die Einkommensteuer 1997 um 4.397,00 DM und Solidaritätszuschlag um 320,00 DM zu reduzieren.”

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen; hilfsweise die Revision zuzulassen.

Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung dargelegten Rechtsauffassung fest. Gewährte Existenzgründungsbeihilfen, denen kein Bezug eines Überbrückungsgeldes vorangegangen sei, seien in vollem Umfang steuerpflichtig.

Der Beklagte hat auf den Gerichtsbescheid vom 02. April 2001 die mündliche Verhandlung beantragt. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (Blatt 50 und 54 der Gerichtsakte). Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und die Steuerakten des Klägers verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet.

1. Der Beklagte hat den Zuschuß zur Förderung von Existenzgründern zutreffend als Betriebseinnahme erfaßt.

Zu den Betriebseinnahmen gehören alle ertragswirksamen Zugänge, die durch den Betrieb veranlaßt sind (ständige Rechtsprechung; vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 26. September 1995 VIII R 35/93, BStBl II 1996, 273, m.w.N.). Eine Einnahme ist betrieblich veranlaßt, wenn ein sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht. Diese Voraussetzung ist im Streitfall gegeben; der Kläger erhielt den Zuschuß im Zusammenhang mit der Gründung seines Betriebes als Sachverständiger, einem betrieblichen Ereignis. Der Zuschuß wurde gewährt, um die Gründung des Betriebes zu erleichtern und die zu Anfang eines Unternehmens zumeist schwache Ertragslage zu verbessern. Ohne Bedeutung ist die Verwendung der Betriebseinnahme zu Zwecken der Lebensführung; dies ...

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