Leitsatz (amtlich)

1. Dem Zweck des § 2 Abs. 1a GmbHG, die Gründung einer GmbH in Standardfällen zu erleichtern, wird nur dann Rechnung getragen, wenn das Musterprotokoll ohne inhaltliche Änderungen übernommen wird, um dadurch schon die Prüfung, ob sich eine Änderung im konkreten Fall auswirkt, im Interesse einer Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens zu vermeiden.

2. Eine aktuelle Versicherung nach § 8 Abs. 2 Satz 1, 3 Satz 1 GmbHG kann verlangt werden, wenn das Eintragungsverfahren wegen eines Mangels bei der Anmeldung längere Zeit in Anspruch nimmt.

 

Normenkette

GmbHG § 2 Abs. 1a, § 8 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

AG Kempten (Aktenzeichen 04 AR 111/22)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) - Registergericht - vom 11.5.2022 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt. 1.1. Herr K. H. B. P. errichtet hiermit nach § 2 Abs. 1a GmbHG eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter der Firma S... I... G. GmbH mit dem Sitz in St.

1.2. Gegenstand des Unternehmens ist die Liegenschafts- und Objektverwaltung der im Eigentum stehenden Objekte, ferner der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen sowie Übernahme der persönlichen Haftung und Geschäftsführung von Gesellschaften.

1.3. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 25.000,00 EUR (i. W. fünfundzwanzigtausend Euro) und wird vollständig von Herrn K. H. P. B. (Geschäftsanteil Nr. 1) übernommen. Die Einlage ist in Geld zu erbringen, und zwar sofort zur Hälfte.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Erstanmeldung der Beteiligten, einer GmbH i. G., zur Eintragung in das Handelsregister.

Die Beteiligte wurde mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom 5.11.2021 von K. H. P. B., wohnhaft in Mexiko und vertreten durch A. L., gegründet. Die Urkunde lautet auszugsweise:

Herr K. H. B. P. übernimmt einen Geschäftsanteil mit einem Nennbetrag in Höhe von 25.000,00 EUR (in Worten fünfundzwanzigtausend Euro), künftig lfdNr. 1.

1.4. Zum Geschäftsführer der Gesellschaft wird Herr K. H. P. B. bestellt. Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit.

Die von K. H. P. B. am 7.12.2021 unterzeichnete Anmeldung der Gesellschaft wurde am 16.2.2022 von der Urkundsnotarin beim Registergericht eingereicht. Die Anmeldung enthielt die Versicherungen des Geschäftsführers, dass keine Umstände vorlägen, aufgrund derer er vom Amt des Geschäftsführers ausgeschlossen wäre, und dass das Stammkapital in voller Höhe an die Gesellschaft bezahlt worden sei.

Mit Schreiben vom 17.2.2022 wies das Registergericht darauf hin, dass die Anmeldung derzeit nicht vollzogen werden könne. Die Liste der Gesellschafter sei nicht beigefügt worden, vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG. Die Privilegierung in § 2 Abs. 1a Satz 4 GmbHG greife nicht. Das Musterprotokoll sei in Ziffer 3 unzulässig abgeändert worden. Es fehle der Zusatz "im Übrigen sobald die Gesellschafterversammlung ihre Einforderung beschließt." Der zweite Absatz hingegen sei dem falschen Musterprotokoll für Mehrpersonengesellschaften entnommen. In Ziffer 4 würden die Angaben zum Geschäftsführer (Geburtsdatum, Adresse) fehlen. Es werde entweder der Musterprotokolltext durch Nachtrag wieder herzustellen sein oder es würden die Anlagen für eine normale Gründung (Gesellschafterliste, Satzung) eingereicht werden müssen. Die vorgelegte Versicherung des Geschäftsführers gemäß § 8 Abs. 2 und 3 GmbHG datiere vom 7.12.2021. Sie sei durch Zeitablauf unbrauchbar geworden, da sie erst am 16.2.2022 beim Registergericht eingegangen sei. Sie sei erneut abzugeben und zeitnah einzureichen. Um Behebung binnen zwei Monaten werde gebeten.

Die vom Registergericht gemäß § 380 FamFG i.V.m. § 23 HRV um Stellungnahme gebetene Industrie- und Handelskammer erklärte am 18.2.2022, bei der zu gründenden Gesellschaft ergebe sich ein Bezug zu G. nicht. Daher sei von einer Irreführungsgefahr im Sinne von § 18 Abs. 2 HGB auszugehen. Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass die Kombination einer Sachbezeichnung mit einem Ortszusatz, wie es bei der gewünschten Firma der Fall sein solle, im Allgemeinen als rein beschreibend angesehen werde und somit keine Kennzeichnungskraft nach §§ 18, 30 HGB besitze. Ein sachlich richtiger und nicht irreführender Zusatz könnte allerdings dann zu einer Individualisierung führen, wenn in der betreffenden Branche eine Alleinstellung des Unternehmens am angegebenen Ort bestehe. Dieser Punkt wäre vom Registergericht zu klären.

Mit Schreiben vom 21.2.2022 übersandte das Registergericht der Urkundsnotarin eine Kopie der Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer und erklärte, es schließe sich dieser Stellungnahme an. Es sei daher die Klärung des Ortsbezugs zu G. und der Alleinstellung des Unternehmens in G. erforderlich. Hierzu setzte das Registergericht eine Frist von sechs Wochen.

Nachdem das Registergericht in zwei weiteren Schreiben jeweils erfolglos auf die Vollzugshindernisse hingewiesen hatte, wies es mit Be...

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