Zusammenfassung

 
Überblick

Stirbt ein Gesellschafter einer Personengesellschaft, ist es keineswegs zwingend, dass der oder die Erben anstelle des Verstorbenen in die Gesellschaft eintreten. Über die Frage, wer beim Tod eines Gesellschafters einer Personengesellschaft die Gesellschaftsrechte erwirbt, entscheidet in erster Linie das Gesellschaftsrecht und nicht das Erbrecht. Die gesetzlichen Regelungen zur Nachfolge in Personengesellschaften bei Tod eines Gesellschafters entsprechen in den meisten Fällen nicht der Interessenlage der Beteiligten. Daher werden in der Praxis die dispositiven gesetzlichen Nachfolgeregelungen oft durch abweichende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag ersetzt. Je nachdem, welche der typischen Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag vereinbart wird, ergeben sich unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Folgen.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die gesetzliche Nachfolge beim Tod eines Gesellschafters ist in den §§ 105, 131 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB und §§ 727, 738 Abs. 1 BGB geregelt. Einkommensteuerlich sind die §§ 6 Abs. 3 und 16 EStG einschlägig. Das BMF hat in einem umfangreichen Schreiben u.  a. zur ertragsteuerlichen Behandlung der Erbfolge bei Beteiligung an einer Personengesellschaft Stellung genommen (BMF, Schreiben v. 14.3.2006, IV B 2-S 2242-7/06, BStBl 2006 I S. 253; Neufassung der Rn. 52 durch BMF, Schreiben v. 27.12.2018, IV C 6-S 2242/07/10004, BStBl 2019 I S. 11).

1 Erb- und gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvererbung

Nach bürgerlichem Recht geht beim Tod eines Steuerpflichtigen dessen Vermögen als Ganzes im Wege der Universalsukzession/Gesamtrechtsnachfolge auf den Alleinerben oder die Miterben über.[1] Treten mehrere Erben die Rechtsnachfolge des Verstorbenen an, geht der gesamte Nachlass ungeteilt auf die Gemeinschaft der Erben über. Er wird gemeinschaftliches Eigentum, sog. Gesamthandseigentum, der Erbengemeinschaft.[2]  Im Allgemeinen kennt das Erbrecht keine Einzelrechtsnachfolge (Singularsukzession). Ausnahmen gelten bei der Vererbung von Anteilen an Personengesellschaften. Da Erbengemeinschaften nicht fähig sind, Mitglieder von werbend tätigen Personenhandelsgesellschaften zu sein, werden die Miterben unmittelbar im Wege der Sonderrechtsnachfolge Gesellschafter.

Wenn Erbrecht und Gesellschaftsvertrag nahtlos ineinander greifen, entstehen auch einkommensteuerlich generell keine besonderen Probleme. Problematisch sind aber die Fälle, in denen der Gesellschaftsvertrag keine Erbklausel enthält oder nach dem Gesellschaftsvertrag die Beteiligung des verstorbenen Gesellschafters nicht schlechthin auf seine Erben bzw. nicht auf den oder die zum Gesellschafter vorgesehenen Erben übergeht.

War der Erblasser an einer Personengesellschaft beteiligt, sind zunächst, wie bei einem "normalen" Erbfall, die Erben des Erblassers zu ermitteln. Diese können in einer Verfügung von Todes wegen – Testament oder Erbvertrag – bestimmt sein.[3] Liegt keine Verfügung von Todes wegen vor, sind die Erben nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu ermitteln.[4]

Für die Gesellschafternachfolge im Erbfall ist aber – wie erwähnt – nicht nur die Bestimmung der Erben wichtig, sondern auch, ob und ggf. welche Bestimmungen der Gesellschaftsvertrag der betreffenden Gesellschaft für den Fall des Todes eines Gesellschafters enthält. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine diesbezügliche Regelung, gilt für die Nachfolge die oft nicht erwünschte gesetzliche Regelung.

2 Gesetzliche Nachfolgeregelung

2.1 Tod eines GbR-Gesellschafters

2.1.1 Auflösung der Gesellschaft

Anteile an Kapitalgesellschaften, vor allem Aktien und GmbH-Geschäftsanteile, sind vererblich.[1]  Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) i. S. d. § 705 BGB wird dagegen nach der gesetzlichen Regelung mit dem Eintritt des Erbfalls aufgelöst, wenn sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt, d. h. die Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag nicht die Fortführung ausdrücklich vereinbart haben.[2]

Die GbR wird zwar mit dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst, sie bleibt aber zunächst weiterhin Trägerin des Unternehmens. Die aufgelöste Gesellschaft wandelt sich in eine identische Wirkungseinheit in Form der Liquidationsgesellschaft. Deren Zweck besteht darin, das vorhandene Vermögen – nach Bezahlung der Schulden – an die Gesellschafter und damit anteilsmäßig an die Erbengemeinschaft zu verteilen. Ist nur ein Alleinerbe vorhanden, wird der Alleinerbe des verstorbenen Gesellschafters zum Mitglied dieser Liquidationsgesellschaft.[3] Auch wenn sich mit der Auflösung der Gesellschaftszweck und der rechtliche Status der Gesellschafter ändern, bleiben doch Mitgliederbestand, Gesellschaftsvermögen und Rechtsfähigkeit von der Auflösung unberührt.

Sind mehrere Erben vorhanden, tritt die Erbengemeinschaft als Mitunternehmerin in die Abwicklungsgesellschaft ein.[4] Die Miterben erhalten den Anteil an der Liquidationsgesellschaft zur gesamten Hand, sie werden mittelbar Mitunternehmer. Es gilt zwar der Grundsatz, dass eine Miterbengemeinschaft wegen der mit dem Anteil verbundenen Gesellschafterpflichten und des persönlichen Zusammens...

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