In der Getränkeindustrie werden Flaschen oder Kästen entweder als Individualleergut oder sog. Einheitsleergut verwendet.

  • Individualleergut kann eindeutig einem bestimmten Abfüller zugeordnet werden, weil z. B. der Firmenname in die Flasche oder den Kasten eingeprägt ist (sog. Herstellerkennung)
  • Beim sog. Einheitsleergut ist die Zuordnung zu einem bestimmten Abfüller dagegen nicht möglich (z. B. wenn man das Etikett der Flasche abgelöst hat); die Flaschen oder Kästen können von jedem Abfüller zum Verkauf seiner Produkte eingesetzt werden.
  • Eine Ausnahme bildet das individualisierte Einheitsleergut (sog. Brunneneinheitsflasche der deutschen Mineralbrunnenindustrie)

Zunächst ist für die bilanzielle Einordnung entscheidend, wem das Eigentum an dem Leergut zuzurechnen ist. Beim Individualleergut bleibt das Eigentum beim Hersteller. Beim standardisierten Einheitsleergut erhält anfangs der Hersteller das Eigentum an den pfandbelasteten Flaschen. Durch die Weitergabe der Flaschen an den Abnehmer kann das Pfand zum Entgelt werden, weil dem Abnehmer Verfügungsmacht an dem Gegenstand verschafft wurde. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass die Pfanderhebung lediglich die Rückgabe sichern soll. In diesem Sachverhalt stellt das berechnete Pfand ein Sicherungsentgelt für die Rückübertragung der Flasche dar.

Mehrrücknahmen: Der BFH hat mit seinem Urteil vom 9.1.2013 vollumfänglich Stellung zu der bilanzsteuerrechtlichen Behandlung von vereinnahmten und verausgabten Pfandgeldern Stellung genommen.[1] Die in diesem BFH-Urteil aufgestellten Grundsätze standen dem BMF-Schreiben vom 13.6.2005 entgegen, weshalb das Schreiben aus dem Jahr 2005 aufgehoben wurde.[2]

Nach dem Urteil des BFH aus dem Jahr 2013 kommt eine Aktivierung der Aufwendungen für die Mehrrücknahme weder als Anschaffungskosten für den Erwerb des Eigentums an dem Leergut noch als gegen den Getränkehändler gerichtete Forderung auf Pfandrückzahlung in Betracht.

Der Aktivierung von Anschaffungskosten hat der BFH eine klare Absage erteilt, weil die getätigten Aufwendungen für den Erwerb des Leerguts nicht zum Zwecke des Eigentumserwerbs getätigt wurden. Ein zivilrechtliches oder wirtschaftliches Eigentum an der Mehrrücknahme sieht der BFH nicht.

Ebenso sah der BFH keine Notwendigkeit der Aktivierung einer Forderung. Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen sind Gewinne nur zu berücksichtigen, soweit sie am Bilanzstichtag realisiert wurden.[3]

Die Realisierung am Bilanzstichtag liegt vor, wenn

  • die Forderung rechtlich entstanden ist,
  • die für die Entstehung wesentlichen Ursachen im vergangenen Geschäftsjahr eingetreten sind und
  • der Kaufmann ernsthaft mit einer Inanspruchnahme rechnen muss.

Eben dieser Anspruch auf Rückzahlung der Pfandgelder ist am Bilanzstichtag weder entstanden, noch musste mit der Entstehung gerechnet werden.

Der BFH sieht in der Entgegennahme der Mehrrücknahmen gegen Entrichtung eines Pfands ein mit den Anschaffungskosten zu aktivierendes Nutzungsrecht an dem Leergut gegenüber den anderen Poolmitgliedern. Ein Nutzungsrecht kann nur in dem Maße vorliegen, in dem die Menge des an die Kunden ausgegebenen Leerguts die Miteigentumsquote des Pools überschreitet. Es handelt sich um ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens. welches mit dem gezahlten Pfand zu bewerten ist. Der sofortige Betriebsausgabenabzug aber auch die Absetzung für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 EStG kommen nicht in Betracht.

Vereinfachungsregelung

Mit dem BMF-Schreiben vom 8.12.2020 wurde eine Vereinfachungsregelung eingeführt. Hiernach wird es nicht beanstandet, wenn Einheitsleergut weiterhin wie Individualleergut bilanziell abgebildet wird und auf der Passivseite der Bilanz entsprechend verfahren wird.[4]

Sollte auf die Ausübung dieses Wahlrechts für ein Wirtschaftsjahr, welches nach der Veröffentlichung des BMF-Schreibens vom 8.12.2020 endet, verzichtet worden sein, bindet dieser Verzicht auf die Anwendung der Vereinfachungsregelungen auch für die Zukunft. Darüber hinaus ist die Entscheidung einheitlich für den gesamten Betrieb zu treffen.

Entscheidet sich der Unternehmer gegen die Anwendung der Vereinfachungsregelung, kann er den Gewinn aus der Auflösung der Rückstellung, die aufgrund der bisherigen Verwaltungsauffassung zu bilden war, auf einen Zeitraum bis spätestens 31.12.2029 verteilen. Das bedeutet eine Aufteilung auf höchstens 10 Jahre, wenn man den Jahresabschluss per 31.12.2019 betrachtet. Ebenso kann der Gewinn aus der Aktivierung des im Lager befindlichen Einheitsleergutes (qualifiziert als Umlaufvermögen) verteilt werden, spätestes Ende für den Verteilungszeitraum ist auch hier der 31.12.2029. Die zur Vermeidung der vollständigen Gewinnrealisierung gebildete Gewinnrücklage ist jährlich mit mindestens dem Teil gewinnerhöhend aufzulösen, der sich bei einer gleichmäßigen Verteilung des entstandenen Buchgewinns über den Auflösungszeitraum ergibt (gleichmäßige Auflösung).

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