rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Liebhaberei und künstlerische Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Anforderungen an das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht.
  2. Verluste während der Anlaufphase der beruflichen Tätigkeit können nur dann steuerlich nicht anerkannt werden, wenn aufgrund der Betriebsführung und der Entwicklung des Betriebes insgesamt eindeutig feststeht, dass das Unternehmen, so wie es vom Stpfl. betrieben wurde, vorn vornherein nicht in der Lage war, nachhaltig Gewinne zu erzielen.
  3. Reagiert ein Stpfl. auf eine Verlustperiode, in dem er erhebliche Umstrukturierungsmaßnahmen vornimmt, beginnt eine neue Anlaufphase.
  4. Bei einem Künstler spricht die Einrichtung eines Ateliers für eine Gewinnerzielungsabsicht.
 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, §§ 18, 2 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1991

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin als Künstlerin mit Gewinnerzielungsabsicht tätig war.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin, geboren im Jahre X, schloss im Jahre 1975 ihr Studium zur Dipl. Designerin ab, nachdem sie zuvor erfolgreich eine Lehre als Schaufenstergestalterin absolviert hatte. Ihr Ehemann war als Unternehmensberater tätig und erzielte Einnahmen von ca. 100.000 DM im Streitjahr bzw. in den Folgejahren etwas über 100.000 DM. Die Klägerin war seit Ende des Jahres 1987 als Bildhauerin, aber auch auf dem Gebiet der Malerei tätig und gab zusätzlich Malunterricht. Außerdem verkaufte sie gelegentlich Malbedarf an Schüler, dekorierte Apotheken-Schaufenstern, fertigte Puppen und Spielzeugbären zum Verkauf und führte später auch Händlerschulungen durch. Sie hatte zwischen 1988-1989 (mit kurzer Unterbrechung) und in den Jahren 1992-1995 ein Gewerbe für eine Tätigkeit als Schaufenstergestalterin angemeldet. Ab Ende des Jahres 1987 richtete sie ein eigenes Atelier in X ein. Sie schaffte für ca. 13.000 DM Einrichtungsgegenstände, Werkzeug, Fachliteratur und sonstige Arbeitsmaterialien an. Bereits im März 1989, nur einige Monate nach Abschluss der Einrichtungsarbeiten, zog sie mit ihrem Ehemann nach W, da der Kläger dort eine neue Stelle antrat. Im Juli 1991 mietete und bezog sie dort im Nachbarort ein 110 qm großes „Atelier”. In den Jahren 1992 und 1993 vervollständigte sie das Atelier mit eigener Galerie. Ab Juli 1995 arbeitete der Ehemann der Klägerin in Z. Erst im Mai 1996 bezog sie mit ihrem Ehemann ein Haus in Z, in dem ihr Räume für ein Atelier zur Verfügung standen. Bereits ab Februar 1995 verpackte die Klägerin ihre Arbeitsutensilien und lagerte sie ab Juli 1995 bei einer Spedition ein, so dass sie ab Juli 1995 nur noch eingeschränkt arbeiten konnte. Von 1996 bis zum Jahre 1998 richtete die Klägerin ihr neues Atelier in vollem Umfang neu her und arbeitet seit Mitte 1998 kontinuierlich in dem neuen Atelier in Z.

Im Einzelnen erklärte die Klägerin folgende Einkünfte:

Jahr

Einnahmen (DM)

Ausgaben (DM)

Einkünfte (DM)

1987

0,00

7.624,78

./. 7.624,78

1988

1.634,30

32.690,11

./. 31.055,81

1989

570,00

11.281,37

./. 10.711,37

1990

0,00

9.445,30

./. 9.445,30

1991

4.565,39

35.309,82

./. 30.744,43

1992

14.139,94

50.780,36

./. 36.640,42

1993

22.597,38

53.403,28

./. 30.805,90

1994

27.407,56

25.968,45

+ 1.439,11

1995

14.475,00

32.427,48

./. 17.952,48

1996

11.988,44

44.177,26

./. 32.188,82

1997

23.438,27

27.645,72

./. 4.207,45

1998

35.741,76

22.312,79

+ 13.428,97

1999

14.375,02

31.346,39

./. 16.971,37

2000

14.662,00

25.796,00

./. 11.134,00

2001

16.998,62

30.146,09

./. 13.147,47

Summe

./. 237.761,41 DM

Die Klägerin machte die seit 1987 angefallenen Verluste als negative Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit geltend. Das Finanzamt erkannte die Einkünfte zunächst vorläufig (§ 165 AO) an, änderte die Bescheide dann aber, da die Klägerin nach Auffassung des Finanzamtes nicht in der Absicht, Gewinne zu erzielen, tätig gewesen sei.

Gegen die Änderungsbescheide richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, die Tätigkeit der Klägerin sei keine sog. Liebhaberei. Über eine Totalperiode habe die Klägerin einen Totalgewinn erwarten könne. Die Verluste in den Anfangsjahren 1988 bis 1993 seien in erster Linie durch hohe anfängliche Aufwendungen, insbesondere für die Einrichtung des Ateliers, in Höhe von ca. 73.000 DM entstanden. Insgesamt habe die Klägerin in wenigen Jahren drei vollständige Ateliers einrichten müssen und hierdurch außerordentlich hohe Anlaufkosten gehabt.

Darüber hinaus habe die Klägerin durch ihre Arbeitsleistung Werte in erheblicher Größenordnung, geschaffen. Der Gesamtwert dieser Werke habe im Jahr 1998 mindestens 100.000 DM, zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ca. 189.000 Euro betragen.

Bei der Prognoseberechnung seien außerordentliche Ereignisse, die sich künftig voraussichtlich nicht wiederholen würden, auszuscheiden. Unter Berücksichtigung der umzugs- und einrichtungsbedingten Aufwendungen sowie des vorhandenen Vorratsvermögens ergebe sich aber ein Totalgewinn, zumal eine Tätigkeit in W ma...

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