Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerpflicht eines von Unternehmen und Bauträgern für die bevorzugte Überlassung von Wohnungen gezahlten Entgelts bzw. gewährten zinslosen Darlehens. Anteiliger Vorsteuerabzug und Vorsteuerberichtigung in den Folgejahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vereinnahmt eine Genossenschaft von Unternehmen, Bauträgern und Maklern für die Bereitstellung von Wohnungen an Angestellte und an Mieter sanierungsbedürftiger Gebäude einen Förderbeitrag, liegt keine umsatzsteuerfreie Vermietungsleistung, sondern eine umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistung vor, da die bevorzugte Wohnungsüberlassung der Förderung der Unternehmen dient und keine Identität zwischen den Leistungsempfängern (Unternehmen und Mietern) besteht.

2. Verpflichtet sich eine AG im Rahmen eines Werkförderungsvertrages gegenüber einer Genossenschaft bei Bezugsfertigkeit von 6 zu sanierenden Wohnungen zur Bereitstellung eines zinslosen Darlehens und hat die Genossenschaft im Gegenzug, die von der AG geförderten Wohnungen ab Bezugsfertigkeit für eine bestimmte Dauer an eine GmbH zur Untervermietung an die Mitarbeiter der AG zu einem bestimmten Netto-Mietpreis zu überlassen, liegt ein tauschähnlicher Umsatz gem. § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG 1993 vor. Die Schätzung des Entgelts für die Überlassung der Wohnungen an die GmbH mit 5,5 v.H. des Darlehensbetrags erscheint im Jahr 1993 wirtschaftlich vernünftig und möglich (hier: Abgrenzung zur steuerfreien Vermietungsleistung).

3. Einer Wohnungen vermietenden Genossenschaft steht ein anteiliger Vorsteuerabzug aus den allgemeinen Verwaltungskosten und den Kosten der Sanierung von Wohnungen zu, für die sie – neben steuerfreien Mietentgelten – ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt für die bevorzugte Nutzungsüberlassung an Dritte bzw. die Einräumung eines Belegungsrechts an Dritte erzielt hat. Ändert sich in den Folgejahren das Verhältnis der Anteile zwischen steuerpflichtigen und steuerfreien Ausgangsumsätzen ist eine Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG durchzuführen.

 

Normenkette

UStG 1993 § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 3 Abs. 12 S. 2, § 10 Abs. 2 S. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 15a Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil B Buchst. b, Art. 17 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 15.10.2010; Aktenzeichen V R 20/09)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids über Umsatzsteuer 1993 vom 10. März 2008 und der Bescheide über Umsatzsteuer 1994 bis 1997 vom 20. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. März 2003 wird die Umsatzsteuer für 1993 auf 68.834,98 EUR,

für 1994

auf

42.259,70 EUR,

für 1995

auf

50.288,99 EUR,

für 1996

auf

15.007,14 EUR und

für 1997

auf

14.657,22 EUR

herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 2/3 und dem Finanzamt zu 1/3 auferlegt.

3. Die Revision wird zugelassen.

4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Das Finanzamt darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Bei der Klägerin handelt es sich um eine eingetragene Genossenschaft, deren Gegenstand nach § 2 Abs. 1 der Satzung „vorrangig eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung der Mitglieder der Genossenschaft” ist. Mitglieder der Klägerin können Einzelpersonen sowie Personengesellschaften und juristische Personen sein. Bei der Aufnahme eines Mitglieds ist ein Eintrittsgeld … zu bezahlen (§ 5 Abs. 1 der Satzung). Nach § 13 Abs. 2 der Satzung hat jedes Mitglied das Recht auf wohnliche Versorgung durch die Nutzung einer Genossenschaftswohnung sowie auf Inanspruchnahme von Dienstleistungen und Einrichtungen der Genossenschaft. Jedes Mitglied ist verpflichtet, mindestens einen Genossenschaftsanteil zu übernehmen. Jedes Mitglied, dem eine Wohnung überlassen wird, hat gemäß § 17 Abs. 2 der Satzung zur Aufbringung der Eigenleistung Geschäftsanteile zu übernehmen (z.B. 10 Anteile zu 3.000 DM für eine Neubauwohnung mit einer Wohnfläche von 45,1 – 50 m²).

1. Die Klägerin hat in den Streitjahren 1993 bis 1997 mit verschiedenen Unternehmen, die für ihre Arbeitnehmer Wohnungen suchten, Bauträgern, die für Mieter zu sanierender Häuser Wohnungen suchten sowie Maklern Absprachen getroffen, wonach die Klägerin für eine von den Unternehmen/Bauträgern/Maklern benannte Person eine Wohnung zur Verfügung stellt. Die benannten Personen (Mieter) mussten entsprechend der Satzung der Klägerin die Eintrittsgebühren bezahlen sowie entsprechende Geschäftsanteile erwerben. Mit den Unternehmen/Bauträgern/Maklern war vereinbart, dass diese der Klägerin nach Bereitstellung einer Wohnung einen Förderbeitrag bezahlen (vgl. z.B. Vereinbarung vom 13. Dezember 1994, Blatt 1925 ff., Antrag vom 19. Dezember 1994, Blatt 1935 ff., Rechnungen und Verträge Blatt 1944 ff. Prüfer-Akte; Aktenvermerk vom 10. September 1999, Blatt 1939 Pr...

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