Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 31.01.2013; Aktenzeichen 1 HK O 1884/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Regensburg vom 31.1.2013 abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

B. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Denn die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist missbräuchlich, weshalb die Unterlassungsklage als unzulässig abzuweisen ist. Die zulässige Klage hinsichtlich der Abmahnkosten ist demgemäß unbegründet.

I. Die Unterlassungsklage ist unzulässig.

1. Bei missbräuchlicher gerichtlicher Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs ist die Klage wegen fehlender Klage- und Prozessführungsbefugnis als unzulässig abzuweisen (BGH GRUR 1999, 509 - Vorratslücken; BGH GRUR 2002, 357 - Missbräuchliche Mehrfachabmahnung; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 8 UWG Rz. 4.3).

2. Gemäß § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Vorliegend ist von einer missbräuchlichen Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches auszugehen.

a) Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (BGH GRUR 2000, 1089 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgungen; BGH GRUR 2001, 260 - Vielfachabmahner).

Das Vorliegen eines Missbrauchs ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen. Dies erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung. Maßgebend sind die Motive und Zwecke der Geltendmachung des Anspruchs, die sich aber in der Regel nur aus äußeren Umständen erschließen lassen. Dazu gehören: Art und Umfang des Wettbewerbsverstoßes und Verhalten des Verletzten nach dem Verstoß; Verhalten des Anspruchsberechtigten bei der Verfolgung dieses oder anderer Verstöße; Verhalten sonstiger Anspruchsberechtigter; Art und Schwere des Verstoßes und Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß. Im Rahmen der gebotenen Interessensabwägung ist auch zu fragen, ob Interessen der Allgemeinheit eine Rechtsverfolgung rechtfertigen (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 8 UWG Rz. 4.11 mit Nachweisen der Rechtsprechung, insbesondere der des BGH). Als typisches Beispiel nennt das Gesetz die Geltendmachung eines Anspruchs, die vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Dies gilt jedoch in gleicher Weise für das Interesse, Ansprüche auf Zahlung z.B. von Vertragsstrafen entstehen zu lassen. Davon ist auszugehen, wenn der Anspruchsberechtigte kein nennenswertes wirtschaftliches oder wettbewerbspolitisches Interesse an der Rechtsverfolgung haben kann. Maßgebend ist dabei die Sichtweise eines wirtschaftlich denkenden Unternehmers. Ein Indiz dafür ist freilich nicht schon eine umfangreiche Abmahntätigkeit. Vielmehr ist eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Ein Missbrauch ist dann anzunehmen, wenn die Abmahntätigkeit sich verselbständigt, d.h. in keinem vernünftigen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehen kann, zumal wenn es sich um geringfügige und/oder leicht zu ermittelnde Verstöße handelt oder wenn der Mitbewerber, obwohl er finanziell schwach ist, Abmahnungen in großer Zahl ausspricht oder trotz umfangreicher Abmahntätigkeit in keinem Fall den Anspruch gerichtlich durchzusetzen versucht (Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rz. 4.12 mit Nachweisen der Rechtsprechung).

b) Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs durch die Klägerin rechtsmissbräuchlich.

aa) Anhaltspunkte dafür, dass der Beispielsfall des § 8 Abs. 4 UWG erfüllt sein könnte, dass also insbesondere die Geltendmachung dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen, liegen nicht vor.

bb) Jedoch ist das Verhalten der Klägerin aus sonstigen Gründen rechtsmissbräuchlich.

(1) Vorliegend hat die Klägerin in einem Zeitraum von wenigen Tagen im August 2012 (08.08. bis 16.08) unstreitig mindestens 199 Abmahnungen (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 19.8.2013, S. 30 = Bl. 172 d.A....

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