Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindung für GmbH-Anteile

 

Leitsatz (redaktionell)

Sind die Konkursgläubiger hinsichtlich der Verwertung des im Gesellschaftsanteil verkörperten Wertes wirtschaftlich nicht schlechter gestellt als der Gesellschafter, der ebenfalls zum Nennwert abzufinden wäre, dient die entsprechende Vertragsklausel nicht lediglich der Gläubigerbenachteiligung und ist nicht gem. § 138 BGB nichtig. Das gilt umsomehr, als der wahre Wert der Beteiligung auch unter dem Nennwert hätte liegen können; dann würde die Abfindung zum Nennwert die Konkursgläubiger begünstigen.

 

Normenkette

GmbHG § 15 Abs. 3; BGB § 138

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 02.10.1984; Aktenzeichen 14 O 264/84)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 2. Oktober 1984 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Wert der Beschwer: DM 17.723,49

 

Tatbestand

Der Kläger, Konkursverwalter einer Aktiengesellschaft, macht den Anspruch auf Auszahlung restlichen Abfindungsguthabens in Höhe von DM 17.723,49 nebst Zinsen für das Ausscheiden der Aktiengesellschaft aus einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geltend. Beklagte sind eine Kommanditgesellschaft, sowie deren persönlich haftender Gesellschafter. Die Aktiengesellschaft und die Kommanditgesellschaft waren alleinige Gesellschafter der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Es herrscht zwischen den Parteien Einvernehmen darüber, daß die Aktiengesellschaft aufgrund folgender Vorschrift des Gesellschaftsvertrages der Gesellschaft mit beschränkter Haftung aus dieser ausgeschieden ist:

§ 9 Ausscheiden

Ein Gesellschafter, der in Konkurs fällt oder über dessen Vermögen der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt wird, oder bei dem ein solcher Antrag mangels Masse abgelehnt wird, scheidet zu dem vorerwähnten Zeitpunkt aus. Sein Geschäftsanteil geht zu diesem Zeitpunkt auf den oder die anderen Gesellschafter zum Nennwert über.

Die Beklagten haben die Aufrechnung mit Gegenforderungen in Höhe der Klagforderung erklärt. Die – mittlerweile unbestrittenen – Gegenforderungen stehen teilweise der Kommanditgesellschaft, der Beklagten zu 1), und im übrigen deren persönlich haftendem Gesellschafter, dem Beklagten zu 2), zu und bestanden bereits vor Konkurseröffnung.

Der über die Gegenforderungen hinausgehende Anspruch auf Auszahlung des Abfindungsguthabens wurde von den Beklagten außerprozessual anerkannt, und zwar gemäß der zitierten Vertragsvorschrift berechnet nach dem Nennwert.

Einen Erwerb von Gesellschaftsanteilen zum Nennwert sah der Gesellschaftsvertrag noch in § 5 des Gesellschaftsvertrages vor: Danach war die beklagte KG verpflichtet, vor einer Abtretung oder Veräußerung ihres Gesellschaftsanteils diesen ihrer Mitgesellschafterin zum Nennwert anzubieten.

Der Kläger ist der Ansicht, die von den Beklagten erklärten Aufrechnungen verstießen gegen § 55 Nr. 1 KO.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da der Zeitpunkt, zu dem die Gesellschaftsanteile gemäß § 9 des Gesellschaftsvertrages übergegangen seien, vor dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung gelegen habe. Deshalb stehe § 55 KO der Aufrechnung nicht entgegen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, zu deren Begründung er sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft und insbesondere geltend macht, das Landgericht habe den § 9 des Gesellschaftsvertrages falsch ausgelegt.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Der Anspruch der Gemeinschuldnerin gegen die Beklagten auf Zahlung des restlichen Abfindungsguthabens ist durch Aufrechnungen der Beklagten zu 1) und des Beklagten zu 2) gem. § 389 BGB erloschen. § 55 Nr. 1 KO, wonach eine Aufrechnung im Konkursverfahren unzulässig ist, wenn jemand vor oder nach der Eröffnung des Konkurses eine Forderung an dem Gemeinschuldner erworben hat und nach der Eröffnung etwas zur Masse schuldig geworden ist, steht der Wirksamkeit der von den Beklagten erklärten Aufrechnung nicht entgegen. Der Abfindungsanspruch der späteren Gemeinschuldnerin bestand nämlich aufgrund der wirksamen Regelung in § 9 des Gesellschaftsvertrages als bedingter Anspruch bereits vor Konkurseröffnung. Für zur Zeit der Konkurseröffnung bedingt bestehende Forderungen ist die Aufrechnung gemäß § 54 Abs. 1 KO zulässig.

Im einzelnen:

1a) Die Formvorschrift des § 15 Abs. 3 GmbHG ist gewahrt; der Gesellschaftsvertrag ist notariell beurkundet.

b) Bei isolierter Betrachtung des § 9 des Gesellschaftsvertrages könnten Bedenken bezüglich der Wirksamkeit der darin getroffenen Vereinbarung über das Ausscheiden bestehen, weil eine Abfindung zum Nennwert ein nicht vollwertiges Entgelt für den Verlust der Gesellschaftsanteile darstellen könnte und daher eine Gläubigerbenachteiligung in Betracht zu ziehen ist, die gem. § 138 BGB zur Nichtigkeit führen kann. Diese Bedenken erweisen sich im Ergebnis als unbegründet.

Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung BGHZ 32, 151 (156) ausge...

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