6.1 Grundlagen der Digitalisierung

Auch wenn der Begriff der Digitalisierung inzwischen fast schon inflationär verwendet wird, ist er nicht eindeutig definiert. In einem rein technischen Sinne versteht man unter Digitalisierung die Übertragung von Daten aus einem analogen in ein digitales Format. Heute wird Digitalisierung jedoch meist gleichgesetzt mit dem durch Informations- und Kommunikationstechnologien induzierten Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft.[1]

Eng verknüpft mit dem Begriff der Digitalisierung sind die Konzepte Industrie 4.0, Internet of Things, Big Data und Künstliche Intelligenz. Mit dem Schlagwort Industrie 4.0 wird die sog. vierte industrielle Revolution beschrieben,[2] welche die durch die Digitalisierung hervorgerufene Transformation in der industriellen Produktion zum Gegenstand hat. Als Internet of Things wird die Vernetzung von Geräten aller Art (z. B. Produktionsanlagen, mobile Endgeräte) über das Internet bezeichnet, wodurch diese selbstständig Daten austauschen und darauf aufbauend Aktionen auslösen können.[3] Mit der Verarbeitung und Analyse der u. a. durch das Internet of Things entstehenden immensen Datenmengen beschäftigt sich der Big Data-Ansatz.[4] Als Analysewerkzeug können dafür Ansätze der künstlichen Intelligenz (KI) verwendet werden, die ihr menschliches Pendant mittels sog. künstlicher neuronaler Netze nachzubilden versucht, um u. a. bislang nicht bekannte Muster und Zusammenhänge aufzudecken.[5]

Zwei Perspektiven

Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Plankostenrechnung sollen im Folgenden aus zwei Perspektiven, der systeminternen und der systemexternen, analysiert werden. In der systeminternen Betrachtungsweise soll dargelegt werden, wie sich die Digitalisierung auf das bestehende System der Plankostenrechnung auswirken kann. Aus systemexterner Sicht soll untersucht werden, ob sich infolge der Digitalisierung möglicherweise neue Ansätze zur Kostensteuerung im Produktionsbereich ergeben, die an die Stelle der Plankostenrechnung treten können. Implizit sind mit dieser Unterscheidung auch unterschiedliche Zeithorizonte verbunden. Während die systeminterne Perspektive mittelfristig ausgerichtet ist, unterstellt die systemexterne Perspektive tendenziell einen langfristigen Betrachtungshorizont.

Diese Ausführungen beschreiben mögliche Entwicklungen, die jedoch aus heutiger Sicht als spekulativ einzustufen sind. Noch sind die konkreten, für die Kostensteuerung relevanten Anwendungen der Digitalisierung erst in ihren Konturen vorherzusehen. Unklar ist zudem, auf welche Akzeptanz sie in der Unternehmenspraxis stoßen und in welcher Geschwindigkeit sie sich dort verbreiten werden. Zudem wurden bis heute keine Untersuchung zur Auswirkungen der Digitalisierung auf die Plankostenrechnung angestellt, auf deren Ergebnisse hätte zurückgegriffen werden können.

[1] Vgl. Hess, 2018.
[2] Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2013.
[3] Vgl. Sendler, 2018, S. 18.
[4] Vgl. Fasel/Meier, 2016, S. 5 ff.
[5] Vgl. Lakemeyer, 2017, S. 2.

6.2 Systeminterne Perspektive: Digitalisierung in der Plankostenrechnung

Eine aussagekräftige Plankostenrechnung ist ohne geeignete IT-Unterstützung schon heute nicht realisierbar. Mit zunehmender Digitalisierung und den damit mutmaßlich günstiger und besser werdenden Rechnerleistungen ergeben sich jedoch neue Chancen für die Plankostenrechnung. Diese liegen u. a. in einer Steigerung des Verbreitungsgrads der Plankostenrechnung, einer besseren Integration von Plankostenrechnung und Unternehmensplanung sowie im Aufdecken neuer Ursache-/Wirkungszusammenhänge.

Größere Verbreitung möglich

Zum Verbreitungsgrad der Plankostenrechnung wurden in jüngerer Zeit mehrere Studien durchgeführt, die jedoch nicht immer konsistente Ergebnisse erbrachten. Es kann jedoch als gesichert angesehen werden, dass sich die Plankostenrechnung vor allem in Großunternehmen etabliert hat, während ihre Nutzung in kleineren und mittleren Unternehmen wesentlich weniger intensiv ausfällt.[1] Mit infolge der Digitalisierung möglicherweise aufkommenden neuen, an die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen angepassten Softwarelösungen kann der Einsatz der Plankostenrechnung dort gesteigert werden.

Bessere Integration von Mengen- und Finanzplanung

Ein hohes Maß an Integration der Unternehmensplanung verspricht die besten Ergebnisse für die zielorientierte Koordination im Unternehmen. Integration liegt dann vor, wenn die leistungswirtschaftliche Ebene lückenlos mit der finanzwirtschaftlichen Ebene verzahnt ist. Allerdings ist dies in der Praxis nur selten der Fall. So stellt Mosler erst jüngst ernüchtert fest: "Die Mengen-, Ressourcen- und Leistungsplanung ... auf der einen und die in monetären Größen planende Finanzsphäre … (- zu der auch die Plankostenrechnung gehört –, d. Verf.) auf der anderen Seite sind … noch völlig getrennte Welten in der Unternehmensplanungsrechnung".[2] Während die Mengen-, Ressourcen- und Leistungsplanung i. d. R. mittels ERP-Systemen durchgeführt wird, erfolgt die Planung der finanziellen Seite nicht selten mithilfe nur unzureichend verknüpften EXCEL-Anwendungen. Einer der...

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