Starke Ausrichtung auf gesetzliche Anforderungen

Bis zur Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 war die Implementierung eines betrieblichen Risikomanagements (RM) in vielen Unternehmen eine Notwendigkeit, die vor allem durch die Anforderungen des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG), des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) oder des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) getrieben wurde. Die starke Prägung durch formale gesetzliche Anforderungen führte dazu, dass in vielen Unternehmen isolierte Risikomanagementsysteme (RMS) aufgebaut wurden, die weder methodisch noch prozessual in die Unternehmenssteuerung integriert waren.[1]

Rendite- und risikoorientierten Unternehmenssteuerung notwendig

Zudem erfolgte eine Konzentration auf die nachträgliche Erfassung, Bewertung und Überwachung von bereits eingegangenen Einzelrisiken z. B. in umfangreichen Risikoinventaren, während die zukunftsgerichtete Analyse von Umweltentwicklungen Managemententscheidungen auf die Ertrags- und Risikoposition des Unternehmens vernachlässigt wurden.[2] Als Konsequenz steht das Risikomanagement z. T. im Ruf eines "Geschäftsverhinderers" und leidet unter Akzeptanzproblemen im Unternehmen. Außerdem besteht die Gefahr, dass Investitionen mit sehr hohen Renditen bevorzugt werden, ohne zuvor deren Auswirkungen auf die Risikotragfähigkeit des Unternehmens eingeschätzt zu haben. Der Nutzen eines derartigen RMS für eine über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehende Unternehmenssteuerung ist eher beschränkt.[3]

Methodische und technische Unterstützung der Integration

Parallel wurden von der Wissenschaft und der Beratung komplexe Methoden zur Risikobewertung sowie unterstützende Softwarelösungen entwickelt, die eine Weiterentwicklung des RM zu einer Risiko-Rendite-orientierten Unternehmenssteuerung grundsätzlich ermöglichen, jedoch nur teilweise in der Praxis implementiert wurden. Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) weisen aufgrund ihrer eingeschränkten personellen und finanziellen Ressourcen auf die Notwendigkeit pragmatischer RM-Ansätze hin.[4]

Für die o. g. Probleme bietet die strategische, instrumentelle, organisatorische, personelle und technische Integration von Ansätzen des RM in das Controlling und dessen Weiterentwicklung zu einen rendite- und risikoorientiertem Controlling einen vielversprechenden Lösungsansatz. Hierbei können bereits im Controlling vorhandene Instrumente und Berichte genutzt und deren Aussagekraft durch Risikoinformationen verbessert werden, so dass Synergieeffekte sowohl im Controlling wie auch im RM realisiert werden können. Zudem lässt sich eine Integration von RM und Controlling auch aus dem KonTraG herleiten, das das betriebliche Controlling als wesentliches Element des RM betrachtet.

Eine Integration von Ansätzen des RM in das Controlling ist insbesondere für KMU empfehlenswert, da beide Funktionsbereiche z. T. identische Methoden und Instrumente, z. B. Szenario- und Sensitivitätsanalysen, verwenden. Aber auch für größere Unternehmen ist eine zumindest partielle Integration sinnvoll, um eine integrierte rendite- und risikoorientierte Unternehmenssteuerung umzusetzen. Unklar sind jedoch die Bestimmung des optimalen Integrationsgrads und der Prozess einer sinnvollen Integration. Der Beitrag diskutiert daher Möglichkeiten und Probleme der Integration von RM und Controlling anhand eines Reifegradmodells sowie der Ergebnisse entsprechender Studien.

[1] Vgl. Appel/Hoffjan, 2014, S. 65 ff.
[2] Vgl. Gleißner, 2015, S. 6 f.
[3] Vgl. Kajüter, 2009, S. 117; Gleißner/Kalwait, 2010, S. 27 f.
[4] Vgl. Appel/Hoffjan, 2014, S. 69 f.

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