Risikoaggregationsverfahren für Unternehmen basieren im Grundsatz auf einer Verknüpfung der identifizierten und quantifizierten Risiken im Kontext der Unternehmensplanung.[1] Risiken werden dabei als Ursachen für mögliche Abweichungen von den geplanten bzw. erwarteten Werten aufgefasst. Zu diesem Zweck werden Risiken als Überbegriff für positive wie negative Abweichungen (Chancen bzw. Gefahren) interpretiert.

Analytische Lösungen meist nicht verfügbar

Analytische Lösungen sind allenfalls für einfache bzw. stark vereinfachte Modelle der Realität verfügbar – und oft genug weisen auch diese schon einen sehr hohen Komplexitätsgrad auf. Risiken sind nicht addierbar und auch einfache analytische Rechenformeln nur in wenigen realistischen Spezialfällen geeignet, den Gesamtrisikoumfang zu berechnen.[2] Daher muss man Simulationsverfahren für die Risikoaggregation nutzen.

Monte-Carlo-Simulation berechnet große Stichprobe möglicher Zukunftsszenarien

Eine Voraussetzung für die Bestimmung des "Gesamtrisikoumfangs" mittels Risikoaggregation stellt die Verbindung von Risiken und Unternehmensplanung dar (vgl. Abb. 1). Es wird deutlich, dass letztendlich jedes Risiko auf eine Plangröße der GuV einwirkt und dort Planabweichungen auslösen kann. Dabei können Risiken als Schwankungsbreite um einen Planwert modelliert werden, z. B. +/– 5 % Absatzmengenschwankung. Zudem können jedoch auch "ereignisorientierte Risiken" wie z. B. eine Betriebsunterbrechung durch Maschinenschaden eingebunden werden, die dann über das außerordentliche Ergebnis den Gewinn beeinflussen. Ein Blick auf die verschiedenen Simulationsläufe (S1 bis Sn in Abb. 1) veranschaulicht, dass sich bei jedem Simulationslauf andere Kombinationen von Ausprägungen der Risiken ergeben. Damit erhält man in jedem Schritt (unter Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen den Risiken) einen zufällig erzeugten Wert für die betrachtete Zielgröße, z. B. Gewinn oder Cashflow. Die Gesamtheit aller Simulationsläufe liefert eine "repräsentative Stichprobe" aller möglichen Risikoszenarien des Unternehmens.

Abb. 1: Integration der Risiken in die Unternehmensplanung

Eigenkapitalbedarf als Maßstab für Gesamtrisikoumfang

Die Monte-Carlo-Simulation liefert eine große "repräsentative Stichprobe" der risikobedingt möglichen Zukunftsszenarien des Unternehmens, die dann analysiert wird. Aus den ermittelten Realisationen der Zielgröße, z. B. Gewinn, ergeben sich aggregierte Häufigkeitsverteilungen.[3] Ausgehend von der Häufigkeitsverteilung der Gewinne kann man unmittelbar auf die Risikomaße schließen (vgl. Kap. 3), z. B. den Eigenkapitalbedarf (Risk Adjusted Capital, RAC) oder die Standardabweichung des Cashflows des Unternehmens. Um eine Überschuldung zu vermeiden, wird nämlich zumindest so viel Eigenkapital benötigt, wie auch Verluste auftreten können, die dieses aufzehren. Zudem kann man die Insolvenzwahrscheinlichkeit und dadurch das angemessene Rating ableiten: Man muss nur ermitteln in wie viel % des simulierten Szenarios Überschuldung oder Liquidität eintritt – oder Covenants verletzt werden.

Grundlage der Risikosimulation ist ein stochastisches Planungsmodell. Dabei existieren zwei (kombinierbare) und häufig in der Praxis verwendete Varianten der Risikoerfassung im Kontext der Planung, nämlich

  • die unmittelbare Berücksichtigung der Planungsunsicherheit bei den einzelnen Planungspositionen, d. h. das Beschreiben einer Planungsposition durch eine Verteilung, z. B. eine Normalverteilung, oder
  • die separate quantitative Beschreibung eines Risikos durch eine geeignete Verteilungsfunktion, z. B. durch Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit bei ereignisorientierten Risiken, und die Zuordnung dieses Risikos in einem 2. Schritt zu der Planungsposition, wo es Planabweichungen auslösen kann.

Mit dem Risikofaktorenansatz gibt es eine weitere, ebenfalls kombinierbare Variante, um Risiken im Kontext der Planung zu berücksichtigen. Neben der Unternehmensplanung wird dabei ein Modell der Unternehmensumwelt mit den für das Unternehmen interessanten Variablen aufgebaut.[4] Die Unternehmensumwelt wird dabei beispielsweise durch exogene Faktoren beschrieben wie

  • Wechselkurse,
  • Zinssätze,
  • Rohstoffpreise und
  • Konjunktur, z. B. Nachfrage-Wachstumsrate.

Risikofaktorenmodelle beschreiben Unternehmensumfeld (Zins, Rohstoffpreise, Konjunktur, …)

Für all diese exogenen Faktoren des Unternehmensumfelds werden Prognosen erstellt, sodass ein "Plan-Umfeldszenario" entsteht. Die Abhängigkeit der Planvariablen des Unternehmens von exogenen Faktoren wird z. B. durch Elastizitäten[5] erfasst. Diese zeigen, welche Konsequenzen eine unsichere Änderung des Risikofaktors für die Plan-Variable, z. B. Umsatz, hat.

Die Verwendung eines Risikofaktorenmodells bringt wesentliche Vorteile: Das Modell vereinfacht wesentlich die oft schwierige Schätzung der statistischen Abhängigkeiten zwischen den betrachteten unsicheren und damit risikobehafteten Planungsvariablen der Erfolgsrechnung eines Unternehmens. Wenn nämlich beispielsweise 2 un...

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