Leitsatz

1. Zahlt die Finanzbehörde aufgrund einer Sicherungsabtretung auf ein in der Abtretungsanzeige angegebenes Konto bei einer Bank, so ist die Bank selbst dann Leistungsempfängerin i.S.d. § 37 Abs. 2 AO, wenn Kontoinhaber der Zedent ist.

2. War der Zedent aufgrund der Sicherungsabrede im Innenverhältnis zur Bank weiterhin verfügungsberechtigt, so kann die Finanzbehörde die Bank nur dann nicht auf Erstattung einer rechtsgrundlosen Zahlung in Anspruch nehmen, wenn der Finanzbehörde ausdrücklich mitgeteilt worden ist, dass der Zedent trotz der Abtretungsanzeige Leistungsempfänger sein soll.

 

Normenkette

§ 37 Abs. 2, § 46 AO

 

Sachverhalt

Der Steuerschuldner hatte seiner Bank alle Ansprüche und Rechte aus den bankfinanzierten Geschäften zur Sicherheit abgetreten. Die Bank hatte darüber "namens" des Steuerschuldners gegenüber dem FA monatliche Formularanzeigen erstattet und gebeten, Zahlungen auf das bei ihr geführte Konto des Steuerschuldners zu leisten, auf das dessen Vorsteuerüberschüsse schon bisher überwiesen worden waren.

Als festgestellt wurde, dass zuviel USt vergütet worden war, forderte das FA diese Beträge von der Bank zurück. Einspruch und Klage (EFG 2006, 462) blieben erfolglos.

 

Entscheidung

Nach Ansicht des BFH zu Recht, da dem FA im Zeitpunkt der Steuervergütungen "über die Rechtsbeziehungen im Innenverhältnis zwischen den Abtretungsbeteiligten nichts bekannt" gewesen sei.

 

Hinweis

Der Rückforderungsschuldner muss bei einer Steuervergütung/-erstattung mit dem Empfänger der Zahlung nicht identisch sein. Denn es ist derjenige Rückforderungsschuldner, zu dessen Gunsten erkennbar die Zahlung geleistet wurde, also i.d.R. der Steuerpflichtige selbst, auch wenn er einen anderen als Zahlstelle benannt hat. Ein Dritter ist aber dann Rückforderungsschuldner, wenn der Anspruch des Steuerpflichtigen an ihn wirksam abgetreten worden ist.

Dasselbe hatte der BFH schon früher auch im Fall einer Sicherungsabtretung angenommen, bei der die Überweisung allerdings nicht auf ein Konto des Zedenten, sondern unmittelbar an den Zessionar gegangen war (Urteil vom 31.8.1993, VII R 69/91, BStBl II 1995, 846). Hingegen hatte der BFH in dem Urteil vom 27.10.1992, VII R 49/92 (BFH/NV 1993, 449) einen Rückforderungsanspruch gegen den Zessionar verneint, und zwar "wegen der besonderen Gestaltung der Beziehungen zwischen Behörde, Begünstigtem und Abtretungsempfänger"; diese sah der BFH darin, dass die Leistung nicht an den Zessionar, sondern "tatsächlich" (durch Überweisung) an den Zedenten gezahlt worden war.

Im Zivilrecht wird bei Drei-Personen-Verhältnissen, in denen ein Anspruch an eine Bank zur Sicherheit abgetreten und von dem Schuldner durch Überweisung an den Zessionar getilgt worden ist, eine Kondiktion gegenüber dem Zessionar grundsätzlich nicht zugelassen und der Schuldner auf einen Kondiktionsanspruch gegenüber dem Zedenten verwiesen, dessen Forderung er erfüllen wollte (vgl. insbesondere BGH-Urteil vom 2.11.1988, IV b ZR 102/87, BGHZ 105, 365; Martinek in juris PK-BGB, 3. Aufl. 2006, § 812 Rd.Nr. 134).

Dem will der BFH in der Besprechungsentscheidung allerdings nicht folgen und auch sein Urteil vom 27.10.1992 nicht auf den Streitfall übertragen, obwohl hier ebenso die Überweisung nicht unmittelbar an die Bank, sondern auf ein Konto des Zedenten (freilich bei der nämlichen Bank) gegangen ist. Das sollen offenbar die in § 46 AO vorgeschriebenen Angaben der Abtretungsanzeige rechtfertigen; in der zuerst genannten Entscheidung war diese Abweichung vom Zivilrecht mit den – nicht näher substanziierten – Besonderheiten des öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruchs gerechtfertigt worden.

Den Zessionar einer Sicherungsabtretung soll das FA nur dann nicht auf Erstattung in Anspruch nehmen dürfen, wenn ihm ausdrücklich mitgeteilt worden ist, dass der Zedent im Innenverhältnis zur Bank weiterhin verfügungsberechtigt sein soll. Aber: Ist das nicht regelmäßig bei einer Sicherungsabtretung an eine Bank der Fall, namentlich bei einer Globalzession, sodass der BFH gleichsam den Regelfall zur Ausnahme stilisiert? Und es kommt doch auch nach Ansicht des BFH darauf an, wie das FA die Abtretungsanzeige unter Berücksichtigung der Verkehrssitte vernünftigerweise verstehen muss (ob als bloße Zahlungsanweisung oder als unbedingte Rechtsübertragung an die Bank)!

Folgt man dem BFH, muss ein umsichtiger Bankier grundsätzlich davon absehen, die Abtretung öffentlich-rechtlicher Erstattungsansprüche als Sicherheit zu akzeptieren, oder zumindest mit der Abtretungsanzeige stets die vorgenannte Klarstellung abgeben! Er läuft sonst Gefahr, dass nicht nur sein Sicherungsrecht wertlos ist, er also mangels werthaltiger Sicherheit die Kreditsumme zu verlieren droht, sondern dass er darüber hinaus befürchten muss, Steuererstattungen oder -vergütungen an das FA "zurück"zahlen zu müssen, über die er mit Rücksicht auf sein Verhältnis zum Zedenten zu keinem Zeitpunkt verfügen konnte und die ihm wirtschaftlich nicht zugute gekommen sind.

Beachten Sie, dass § 37 Abs. 2...

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