Leitsatz (amtlich)

1. Zum genehmigten Kapital bei einer GmbH.

2. Die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts der Gesellschafter kann dem Geschäftsführer übertragen werden.

3. Der Geschäftsführer kann auch zur Anpassung der Satzung ermächtigt werden.

 

Normenkette

GmbHG §§ 53, 55, 55a

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen HRB 183675)

 

Tenor

Die Zwischenverfügung des AG München - Registergericht - vom 19.9.2011 wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Gegenstand der registerrechtlichen Anmeldung ist die Eintragung von Änderungen des Gesellschaftsvertrages einer GmbH. Mit Beschluss vom 31.8.2011 haben die beiden Gesellschafter allstimmig den Gesellschaftsvertrag u.a. um folgende Regelung ergänzt:

"§ 4a

Genehmigtes Kapital

1. Die Geschäftsführer sind ermächtigt, bis zum 30.6.2016 das Stammkapital, ein oder mehrmals, gegen Bar- oder Sacheinlagen um bis zu EUR 3.268.- gegen Ausgabe neuer Geschäftsanteile zu erhöhen (genehmigtes Kapital)

2. Die Geschäftsführer sind ferner ermächtigt, über den Ausschluss des Bezugsrechts der Gesellschafter zu entscheiden.

Ein Bezugsrechtsausschluss ist jedoch nur in folgenden Fällen zulässig:

a) zum Ausgleich von Spitzenbeträgen

b) um Geschäftsanteile an Arbeitnehmer der Gesellschaft auszugeben;

c) bei der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen, insbesondere zum Zwecke des Erwerbs von Unternehmen oder Unternehmensteilen;

d) zu Erschließung neuer Kapitalmärkte durch Geschäftsanteilsplatzierung, insbesondere auch im Ausland.

3. Die Geschäftsführer sind berechtigt, die Fassung der Satzung entsprechend dem Umfang der Kapitalerhöhung aus dem genehmigten Kapital zu ändern."

Mit Zwischenverfügung vom 19.9.2011 beanstandete das Registergericht, dass die Bestimmung in Ziffer § 4a Nr. 2 und Nr. 3 einer satzungsmäßigen Regelung nicht zugänglich seien. Der Bezugsrechtsausschluss greife in Gesellschafterrechte fundamental ein, so dass die Gesellschafter einen solchen nicht frei vereinbaren könnten. Das GmbH-Recht kenne kein Bezugsrecht der Gesellschafter im Sinne des AktG und sehe auch keine dem § 203 Abs. 2 AktG und dem § 179 Abs. 1 Satz 2 AktG entsprechende Bestimmung vor. Die Zulassung anderer Personen zur Übernahme neuer Geschäftsanteile könne im Hinblick auf die personale Struktur der GmbHG nur mittels einer Erteilung einer Vollmacht für den Einzelfall erfolgen. In diesem Sinne sei die eingeräumte Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss auszulegen. Eine Bindung für nicht anwesende oder erst später die Gesellschafterstellung erlangende Personen trete daher nicht ein. Der Regelung fehle die Allgemeingültigkeit und sie könne nicht Bestandteil einer Satzung sein. Auch die nach Ausübung der Ermächtigung erforderliche Satzungsänderung könne nur durch die Gesellschafter selbst beschlossen werden. Für eine analoge Anwendung aktienrechtlicher Vorschriften bestehe keine Notwendigkeit, da die Ermächtigung der Geschäftsführer auch deren Bevollmächtigung zu einer entsprechenden Anpassung der Satzung enthalte. Hiergegen wendet sich die Beschwerde.

II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 382 Abs. 4 Satz 2 FamFG) und auch begründet. Die vom Registergericht angeführten Eintragungshindernisse bestehen nicht. Zu Unrecht ist das Registergericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die in § 4a Nr. 2 und 3 getroffenen Regelungen einer satzungsmäßigen Aufnahme nicht zugänglich sind.

1. Im Rahmen des MoMiG wurde durch den auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (BT-Drucks. 16/9737, 12/13 bzw. S. 56) neu eingefügten § 55a GmbHG die für Aktiengesellschaften schon vorher gegebene Möglichkeit der Kapitalerhöhung in Form des genehmigten Kapitals auch für die GmbH geschaffen. Durch die Übernahme des aktienrechtlichen Instituts des genehmigten Kapitals sollten die Gesellschafter die Möglichkeit erhalten, ihre Entscheidung zur Kapitalerhöhung in das unternehmerische Ermessen der Geschäftsführung zu stellen. Eine solche Delegation der Zuständigkeit zur Kapitalerhöhung stellt somit eine Durchbrechung des Grundsatzes der Satzungsautonomie der Gesellschafter im GmbH-Recht dar (vgl. Schnorbus/Donner, NZG 2009, 1241).

Die Neuregelung orientiert sich an dem aktienrechtlichen Vorbild, bleibt aber lückenhaft (vgl. Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 55a Rz. 1). Diese Regelungslücken können aber trotz ihres aktienrechtlichen Vorbilds nicht schematisch durch eine Analogie der aktienrechtlichen Bestimmungen geschlossen werden. Vielmehr hat sich die Schließung an dem GmbH-rechtlichen System zu orientieren und dessen Besonderheiten Rechnung zu tragen (Zöllner in Baumbach/Hueck, a.a.O.).

2. Unklar ist hier, ob im Rahmen des Instituts des genehmigten Kapitals auch ein Bezugsrechtsausschluss zu Lasten der Gesellschafter zulässig ist. Eine ausdrückliche Regelung, wie es das Aktienrecht vorsieht (vgl. § 203 Abs. 1 i.V.m. § 186 Abs. 3, 4 AktG bzw. § 203 Abs. 2 AktG), wurde durch den Gesetzgeber nicht getroffen. Auch in der Begründung des Rechtsausschusses des Bundestags zu § 55a-neu GmbHG (vgl. BT-Drucks. 16/9737, S. 56) und in der Stellungnahm...

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