Leitsatz (amtlich)

1. Durch Drohverlustrückstellungen werden die Restwertrisiken eines Leasinggeschäfts und damit sein Charakter als schwebendes Geschäft besser abgebildet als durch außerplanmäßige Abschreibungen. Bei Leasingverträgen sind daher Drohverlustrückstellungen i.S.v. § 249 Abs. 1 S. 1 2. Alt. HGB a.F. gegenüber außerplanmäßigen Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert i.S.v. § 253 Abs. 2 S. 3 HGB a.F. zu bevorzugen.

2. Das Verfahren nach § 324 HGB a.F. soll eine Meinungsverschiedenheit zwischen Gesellschaft und Abschlussprüfer im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einer schnellen Entscheidung zuführen. Der Streit darüber, ob ein Abschlussprüfer berechtigt ist, einen Bestätigungsvermerk einzuschränken oder zu versagen, kann indessen nicht in diesem Verfahren geklärt werden, da er schon aus tatsächlichen Gründen einer solchen schnellen gerichtlichen Entscheidung nicht zugänglich ist. Die Frage kann nur im streitigen Zivilprozess geklärt werden.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 26.02.2008; Aktenzeichen 14 O 1/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Essen vom 26. Februar 2008 (Aktenzeichen 14 O 1/03) teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die im Geschäftsjahr 2001 der Antragstellerin, das heißt im Zeitraum vom 01.10.2000 bis zum 30.09.2001, gebildeten Rückstellungen in Höhe von EUR Drohverlustrückstellungen im Sinne des § 249 Abs. 1 S. 1 2. Alt. HGB sind.

Im Übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.

Der Geschäftswert wird auf EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin, früher firmierend als A, betreibt das Leasinggeschäft. Im Geschäftsjahr 2000/2001 bestanden Leasingverträge, davon Vollamortisations- und Teilamortisationsverträge. Die Beschwerdegegnerin war deren Abschlussprüferin. Sie bestätigte den Jahresabschluss für das Wirtschaftsjahr vom 01.10.2000 bis zum 30.09.2001, der keine Rückstellungen für drohende Verluste aus Leasinggeschäften und keine Aufwandsrückstellungen enthielt, ohne Einschränkungen. Der Jahresabschluss wurde sodann durch die Gesellschafterversammlung festgestellt.

Zwischen der Beschwerdeführerin und der heute nicht mehr existierenden B bestand bis zum 30.09.2002 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zugunsten der B. Danach hatte die B Verluste der Beschwerdeführerin auszugleichen. Nach der Übernahme aller Anteile der Beschwerdeführerin durch die C zum 01.10.2002 wurde deren Konzernabschluss durch die D geprüft. Diese teilte der C mit, der Jahresabschluss der Beschwerdeführerin zum 30.09.2001 sei wegen unterlassener Rückstellungen für Restwertrisiken aus Leasingvertragen nichtig. Die Beschwerdeführerin stellte daraufhin die Nichtigkeit des Jahresabschlusses fest und erstellte einen neuen Jahresabschluss, in welchem sie Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften in Höhe von EUR auswies. In dieser Höhe wies sie aufgrund des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags gleichzeitig eine Ausgleichsforderung gegen die B aus.

Die Beschwerdeführerin legte der Beschwerdegegnerin den geänderten Jahresabschluss zur Prüfung vor. Die Beschwerdegegnerin kündigte daraufhin an, ihren Bestätigungsvermerk in zweifacher Hinsicht wie folgt einschränken zu wollen:

"Unsere Prüfung hat mit Ausnahme der folgenden Einschränkungen zu keinen Einwendungen geführt.

Für die teilweise am Ende der Leasingvertragslaufzeiten zu beobachtenden Buchverluste hat die Gesellschaft nach § 249 Abs. 1 S. 1 HGB eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften in Höhe von EUR gebildet. Nach unserer Auffassung handelt es sich bei dieser Rückstellungsbildung um eine Aufwandsrückstellung, so dass mit der Rückstellungsbildung das Wahlrecht nach § 249 Abs. 2 HGB neu ausgeübt worden ist.

Die gebildete Rückstellung spiegelt sich wesentlich in den Forderungen gegen verbundene Unternehmen wieder, deren Durchsetzbarkeit und Werthaltigkeit von uns nicht abschließend beurteilt werden kann."

Mit diesen Einschränkungen ist die Beschwerdeführerin nicht einverstanden und hat daher das vorliegende Verfahren nach § 324 HGB a.F. eingeleitet.

Die Beschwerdeführerin meint, für die drohenden Verluste aus der Veräußerung der Leasingobjekte nach Ablauf der Leasingvertragszeit sei eine Drohverlustrückstellung im Sinne von § 249 Abs. 1 S. 1 2. HS HGB zu bilden. Es gebe keinen Anlass, an der Werthaltigkeit und Durchsetzbarkeit ihrer Verlustausgleichsforderung gegen die B zu zweifeln, der eine Einschränkung des Bestätigungsvermerks rechtfertige. Insbesondere bestehe im Verhältnis zwischen ihr und der B kein Aufrechnungsverbot.

Die Beschwerdeführerin hat beantragt,

festzustellen, dass die im Geschäftsjahr 2001 der Antragstellerin, dass heißt im Zeitraum vom 01.10.2000 bis zum 30.09.2...

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