Leitsatz

Die Kosten eines Zivilprozesses können unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen. Für die Abzugsfähigkeit von Prozesskosten ist allein entscheidend, ob der Steuerpflichtige, der die Kosten getragen hat, das Prozesskostenrisiko aus der ex ante Sicht mutwillig oder leichtfertig eingegangen ist.

 

Sachverhalt

Die Kläger haben ein Baugeschäft mit der Errichtung eines Fertighauskellers beauftragt. Da die Kläger Arbeiten zum Teil nicht bezahlt haben, wurden sie vom Baugeschäft verklagt. Mit einer Widerklage machten sie ihrerseits Ansprüche zur Mängelbeseitigung an dem errichteten Keller geltend. Vor dem LG haben die Kläger sowohl die Klage als auch die Widerklage für sich entschieden. Das vom Baugeschäft angestrengte Berufungsverfahren vor dem OLG führte zu einem Vergleich. Für das OLG-Verfahren haben die Kläger Gebühren für Rechtsanwälte i. H. v. 2.022 EUR bezahlt, die sie in der Steuererklärung 2004 als außergewöhnliche Belastungen angesetzt haben. Das Finanzamt ist dagegen der Meinung, dass die Prozesskosten nicht zwangsläufig gewesen seien.

 

Entscheidung

Die Klage ist begründet. Die Kosten eines Zivilprozesses können unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen. Voraussetzung für den Abzug als agB ist jedoch, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat. Zivilprozesskosten sind unausweichlich, wenn der Prozess aus Sicht eines verständigen Dritten hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Der Erfolg muss mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg. Demnach waren die Gebühren i. H. v. 2.022 EUR als agB anzuerkennen, da insbesondere aufgrund der aus Sicht des Klägers positiven Entscheidung der ersten Instanz hinreichende Aussicht auf Erfolg bestand. Für die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen spielt es dabei keine Rolle, dass sich der Kläger mit einem Vergleich einverstanden erklärt hat. Es ist allein entscheidend, ob der Steuerpflichtige das Prozesskostenrisiko aus der ex ante Sicht mutwillig oder leichtfertig eingegangen ist.

 

Hinweis

Das Urteil ist grundsätzlich zu begrüßen, da auch ein Vergleich nicht die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen als agB gefährdet. Allerdings ist zu kritisieren, dass das Gericht der Meinung ist, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten des Prozesses das zur Entscheidung berufene Gericht vorzunehmen hat. Hier wäre es naheliegend gewesen, auch die gutachterliche Einschätzung eines Rechtsanwalts gelten zu lassen.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 20.04.2012, 8 K 2190/09

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