Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschäftsführerhaftung bei Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Da der Geschäftsführer einer GmbH nur für solche Schmälerungen des Gesellschaftsvermögens verantwortlich gemacht werden kann, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mit seinem Wissen und Willen geschehen sind oder die er hätte verhindern können, und die Veranlassung der Zahlung durch ihn eine anspruchsbegründende Tatsache im Rahmen der Haftung aus § 64 GmbHG ist (vgl. BGH NZG 2009,582), kommt eine Haftung nicht in Betracht, wenn Zahlungen an das Finanzamt aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgten.

 

Normenkette

GmbHG a.F. § 64 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 21.07.2010; Aktenzeichen 23 O 4845/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG München I vom 21.7.2010 - 23 O 4845/10, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger 500 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.8.2008 sowie weitere 5.863,35 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.12.2009 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte 3/4, der Kläger 1/4.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der TC GmbH, deren ehemaliger Geschäftsführer der Beklagte ist, Ansprüche wegen vom Beklagten geleisteter Zahlungen gem. § 64 GmbHG geltend.

Auf die tatsächlichen Verhältnisse, wie sie im landgerichtlichen Urteil niedergelegt sind, wird Bezug genommen.

Das LG hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 2.680 EUR zzgl. Verzugszinsen i.H.v 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9.8.2008 sowie von weiteren 5.863,35 EUR nebst Zinsen i.H.v 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2009 gem. § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. verurteilt.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Beklagten, der eine Zahlungspflicht i.H.v 500 EUR anerkennt, jedoch der Auffassung ist, dass weitere Ansprüche gegen ihn nicht bestehen. Er wendet ein, das Erstgericht habe die Liquiditätssituation der GmbH nicht zutreffend beurteilt. Er habe sämtliche Überweisungen zuvor der Schuldnerin als Gesellschafterdarlehen zur Verfügung gestellt. Zudem habe er im Jahre 2007 nicht davon ausgehen müssen, dass die Außenstände der Schuldnerin nicht einbringlich waren. Schließlich habe das LG verkannt, dass die Zahlungen i.H.v insgesamt 2.180 EUR an das Finanzamt nicht durch sein Tun, sondern durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Wege der Kontopfändung erfolgt seien. Deshalb käme ein Anspruch gegen ihn nicht in Betracht.

Der Beklagte beantragt daher:

Das Urteil des LG München I vom 21.7.2010 wird aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 2.180 EUR nebst Zinsen hieraus seit 9.8.2008 sowie weitere 5.863,35 EUR nebst Zinsen hieraus seit 31.12.2009 zu bezahlen. Die Klage wird im Übrigen abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

Der Kläger beantragt die Abweisung der Berufung unter Aufrechterhaltung des Urteils des LG München I vom 21.7.2010.

Er ist der Auffassung, das landgerichtliche Urteil sei zutreffend. Zum einen stünden den streitgegenständlichen Ausgaben keineswegs entsprechende Gesellschaftereinzahlungen gegenüber, zum anderen sei dies auch unerheblich, da es nur darauf ankomme, dass im Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit Zahlungen geleistet werden. Zahlungsunfähigkeit läge, wie das LG zutreffend ausführte, vor. Der Beklagte habe nicht hinreichend dargetan, dass und aufgrund welcher Umstände er von der Einbringlichkeit der Zahlungsrückstände hätte ausgehen können. Die Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch das Finanzamt München seien unerheblich.

Der Senat hat mit den Parteien die Sach- und Rechtslage im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.1.2011 erörtert, auf das Protokoll der Sitzung wird ebenso verwiesen, wie das der Sitzung in erster Instanz sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II. Die Berufung des Beklagten erweist sich nur zum Teil als erfolgreich.

Dem Kläger stehen Ansprüche i.H.v 500 EUR, die der Beklagte in der Berufung nicht mehr bestreitet, und i.H.v 5.863,35 EUR aus § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. zu.

Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil kann in vollem Umfang verwiesen werden, soweit sie nicht die behaupteten Vollstreckungen des Finanzamts i.H.v 2180 EUR betreffen. So sind die Ausführungen zur Frage der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, zu den einzelnen durch den Beklagten geleisteten Zahlungen im Zeitraum der Zahlungsunfähigkeit sowie zu den behaupteten Einzahlungen der Gesellschafter nicht zu beanstanden.

Der Senat folgt der Auffassung des LG jedoch insofern nicht, als es den Vortrag des Beklagten zu den Vollstreckungsmaßnahmen durch das Finanzamt München als unsubstantiiert und nicht nac...

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