Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine sachliche Unbilligkeit einer doppelten Grunderwerbsbesteuerung bei infolge einer notariellen Fehlbeurkundung namens der Komplementär-GmbH abgegebenem Meistgebot in einem Zwangsversteigerungsverfahren und anschließender Ábtretung der Rechte an die KG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Gesetzgeber hat mit § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG für das Meistgebot und mit § 1 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG für die Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot ausdrücklich zwei gesonderte Tatbestände zur vollständigen Erfassung der grunderwerbsteuerlichen Vorgänge anlässlich der Zwangsversteigerung von Grundstücken geschaffen. Deswegen entspricht die „doppelte” Besteuerung in diesen Fällen regelmäßig dem Willen des Gesetzgebers.

2. Die „doppelte” Einziehung der Grunderwerbsteuer ist jedoch im Einzelfall sachlich unbillig, wenn der Meistbietende den Grunderwerb weder wirtschaftlich noch rechtlich wollte und er die Rechte aus dem in verdeckter Stellvertretung abgegebenen Meistgebot alsbald an denjenigen weitergibt, in dessen Namen er von Anfang an handeln wollte. Dabei muss die mangelnde eigene Erwerbsabsicht bereits bei Abgabe des Gebots offen zum Ausdruck kommen und das Handeln in verdeckter Stellvertretung auf der Unkenntnis des Zwangsversteigerungsrechts beruhen.

3. Diese Voraussetzungen für eine sachliche Unbilligkeit einer doppelten Grunderwerbsbesteuerung sind nicht erfüllt, wenn ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG bei einer Zwangsversteigerung eine Immobilie erwerben sollte, wenn die dem Amtsgericht vorgelegte Vertretungsbescheinigung infolge einer notariellen Fehlbeurkundung jedoch nicht auf die KG, sondern auf die Komplementär-GmbH ausgestellt war, die in Immobilienangelegenheiten sehr erfahrenen Geschäftsführer der GmbH die Bescheinigung nicht kontrolliert und die Fehlbeurkundung deswegen nicht bemerkt haben, im Versteigerungstermin auch nicht auf den Willen, für die KG auftreten und ersteigern zu wollen, hingewiesen haben, das Amsgericht deswegen von einem Meistgebot namens der Komplementär-GmbH ausgegangen ist, dieser den Zuschlag erteilt hat, wenn anschließend die GmbH die Rechte aus dem Meistgebot an die KG abgetreten hat und das Finanzamt sowohl die Abgabe des Meistgebots durch die Komplemetär-GmbH als auch die Abtretung der Rechte aus dem Meistgebot an die KG der Grunderwerbsteuer unterworfen hat.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nrn. 4-5; AO § 227; FGO §§ 101-102

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen der Klägerin zur Last.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufhebung von Grunderwerbsteuerbescheiden, hilfsweise den Erlass der Grunderwerbsteuer.

Die Klägerin ist Komplementärin und satzungsmäßige sowie gesetzliche Vertreterin einer KG, die sich als geschlossener Immobilienfonds auf den Erwerb von Immobilien aus Zwangsversteigerungen spezialisiert hat. In Vorbereitung eines Zwangsversteigerungstermins erteilte der beauftragte Notar eine Bescheinigung nach § 21 Bundesnotarordnung, in der er am 14. September 2009 bescheinigte, dass die Klägerin im Handelsregister unter Nr. B A) des Amtsgerichts M. eingetragen sei und Herr H. und Herr M. jeweils als Geschäftsführer einzeln zur Vertretung der Klägerin berechtigt seien. Mit dieser Bescheinigung und einem Auszug des Handelsregisters der Klägerin vom 14. September 2009 nahmen die Geschäftsführer der Klägerin am 17. September 2009 an einem Zwangsversteigerungsverfahren vor dem Amtsgericht C. teil und gaben dort in fünf Fällen das Meistgebot ab. Das Versteigerungsgericht ging im Termin davon aus, dass die Abgabe des Meistgebotes in Vertretung der Klägerin erfolgt sei. In einem Verfahren (Az-Zwangsversteigerung 19 K 808/08) erfolgte am 17. September 2009 der Zuschlag an die Klägerin. In den übrigen 4 Verfahren wurde die Entscheidung über den Zuschlag bis zum 1. Oktober 2009 ausgesetzt. Als die Klägerin im Verfahren 19 K 808/08 positiv von dem ihren Geschäftsführern bei der Abgabe des Meistgebotes unterlaufenden Irrtums erfahren hatte, veranlasste sie den beurkundenden Notar unverzüglich, die Vertretungsbescheinigung vom 14. September 2009 zu berichtigen, die Meistgebote richtigzustellen und die Rechte aus den Meistgeboten äußerst vorsorglich an die KG abzutreten, so dass das Versteigerungsgericht der KG im Verkündigungstermin am 1. Oktober 2009 den Zuschlag erteilte. In den Niederschriften zu den Zuschlagsbeschlüssen ist enthalten, dass im Versteigerungstermin vom 17. September 2009 die Klägerin Meistbietende für die Objekte geblieben sei. Auf Grund der notariellen Urkunde vom 29. September 2009 habe die Klägerin die Rechte aus dem Meistgebot an die KG abgetreten. Deswegen sei der KG der Zuschlag zu erteilen.

Der Beklagte erließ gegen die Klägerin und die KG Grunderwerbsteuerbescheide, hinsichtlich des Verfahrens 19 K 808/08 am 23. Oktober 2009, im Übrigen am 27. November 2009. Die KG brachte die zu ihren Lasten festgesetzte Grunderwerbsteuer vollständig zur Ausgleichung.

Die Klägerin legte unter dem 8...

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