Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung der Vermietungsabsicht bei gescheitertem Erwerb einer Eigentumswohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Erwerben Eheleute mit zwei schulpflichtigen Kindern nach der wegen der Insolvenz des Bauträgers erfolgten Rückabwicklung des Vertrages über den Erwerb einer Dachgeschosswohnung in einem im Übrigen aus sehr kleinen Wohnungen für Senioren bestehenden Sanierungsprojekt eine ähnlich zugeschnittene Wohnung mit zwei Kinderzimmern, kann dahinstehen, ob die Eheleute eine Selbstnutzung der Dachgeschosswohnung beabsichtigt haben, wenn sich nicht feststellen lässt, dass die Dachgeschosswohnung vermietet werden sollte. Das ist der Fall, wenn die Eheleute eine detaillierte Schilderung des Geschehensablaufs einschließlich der Wiedergabe aller gegebenenfalls geführten Gespräche sowie der Benennung der Gesprächspartner trotz gerichtlicher Aufforderung nicht nachkommen und statt dessen nur eine mit Wertungen untersetzte Zusammenfassung liefern, der es an hinreichendem Inhalts- und Detailreichtum fehlt.

2. Das ist der Fall, wenn lediglich die Fremdfinanzierung der Anschaffungskosten für den Erwerb der Dachgeschosswohnung, der Besitz eines weiteren Vermietungsobjektis und die Lage der Dachgeschosswohnung in einer Seniorenwohnanlage als Beweis für das Bestehen einer Vermietungsabsicht angeführt werden.

3. Die Frage, woher die Finanzmittel für den Kaufpreis einer Immobilie stammen, lässt keine Rückschlüsse auf die Verwendungsabsicht des Käufers zu, insbesondere gibt es keinen Erfahrungssatz des Inhalts, fremdfinanzierte Objekte seien stets vermietet. Gleiches gilt für die Tatsache, dass die Steuerpflichtigen ein weiteres Vermietungsobjekt besitzen. Auch hieraus lässt sich nicht auf eine geplante Verwendung der Dachgeschosswohnung zu Vermietungszwecken schließen.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.09.2016; Aktenzeichen IX R 19/15)

BFH (Urteil vom 06.09.2016; Aktenzeichen IX R 19/15)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid vom 3. Februar 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. April 2012 wird dahingehend geändert, dass die Teilsumme der klägerischen Beteiligungseinkünfte von 4.718,– EUR auf 2.519,– EUR gesenkt wird.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte zu 12 % und die Kläger zu 88 %.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist der Abzug von Werbungskosten für ein nicht verwirklichtes Vermietungsprojekt.

Mit Urkunde vom 31. Juli 2002 schloss der Kläger mit einer Bauträgergesellschaft einen Vertrag über den Erwerb einer Wohneigentumseinheit im Dachgeschoss des Hauses A auf dem Grundstück der H.-Straße 45 in X.. Das Haus A war im Jahr 1928 errichtetet worden und sollte saniert werden. Nach dem eingereichten Prospekt plante der Bauträger für die weiteren vier Geschosse des Hauses die Einrichtung 28 kleinerer Wohnungen (29,61 – 50,38 qm) als Anlage für betreutes Wohnen von Senioren. Die Dachgeschosswohnung des Klägers sollte inklusive Sanierung 232.637,81 EUR kosten. Sie sollte als Zusammenschluss mehrerer Wohneinheiten entstehen (Nr. 29, 30 und 31 in der ursprünglichen Teilungserklärung aus dem Jahr 2000) und laut Kaufvertrag eine nutzbare Fläche von 137,78 Quadratmeter aufweisen. Zwei ihrer fünf Räume waren als Kinderzimmer geplant. Die in den Jahren 1952 und 1954 geborenen Kläger hatten zwei Kinder im Schulalter. Ferner plante der Bauträger die Errichtung einer 5-Familien-Stadtvilla als Haus B auf dem Grundstück.

Bevor das vertraglich geschuldete Sanierungsvorhaben realisiert worden war, geriet der Bauträger in Insolvenz. Der Vertrag mit dem Kläger wurde rückabgewickelt. Im Oktober 2004 erwarb der Kläger eine andere Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 130 qm in der L.-Straße 5 in X., die er mit seiner Familie bezog.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 machten die Kläger Aufwendungen für das Objekt H.-Straße 45 als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erkannte der Beklagte einen Teilbetrag von 18.198,– EUR an. Später machte er dies aufgrund einer Betriebsprüfung rückgängig. Der Prüfer war zu der Auffassung gelangt, dass keine Einkünfteerzielungsabsicht für das Objekt H.-Straße 45 bestanden habe. Das Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid blieb ohne Erfolg.

Die Kläger tragen vor, aus dem Verkaufsprospekt des Bauträgers ergebe sich, dass der Kläger kein Interesse gehabt haben könne, die Wohnung selbst zu bewohnen. Dort sei von einer Seniorenwohnanlage die Rede. Dass die Wohnung eine andere Nummer trage, als ursprünglich vorgesehen, tue dem keinen Abbruch. Die Vermietungsabsicht folge ferner daraus, dass der Kläger ein permanentes Bedürfnis habe, seine Einkommensteuern zu senken und bereits ein weite...

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