Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 14.01.2005; Aktenzeichen 22 O 153/04)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Münster vom 14.1.2005 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte war. Auf der Grundlage der Bilanz zum 31.12.2001, die eine "Darlehensforderung" der Schuldnerin gegen den Beklagten i.H.v. 1.945.000 DM (994.462,70 EUR) aufweist, sowie der weiteren Entwicklung des Darlehenskontos des Beklagten hat der Kläger einen Teilbetrag von 1.000.000 EUR geltend gemacht. Hinsichtlich des Sachverhalts wird auf die Begründung des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG hat der Klage im Umfang von 994.462,70 EUR stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Bilanz zum 31.12.2001 habe der Kläger festgestellt. Damit stehe eine Darlehensforderung von 994.462,70 EUR fest. Erlöschenstatbestände seien vom Beklagten nicht hinreichend dargestellt. Insbesondere fehle ein ausreichender Vortrag zum Abschluss eines Erlassvertrages im Umfang von 1.480.000 EUR.

Gegen das Urteil wendet sich der Beklagte mit der Berufung. Er rügt, das LG habe es versäumt, ihm Gelegenheit zur Ergänzung seines Vortrages zu geben. Der Beklagte behauptet, der in der Bilanz zum 31.12.2002 dokumentierten Reduzierung der Darlehenssumme um 1.480.000 EUR habe ein Verzicht zugrunde gelegen, der in einem von ihm unterschriebenen und vom Zeugen W aufgesetzten Beschluss dokumentiert worden sei. Der Beklagte trägt zudem vor, der Kläger habe Steuerrückerstattungen erhalten, die zur Befriedigung aller Gläubiger ausreichend sei. Er meint, seine Inanspruchnahme sei deshalb rechtsmissbräuchlich.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil und legt dar, dass nach den Steuerrückerstattungen den Masseschulden von ca. 750.000 EUR Verbindlichkeiten von ca. 80.000 EUR gegenüberstünden.

B. Der Kläger kann gem. § 607 BGB in Verbindung mit der Bilanz zum 31.12.2001 die vom LG ausgeurteilte Summe fordern (I), diese Forderung ist nicht i.H.v. 1,48Mio EUR zum 31.12.2002 (II) und auch nicht durch andere Erfüllungshandlungen (III) erloschen. Schließlich handelt der Kläger nicht rechtsmissbräuchlich, indem er den Beklagten auf die Gesamtforderung in Anspruch nimmt (IV).

I. Anspruchsgrundlage: § 607 BGB in Verbindung mit der Bilanz zum 31.12.2001

Die im "Entwurf" geprüfte Bilanz zum 31.12.2001 ist die Grundlage der Klageforderung. Der Beklagte hat diese Bilanz als Bestandteil seiner Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht. Das reicht aus, um von einer festgestellten Bilanz auszugehen, die hinsichtlich der dort ausgewiesenen Forderung der Gesellschaft gegen den Beklagten als alleinigen Gesellschafter eine grundsätzlich bindende Festlegung enthält. Im Einzelnen:

1. Nach allgemeiner Meinung liegt in der Bilanzfeststellung die Festlegung der in der Bilanz ausgewiesenen innergesellschaftlichen Verbindlichkeiten, insb. der Ansprüche der Gesellschaft gegen den oder die Gesellschafter (OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 1455, 1457 m.w.N.). Für das GmbH-Recht wird dieser Grundsatz ergänzt durch § 42 Abs. 3 GmbHG, wonach Forderungen gegen Gesellschafter in der Bilanz als solche gesondert auszuweisen sind. Das ist hier geschehen. Für den Beklagten wurde bei der Schuldnerin das "Darlehenskonto ..." geführt.

2. Über die Bilanz als Teil des Jahresabschlusses (§ 242 Abs. 3 HGB) haben die Gesellschafter zu beschließen (§§ 42a Abs. 2 Satz 1, 46 Nr. 1 GmbHG), und zwar nachdem die Voraussetzungen des § 42a Abs. 1 GmbHG erfüllt wurden:

a) Nach § 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG ist zunächst ein Jahresabschluss durch den Geschäftsführer aufzustellen. Das ist durch den Beklagten geschehen, wie sich aus der Zuleitung des aufgestellten Jahresabschlusses an die Prüfer ergibt.

b) Ist der Jahresabschluss zu prüfen, ist ein Prüfbericht zu erstellen (§ 42a Abs. 1 Satz 2 GmbHG). Ein solcher Bericht liegt nur als "Entwurf" vor. Der "Entwurf" wurde aber zur endgültigen Fassung durch Bestimmung des Beklagten als Geschäftsführer der Schuldnerin. Eine entsprechende Bestimmung ist darin zu sehen, dass der Beklagte den "Entwurf" zur Grundlage seiner Steuererklärung gemacht hat und deshalb als endgültig akzeptierte.

Zudem unterlag die Schuldnerin keiner Prüfpflicht, da es sich bei ihr im Jahr 2001 um eine kleine Kapitalgesellschaft handelte, wie der Prüfer zutreffend feststellte (§§ 316 Abs. 1 Satz 1; 267 Abs. 1 HGB).

c) Eine Beschlussfassung hat grundsätzlich im Rahmen einer Gesellschafterversammlung zu erfolgen (§ 48 Abs. 1 GmbHG). Das gil...

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