Gratifikationen sind Sonderzuwendungen, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern aus bestimmten Anlässen neben dem Arbeitsentgelt gewährt. Sie werden nicht freiwillig, sondern aufgrund von Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder betrieblicher Übung geleistet.

Da es sich um Sonderzahlungen handelt, stehen sie außerhalb des bei einem laufenden Arbeitsverhältnis vorhandenen Zustandes der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung. Besteht am Schluss des Wirtschaftsjahres ein Erfüllungsrückstand, so ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilanzieren sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz.

 
Praxis-Beispiel

Abgeltung der Betriebstreue

Unternehmer U sagte im Jahr 00 seinen Arbeitnehmern eine Sonderzahlung von insgesamt 100.000 EUR zu. Jeder einzelne Arbeitnehmer erhielt eine schriftliche Einzelzusage. Hiernach sollte die Vergütung eine zusätzliche Honorierung und besondere Anerkennung sein. Die Höhe der Zahlung war bemessen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem durchschnittlichen Monatsverdienst im Jahr 00. Die Auszahlung sollte am 31.12.07 erfolgen. Im Falle eines frühen Todes oder Invalidität eines Arbeitnehmers sollte die Zahlung in diesem früheren Zeitpunkt erfolgen. Für den Fall der Kündigung eines Arbeitnehmers oder der Kündigung durch U aus wichtigem Grund sollte die Verpflichtung entfallen.

Es handelt sich um eine arbeitsrechtlich als Gratifikation einzuordnende Verpflichtung. Nach der Rechtsprechung des BFH[1] ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu passivieren. Der Unternehmer hat sich zu einer zum laufenden Lohn hinzukommenden Sonderzahlung an seine Arbeitnehmer für die in der Vergangenheit gezeigte Betriebstreue, für die im Jahr 00 erbrachte Arbeitsleistung und für künftig erwartete Betriebstreue verpflichtet.

Ob die versprochenen Leistungen Aufwand im Jahr der Zusage oder in den Jahren bis zur Auszahlung bilden, hängt davon ab, ob sie in der Hauptsache ein zurückliegendes oder ein künftiges Verhalten des Arbeitnehmers abgelten sollen. In dem Beispiel richten sich die Leistungen nach dem Arbeitslohn im Jahr 00 und der Dauer der Betriebszugehörigkeit. Das sind Merkmale der Vergangenheit. Es kommt zwar zusätzlich darauf an, dass der einzelne Arbeitnehmer bis zum vorgesehenen Auszahlungszeitpunkt noch zum Betrieb des Unternehmers gehört. Die wesentlichen Ursachen für die Verbindlichkeit liegen aber in der Vergangenheit. Die vorzeitige Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung bedingt für die Bewertung der Verpflichtung einen Fluktuationsabschlag.[2] Im Beispiel ist daher die Rückstellung zum 31.12.00 auszuweisen.

Die Rückstellung ist abzuzinsen. Ist die Zahlung von Gratifikationen davon abhängig, dass der Arbeitnehmer noch dem Betrieb angehört, ist bei der Bewertung der Rückstellung ein Fluktuationsabschlag vorzunehmen.[3]

Für Leistungsprämien, die vom Ertrag abhängen, sind Rückstellungen in dem Geschäfts-/Wirtschaftsjahr zu bilanzieren, in dem der Ertrag erwirtschaftet wird. Das gilt auch dann, wenn sich die Prämie teilweise nach dem in einem früheren Wirtschaftsjahr bezogenen Arbeitslohn bemisst.[4]

 
Achtung

Ausnahme

Werden Erfolgsprämien zugesagt, die erst nach langer Zeit (im Urteil 20 Jahre) und nur nach Maßgabe der späteren Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens ratenweise zu zahlen sind, fehlt es an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung. Im Jahr der Zusage darf daher keine Rückstellung gebildet werden.[5]

[2] So auch H 6.11 EStH (Gratifikationen).
[3] Schubert, in Beck'scher Bilanz Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 249 HGB Rz. 100 (Gratifikationen).

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