Gleichlautende Ländererlasse vom 22.1.2016

Bezug: BMF-Schreiben vom 19.12.1996, IV B 7 – S 2742 – 57/96 (BStBl 1997 I S. 112)
  FinMin Hessen, Erlass vom 28.1.1997, S 2742 A – 38 – II B 3a

Im Urteil vom 14.9.1994, I R 6/94 (BStBl 1997 II S. 89) hat der BFH zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung durch Übernahme von Risikogeschäften durch eine GmbH Stellung genommen. Bei der Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils ist folgendes zu beachten.

1. Im Urteilsfall hat der BFH die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nur unter dem Gesichtspunkt des Verzichts der GmbH auf einen Schadensersatzanspruch gegenüber ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer geprüft. Nach Auffassung des BFH löst die Übernahme von Risikogeschäften (hier: Goldoption) auch im Verlustfall bei einer Zweipersonen-GmbH (im Urteilsfall Mutter und Sohn) keinen Schadensersatzanspruch nach § 43 GmbHG gegenüber dem Geschäftsführer aus, wenn die Gesellschafter dem Abschluss des Risikogeschäfts zugestimmt hatten. Eine verdeckte Gewinnausschüttung wegen Nichtgeltendmachung einer Schadenersatzforderung gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer kommt in diesem Fall nicht in Betracht.

Tz. 2 dieses BMF-Schreibens ist nicht anzuwenden, soweit die darin enthaltenen Ausführungen den vorstehenden Grundsätzen der Urteile des BFH vom 8.8.2001, I R 106/99 (BStBl 2003 II S. 487) und vom 31.3.2004, I R 83/03 (BFH/NV 2004 S. 1482) entgegenstehen (ofix: KStG/8/99). Laut BMF-Schreiben vom 4.11.2015 besteht keine Bedarf, das Urteil vom 31.3.2004, I R 83/03 zu veröffentlichen.

2. Zu der Frage, ob bereits der infolge der Übernahme des Risikogeschäfts (z.B. Optionen, Differenzgeschäfte) eingetretene Verlust und die damit verbundene Vermögensminderung bei der GmbH die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllen, nimmt der BFH gesondert Stellung. Diese Frage ist nach den allgemeinen Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung zu beurteilen. Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und nicht auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss beruht (Abschn. 31 Abs. 3 Satz 1 KStR 1995). Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter (§ 93 Abs. 1 Satz 1 AktG, § 43 Abs. 1 GmbHG, § 34 Abs. 1 Satz 1 GenG) die Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung gegenüber einer Person, die nicht Gesellschafter ist, unter sonst gleichen Umständen nicht hingenommen hätte (Abschn. 31 Abs. 3 Satz 3 KStR 1995). Die Übernahme risikobehafteter Geschäfte ist im Geschäftsleben durchaus üblich und stellt im allgemeinen keine verdeckte Gewinnausschüttung dar. Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist nur anzunehmen, wenn das Risikogeschäft seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat und ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter das Geschäft nicht eingegangen wäre. Anzunehmen ist dies insbesondere bei Geschäften, die nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft völlig unüblich, mit hohem Risiko verbunden und nur aus privaten Spekulationsabsichten des Gesellschafter-Geschäftsführers zu erklären sind (wie z.B. im Urteilssachverhalt bei Optionsgeschäften in einem kleineren Einzelhandel).

3. Unter II. 1 der Urteilsgründe führt der BFH aus, dass jede Forderung einer Kapitalgesellschaft gegen ihren Gesellschafter solange, wie sie nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung in der Steuerbilanz in voller Höhe zu aktivieren ist, nicht Gegenstand einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein kann. Der die Vermögensminderung ausschließende Ansatz in der Steuerbilanz hat danach Vorrang vor der Rechtsfolge des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Die Ausführung des BFH betreffen nur Fälle, in denen die von der Kapitalgesellschaft aktivierte Forderung selbst – z.B. bei Verzicht – Gegenstand einer verdeckten Gewinnausschüttung sein kann. Eine Vermögensminderung tritt dann bei der Kapitalgesellschaft nicht ein, solange die Forderung in der Bilanz der Kapitalgesellschaft ausgewiesen wird. Die Ausführungen des BFH betreffen demgegenüber nicht Fälle, in denen Gegenstand der verdeckten Gewinnausschüttung eine Vermögensminderung ist, die ihrerseits einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch auslöst (z.B. Unterschlagung). Der infolge der Vermögensminderung entstandene Schadensersatzanspruch hat den Charakter einer Einlage (Abschn. 31 Abs. 9 KStR 1995; BFH-Urteil vom 29.5.1996, I R 118/93 (BStBl 1996 II S. 1). Die Aktivierung eines solchen Anspruchs steht deshalb der Annahme einer Vermögensminderung, die eine verdeckte Gewinnausschüttung zur Folge hat, nicht entgegen.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2

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