Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlängerung der Beteiligungskette an einer grundbesitzenden Personengesellschaft durch Einschub einer neu gegründeten Kapitalgesellschaft. Begünstigung nach § 6a GrEStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Verlängerung der Beteiligungskette an einer grundbesitzenden Personengesellschaft durch Einschub einer weiteren Kapitalgesellschaft ist nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbar.

2. Die Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft, die an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt sind, sind keine Altgesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft. Unmittelbare oder mittelbare Altgesellschafterin kann vielmehr lediglich die beteiligte Kapitalgesellschaft selbst sein.

3. Im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2a GrEStG ist § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG einschränkend dahin auszulegen, dass Kapitalgesellschaften, die durch die Änderung ihrer Beteiligungsverhältnisse in voller Höhe bzw. um mindestens 95 % als Neugesellschafter anzusehen sind, nicht mehr im Sinne von § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG am Vermögen der (fiktiven) neuen Gesamthandsgemeinschaft beteiligt sind.

4. Für Umwandlungsvorgänge nach dem UmwG ist § 6a Satz 4 GrEStG dahingehend auszulegen, dass die dort genannten Fristen nur insoweit eingehalten werden müssen, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2a, § 6 Abs. 3, § 6a

 

Tenor

1. Die Grunderwerbsteuerbescheide vom 12. Februar 2018 zu Steuernummer … (Klägerin zu 1.) – zuletzt geändert am 16. Mai 2018 – und zu Steuernummer … (Klägerin zu 2.) und die Einspruchsentscheidungen vom 23. Juli 2020 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist für die Klägerinnen hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerinnen Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach einer Anteilsübertragung.

Die Klägerinnen verfügen über folgenden Grundbesitz in Deutschland:

Klägerin zu 1

Klägerin zu 2

Flurstück

Flurstück

Sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerinnen hält mittelbar – über eine Beteiligungskette aus verschiedenen Beteiligungsgesellschaften – die C Company. Die C Company ist eine zu 100% staatliche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft des Staates Z. Sämtliche Anteile an der C Company werden von dem Staat Z gehalten.

Die C Company hält mittelbar – über die D Company und die E Company – sämtliche Anteile an der X Inc. Die X Inc. hält unmittelbar und mittelbar über zwei niederländische Beteiligungsgesellschaften (X F UA und X G BV) 89,9% der Anteile am Gesellschaftsvermögen der X H KG. Die verbleibenden Anteile an dem Gesellschaftsvermögen der X H KG werden von der X A GmbH (5,1%) und der X B GmbH (5,1%) gehalten. Die X A GmbH sowie die X B GmbH sind jeweils über eine wechselseitige Beteiligung 100%ige Tochtergesellschaften der X H KG. Die X A GmbH ist als Kommanditistin zu 100% am Gesellschaftsvermögen der Klägerin zu 1. beteiligt. Die X B GmbH ist als Kommanditistin zu 100% am Gesellschaftsvermögen der Klägerin zu 2. beteiligt.

Nach Umfirmierung lautet der Firmenname der C Company nunmehr ….. Eine Änderung der bestehenden Beteiligungsverhältnisse resultiert aus der Umfirmierung nicht.

Als Investitions- und Entwicklungsgesellschaften des Staates Z ist es Aufgabe der C Gesellschaften das Wachstumspotential des Staates Z zu stärken und die Regierung dabei zu unterstützen, ihre wirtschaftlichen Ziele zu erreichen. Hierzu gewährt das Staat Z zahlreichen gruppenzugehörigen Gesellschaften Darlehn. Unabhängig von den Beteiligungen betreibt der Staat Z eigenwirtschaftlich u.a. Krankenhäuser, Abfallentsorgung und öffentliche Verkehrsbetriebe.

Am 19. Januar 2017 wurde die I Company gegründet. Die I Company ist eine zu 100% staatliche Gesellschaft. Alleingesellschafter ist der Staat Z. Mit Wirkung zum 19. Februar 2017 erfolgte die Übertragung sämtlicher von dem Staat Z an der C Company gehaltenen Anteile auf die I Company.

Gleichzeitig wurden 100% der Anteile der K Company, an der ebenfalls der Staat Z Alleingesellschafter war, auf die I Company übertragen.

Am 13. Februar 2017 zeigten die Klägerinnen dem Beklagten gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 3a GrEStG die mittelbare Übertragung sämtlicher Anteile am Gesellschaftsvermögen auf die I Company an. Gemäß § 1 Abs. 2a GrEStG setzte der Beklagte aufgrund der Änderung im Gesellschafterbestand der Personengesellschaft zum 19. Februar 2017 mit Bescheiden vom 12. Februar 2018 die Grunderwerbsteuer für die Klägerin zu 1 auf EUR … und die Klägerin zu 2 auf EUR … fest.

Die Bemessung der Grunderwerbsteuer erfolgte gemäß der vom Finanzamt … gesondert und einheitlich festgestellten Grundbesitzwerte gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 Be...

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