Leitsatz

1. Nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO gilt ab 01.05.2005 auch für Kfz mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t der von der Rechtsprechung des BFH entwickelte Grundsatz, dass anhand von Bauart und Einrichtung des Kfz zu beurteilen ist, ob ein Pkw oder ein Lkw vorliegt. Soweit danach § 2 Abs. 2a KraftStG die Rechtslage lediglich rückwirkend klarstellt, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes.

2. Ergibt sich infolge der Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO eine Änderung der Bemessungsgrundlage, ist die Kfz-Steuer gem. § 12 Abs. 2 Nr. 1 KraftStG neu festzusetzen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 2 und 2a, § 8 Nrn. 1 und 2, § 9 Abs. 1 Nr. 3, § 12 Abs. 2 Nrn. 1 und 4 KraftStG, § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG, § 23 Abs. 6a StVZO

 

Sachverhalt

Auf den Kläger war ein Fahrzeug mit Dieselmotor (Hubraum: 4 164 ccm), einem zulässigen Gesamtgewicht von 2 960 kg und – einschließlich Fahrersitz – fünf Sitzplätzen zugelassen, das im Dezember 2000 als "anderes Fahrzeug" i.S.d. § 8 Nr. 2 KraftStG der Gewichtsbesteuerung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG unterworfen worden war.

Nach Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO durch die 27. VO zur Änderung der StVZO vom 02.11.2004 (BGBl I 2004, 2772) besteuerte das FA das Fahrzeug ab dem 01.05.2005 als Pkw und setzte gem. § 8 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG eine neunfach höhere Steuer fest. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (FG Hamburg, Urteil vom 30.03.2007, 7 K 22/06, Haufe-Index 1755570, EFG 2007, 1368)

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Besteuerung des Fahrzeugs als Pkw ab dem 01.05.2005 und stellte lediglich klar, dass die Neufestsetzung der Steuer verfahrensmäßig nicht – wie vom FG angenommen – auf Nr. 4, sondern auf Nr. 1 des § 12 Abs. 2 KraftStG zu stützen sei. Materiell-rechtlich sei die Neufestsetzung durch die zum 01.05.2005 erfolgte Aufhebung des § 23 Abs. 6a StVZO bedingt. Das FG habe das Fahrzeug nach Bauart und Ausstattung zutreffend als Pkw beurteilt. Diese Einordnung als Pkw sei unabhängig von der durch das Dritte Gesetz zur Änderung des KraftStG vom 21.12.2006 (BGBl I 2006, 3344) erfolgten Einfügung des § 2 Abs. 2a KraftStG vorzunehmen gewesen, sodass auf sich beruhen könne, ob das rückwirkende Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtens sei.

 

Hinweis

Nach § 23 Abs. 6a StVZO waren sogenannte Kombinationskraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t ohne Rücksicht auf Typ und Erscheinungsbild als Lkw zu besteuern. Nach Aufhebung der Norm zum 01.05.2005 gilt dies nicht mehr. Ab diesem Zeitpunkt war trotz Überschreitens eines Gesamtgewichts von 2,8 t in jedem Einzelfall anhand der Kriterien zur Abgrenzung von Lkw und Pkw zu prüfen, ob nicht ein Pkw vorliegt. Dabei sind Pkw solche Fahrzeuge, die nach Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen geeignet und bestimmt sind (§ 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG).

Dafür, ob diese Eignung und Bestimmung vorliegen, gibt es eine Reihe von Kriterien wie die Zahl der Sitzplätze, die zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung, die Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild sowie die Konzeption des Herstellers bei Serienfahrzeugen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 09.04.2008, II R 62/07

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