rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld und Beendigung der universitären Ausbildung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Universitätsstudium ist i.d.R. erst in dem Zeitpunkt abgeschlossen, in dem eine nach dem einschlägigen Prüfungsrecht vorgesehene Prüfungsentscheidung ergangen ist.
  2. Erst mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse ist die universitäre Ausbildung beendet. Das gilt auch dann, wenn sich die Bekanntgabe erheblich verzögert (gegen DA 63.3.2.6 Abs. 4 Satz 11).
  3. Nimmt das Kind vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses aber nach Erbringung aller Prüfungsleistungen bereits eine Vollzeiterwerbstätigkeit auf, ist die universitäre Ausbildung bereits dann beendet.
 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2a, § 63 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Klägerin für ihren volljährigen Sohn Kindergeld für den Zeitraum April bis Oktober 1996 zusteht, weil sich dieser noch in Ausbildung befand.

Die Klägerin ist Mutter zweier volljähriger Kinder. Ihr am 23. Februar 1971 geborene Sohn S war bis zum Wintersemester 1996/1997 an der Universität K für das Studienfach Wirtschaftsingenieur eingeschrieben. Bereits am 28. März 1996 gab er seine Diplomarbeit als abschließende Prüfungsleistung ab. Die Arbeit konnte jedoch nicht zeitnah beurteilt werden, weil die Universität die Anrechnung von anderen Prüfungsleistungen klären mußte. Das Ergebnis der Diplomarbeit wurde ihm am 28. Oktober 1996 mündlich durch den beurteilenden Professor mitgeteilt. Sowohl das Hauptdiplom-Zeugnis als auch die Diplomurkunde übersandte ihm die Universität erst im März 1997. Die Diplomurkunde war jedoch auf den 28. März 1996 ausgefertigt.

Während des Jahres 1996 erzielte S Einkünfte von insgesamt 16.359 DM, von denen er bis einschließlich Oktober 1996 8.372,42 DM erwirtschaftete. Im Dezember 1996 meldete er eine Gewerbebetrieb an und widmete sich voll dieser Tätigkeit. Im Dezember erzielte er dann Einnahmen von 14.149 DM, denen Ausgaben von 5.224,75 DM gegenüberstanden. Im November hatte er keine Einnahmen erzielt.

Für S hatte die Klägerin zunächst bis einschließlich November 1996 Kindergeld erhalten. Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids für 1996, aus dem sich ergab, dass S im Kalenderjahr Einkünfte in Höhe von 16.359 DM erzielt hatte, hob der Beklagte (das Arbeitsamt – Familienkasse -) die Kindergeldfestsetzung für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. November 1996 auf und forderte das überzahlte Kindergeld von 2.200 DM von der Klägerin zurück. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Im Klageverfahren hat die Familienkasse den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid geändert und für Januar bis März 1996 Kindergeld gewährt, weil sich S in dieser Zeit noch in Ausbildung befunden und nur geringe Einkünfte erzielt habe. Den geänderten Bescheid hat die Klägerin gemäß § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Mit der Klage vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, dass ihr Kindergeld auch für die Zeit von April 1996 bis einschließlich Oktober 1996 zustehe, weil S sich noch in Ausbildung befunden habe und die Einnahmen von 8.372,42 DM die schädliche Einkommensgrenze von 10.000 DM nicht überstiegen. Ihr – der Klägerin - stünde Kindergeld für die Zeit der Ausbildung des Sohnes zu. Diese sei erst mit der offiziellen Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses am 28. Oktober 1996 abgeschlossen gewesen. Es sei dabei unerheblich, dass die Diplomurkunde auf den 28. März 1996 datiert worden sei. Entscheidend sei allein, dass S sich erst nach der Mitteilung des Prüfungsergebnisses hätte bewerben und seine Fähigkeiten nachweisen können. Zwar habe S seit März 1996 nicht mehr am Studienbetrieb teilgenommen. Ohne das Vorliegen entsprechender Zeugnisse könne die Ausbildung jedoch nicht als abgeschlossen angesehen werden. Auch sei es unschädlich, dass das Ergebnis erst nach einer längeren Wartezeit mitgeteilt worden sei. Daran treffe S kein Verschulden. Daher könne dieser Umstand keinen Einfluss auf die Kindergeldberechtigung haben.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Ausbildung sei bereits am 28. März 1996 abgeschlossen gewesen. Auf dieses Datum sei die Diplomurkunde ausgestellt. Die Mitteilung des Prüfungsergebnisses vom 28. Oktober 1996 sei unter Berücksichtigung der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs (DA 63.3.2.6 Abs. 11 Satz 3) irrelevant, weil sie nicht schriftlich erfolgt sei. Darüber hinaus sei die Unterrichtung über das Prüfungsergebnis in unangemessener Weise verzögert worden, so dass nach der DA 63.3.2.6 Abs. 11 Satz 4 die Ausbildung auch aus diesem Grund mit Ableistung der letzten Prüfungsleistung am 28. März 1996 geendet habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Klägerin steht auch für die Zeit von April 1996 bis Oktober 1996 Kindergeld zu, weil sich ihr Sohn S in dieser Zeit noch in Ausbildung befand, so dass der angefochtene Kindergeldaufhebungs- und Rückforderungsbescheid rechtswidrig ist.

Für ein Kind, das das 18. aber noch...

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