Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Grunderwerbsteuerbefreiung einer Anteilsvereinigung im Rahmen einer Erbauseinandersetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG fingiert einen Grundstücksübergang von dem Veräußerer der Anteile auf den Erwerber und rechnet dem Erwerber die der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar gehörenden Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich zu. Mit dem Anteilserwerb wird derjenige, in dessen Hand sich die Anteile vereinigen, grunderwerbsteuerrechtlich so behandelt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen.

2. Erwirbt ein Miterbe bei der Erbauseinandersetzung einen zum Nachlass gehörenden Anteil an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und führt dieser Erwerb nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 3 GrEStG zu einer Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft, ist die Anteilsvereinigung weder nach § 3 Nr. 3 GrEStG noch nach § 3 Nr. 6 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 3 Nrn. 1, 3, § 3 Nr. 3 S. 1, Nr. 6

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.04.2018; Aktenzeichen II R 46/17)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob eine Anteilsvereinigung von der Grunderwerbsteuer zu befreien ist.

Die Klägerin ist die Witwe des am 26. Dezember 1995 verstorbenen Herrn M. im weiteren: M). Dieser war zum Zeitpunkt seines Todes alleiniger Gesellschafter der K. gewesen (im weiteren: GmbH). Im Eigentum dieser Gesellschaft befindet sich ein Grundstück in B., N.. Ausweislich des Erbscheins wurde M zur Hälfte von seiner Ehefrau G. (der Klägerin) und von seinen Kindern E. und F. je zu einem Viertel beerbt. Mit notariellem Vertrag vom 05. Juli 2011 setzten sich die Erben bezüglich der Gesellschafteranteile an der GmbH dergestalt auseinander, daß E. und F. ihre Gesellschafteranteile an die Klägerin zu Alleineigentum übertrugen. Die Auseinandersetzung erfolgte unentgeltlich (Blatt 2 ff der Rechtsbehelfsakte).

Das Finanzamt stellte mit Bescheid vom 29. März 2012 den Grundbesitzwert für das im Eigentum der GmbH stehende Grundstück auf den 05. Juli 2011 in Höhe von 187.000,00 EUR fest. Mit Bescheid vom 16. April 2012 wurde die Grunderwerbsteuer aus dem Vorgang der Geschäftsanteilsübertragung in Höhe von 6.545,00 EUR festgesetzt. Der gegen diesen Bescheid gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 19. Juni 2014 – Blatt 57 der Rechtsbehelfsakte).

Die Klägerin erklärt zum Sachverhalt, die GmbH sei im Rahmen einer Reprivatisierung entstanden. Das Stammkapital laute auf 50.000,00 DM. Es sei in zwei Anteile unterteilt wie folgt: Ein Anteil in Höhe von 32.800,00 DM und ein Anteil in Höhe von 17.200,00 DM. Alleiniger Gesellschafter sei M gewesen. Dieser sei am 26. Dezember 1995 verstorben und von der Klägerin zur Hälfte sowie von seinen Kindern E. und F. je zu einem Viertel beerbt worden.

Im weiteren Verlauf sei eine Gesellschafterliste erstellt worden, in der die Erben versehentlich als Gesellschafter in Höhe ihres jeweiligen Erbanteils als Gesellschafter ausgewiesen waren. Der Notar habe im Rahmen der Erbauseinandersetzung diese unzutreffende Gesellschafterliste zurückgezogen und durch die korrekte Liste ersetzt. In Abschnitt II der oben genannten Notar-Urkunde würden die Erben, nämlich die Klägerin, Herr E. und Frau F., so wörtlich, die bestehende Erbengemeinschaft aufheben und sich dahingehend auseinandersetzen, daß die oben genannten Anteile auf die Klägerin zum Alleineigentum übertragen würden.

Der Beklagte indes habe sich von der oben erwähnten fälschlich erstellten Gesellschafterliste nicht lösen können. Denn in der Einspruchsentscheidung führe er – unzutreffend – aus, daß sich die Erben bezüglich der Gesellschafteranteile dergestalt auseinandersetzten, daß Herr E. und Frau F. ihre „Gesellschafteranteile” auf die Klägerin zum Alleineigentum übertragen. Der Beklagte sehe damit ein Erwerbsgeschäft im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als gegeben an und setze die Grunderwerbsteuer entsprechend fest.

Die Klägerin habe in ihrem Einspruch die Auffassung vertreten, die Erbengemeinschaft sei keine Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG. Die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft durch Übertragung der Erbteile sei daher unter die Vorgänge des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG zu subsumieren, weil in den Erbteilen Geschäftsanteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft enthalten seien. Die Klägerin stütze sich dabei auf die Ausführungen in Rz. 567 sowie Rz. 925 zu § 1 GrEStG und Rz. 339 zu § 3 GrEStG, Kommentar Boruttau, 17. Auflage. Es könne deshalb eine personenbezogene Steuerbefreiung etwa nach § 3 Nr. 3 oder Nr. 6 GrEStG in Frage kommen.

Der Beklagte habe dies abgelehnt mit dem Hinweis, die Erbengemeinschaft habe sich nicht hinsichtlich eines Grundstücks, sondern lediglich über Gesellschaftsanteile auseinandergesetzt. Der Beklagte verkenne dabei, daß im Grunderwerbsteuerrecht weitgehend G...

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