OFD Karlsruhe, 25.02.2005, S 2992 A - St 221

Sachverhalt

Die N-GmbH bewahrt Geschäftsunterlagen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung gem. § 147 Abs. 3 AO in einem Kellerraum des Betriebsgebäudes auf. Die laufenden Kosten für die Aufbewahrung hat der Geschäftsführer mit jährlich 1.000 EUR ermittelt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den anteiligen Grundstücksaufwendungen (500 EUR), der AfA für die Ausstattung des Kellerraums (300 EUR), anteiligen Personalkosten und Soft- und Hardwarekosten für die Lesbarmachung der Datenbestände (200 EUR). Außerdem sollen 100 EUR einmalige Verwaltungskosten für die Datensicherung anfallen.

Unter Berufung auf das BFH-Urteil vom 19.8.2002, BStBl 2003 II S. 131 hat die N-GmbH zum 31.12.2003 erstmals eine aufwandswirksame Aufbewahrungsrückstellung von 10.000 EUR (10 Jahre × 1.000 EUR) gebildet.

Fragen

1. Zu welchem Bilanzstichtag kann eine Rückstellung für Aufbewahrungskosten erstmals gebildet werden?

2. Welcher Aufwand kann in eine Rückstellung für Aufbewahrungskosten einbezogen werden?

3. Ist die Rückstellung für Aufbewahrungskosten abzuzinsen?

Stellungnahme

Der BFH hat mit Urteil vom 19.8.2002, a.a.O., entschieden, dass eine Rückstellung für die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen, zu welcher der Unternehmer gesetzlich verpflichtet ist, sowohl handelsrechtlich (Verbindlichkeitsrückstellung, § 249 Abs. 1 HGB ) als auch steuerrechtlich (Maßgeblichkeitsgrundsatz, § 6 Abs. 1 EStG ) dem Grunde nach zu bilden ist.

Zu Frage 1: Zeitpunkt der erstmaligen Bildung der Aufbewahrungsrückstellung

Die Rückstellung für Aufbewahrungskosten ist als Verbindlichkeitsrückstellung sowohl handelsrechtlich als auch steuerrechtlich zwingend zu bilden ( § 249 Abs. 1 HGB , § 5 Abs. 1 EStG ). Bilanzen, in denen eine solche Rückstellung nicht gebildet wurde, sind daher unzutreffend. Zu prüfen ist, auf welchen Bilanzstichtag der Steuerpflichtige ggf. eine Bilanzberichtung durchführen darf.

Nach einem Beschluss der ESt-Referenten des Bundes und der Länder sind Änderungen der Verwaltungsauffassung aufgrund geänderter Rechtsprechung erstmals in der ersten nach Veröffentlichung der entsprechenden Verwaltungsäußerung aufzustellenden Bilanz zu berücksichtigen. Eine rückwirkende Berücksichtigung in Schlussbilanzen, die einer nach den AO -Vorschriften noch änderbaren Veranlagung zugrunde liegen ( § 164 AO ), kommt nach dieser Auffassung nicht in Betracht. Für den Ausgangsfall ist daher festzuhalten, dass eine Rückstellung für Aufbewahrungskosten erstmals in der Bilanz berücksichtigt werden kann, die nach dem 10.3.2003 (= Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 19.8.2002 ) erstellt worden ist bzw. wird.

Zu Frage 2: Einzubeziehender Aufwand in die Rückstellungsberechnung

Die Rückstellung für Aufbewahrungskosten ist in Höhe des voraussichtlichen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Die Erfüllung der Aufbewahrungsverpflichtung stellt eine Sachleistungsverpflichtung dar, die handelsrechtlich mit den Vollkosten zu bewerten ist ( BFH-Urteil vom 19.8.2002, a.a.O.). Steuerlich sind Sachleistungsverpflichtungen mit den Einzelkosten sowie den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten ( § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe b EStG ) zu bewerten.

Nach Verwaltungsauffassung sind "notwendige" Gemeinkosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe b EStG auch solche Gemeinkosten, die in einem (mittelbaren) wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Aufbewahrungspflicht von Geschäftsunterlagen stehen. Der teilweise in der Literatur vertretenen anderen Auffassung (z.B. Schmidt/Glanegger, EStG , § 6 Rz. 404), dass anteilige allgemeine Verwaltungskosten unter dem Blickwinkel der Herstellungskosten-Untergrenze bei der Vorratsbewertung nicht in die rückstellungsfähigen Kosten einzubeziehen sind, ist nicht zu folgen.

Im Ausgangsfall sind demnach die anteiligen Kosten

  • für Grundstücksaufwendungen, wie AfA, Miete, Instandhaltung, Grundsteuer, Gebäudeversicherung, Heizung, Beleuchtung, usw. (500 ),
  • die AfA für die Ausstattung der Archivräume (300 EUR),
  • anteilige Personalkosten, auch soweit diese auf Putzdienste oder Hausmeister entfallen, und EDV-Kosten für die Lesbarmachung der Datenbestände (200 EUR),
  • sowie die anteiligen Verwaltungskosten für die Datensicherung, z.B. Aufwand für die Mikroverfilmung, Brennen von CD oder externe Datensicherungskosten (100 EUR),

für die Bewertung der Rückstellung zu berücksichtigen.

Nicht rückstellungsfähig sind erst in der Zukunft anfallende Kosten, wie die Anschaffung von zusätzlichen Regalen oder Ordnern, sowie Kosten der Entsorgung der Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen.

Für die Ermittlung der rückstellungsfähigen Kosten ist zu beachten, dass Aufwendungen für anteilige AfA oder Miete der Lagerräumlichkeiten nicht alleine nach dem Flächenverhältnis des Archivs zur Gesamtfläche ermittelt werden können. Durch diese Berechnung erhält man kein zutreffendes Ergebnis, da die Lagerräume in aller Regel geringer ausgestattet sind als andere Räume, so dass auf sie weniger Aufwand entfällt. Daher ist bei einer Aufteilung der AfA ...

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