vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 9/18 )]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Personenbeförderung durch Pferdekutschen ermäßigter Steuersatz?

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Personenbeförderung mittels Pferdekutschen auf einer Insel fällt nicht unter § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG.

2. Pferdekutschen sind keine Taxis i. S. der vorgenannten Norm.

3. Unter dem”Verkehr mit Taxen“ ist nur die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen zu fassen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithält und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführt.

4. Beförderungen mit einem Pferdefuhrwerk fallen darunter nicht.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 10

 

Streitjahr(e)

2015, 2016

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 13.11.2019; Aktenzeichen V R 9/18)

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob Personenbeförderungen auf der autofreien Insel Juist durch die Klägerin in den Streitjahren 2015 und 2016 mithilfe von Pferdekutschen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegen.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz auf der Ferieninsel J. Von dort aus betreibt sie seit ihrer Gründung Anfang 2015 ein Speditionsunternehmen, das Beförderungsleistungen von Personen, Gepäck und sonstigen Waren anbietet. Weil auf der Insel der Betrieb von Autos und auch anderen Kraftfahrzeugen untersagt ist, müssen Gäste, Einheimische und z. B. auch Lebensmittel, Möbel und Baumaterialien durch Pferdefuhrwerke transportiert werden (vgl. www….). Die Klägerin unterhielt im Streitzeitraum insgesamt zehn bis elf Kutschen mit Pferdebespannung. Vier dieser Kutschen waren wegen ihrer Aufbauten nur geeignet zum Transport von Waren. Die übrigen Gefährte dienten der Beförderung von Personen.

Nach ihrem Internetauftritt (www….) bietet die Klägerin folgende Leistungen gegenüber Personen an: Zum einen unterhält sie ein sogenanntes Inseltaxi, dass auf individuelle Bestellung Gäste vom Flughafen der Insel zu ihrem Feriendomizil und auch wieder zurück bringt. Mit Voranmeldung können auch Kutschen für andere Fahrten gebucht werden, von der Hochzeitgesellschaft bis zur exklusiven Business-Fahrt für Eilige mit flexiblen Lösungen für die unterschiedlichsten Gelegenheiten und Gruppengrößen. Schließlich können die Gäste auch auf einer vorher festgelegten Rundfahrt auf der Insel am Wattenmeer entlang durch den Nationalpark im traditionellen Planwagen eine Rundfahrt mit einem Aufenthalt an der Domäne Bill unternehmen oder auch andere Ausflugsfahrten zu den schönsten Plätzen der Insel buchen.

In ihrer Umsatzsteuererklärung für 2015 und den monatlichen Voranmeldungen für die Monate Januar bis Dezember 2016 gab die Klägerin ihre Umsätze aus der Beförderung von Waren bei denen zum allgemeinen Steuersatz an. In der Zeit von März bis Mai 2017 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Streitzeitraum durch. Der Sonderprüfer stellte dabei fest, dass die Erlöse aus allen Personenbeförderungen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterworfen worden waren. Er ging davon aus, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG nicht erfüllt seien. Es würden zwar Personen befördert, nicht aber mit Kraftfahrzeugen oder Taxen. Ein Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen könne nur mit Kraftomnibussen oder mit Personenkraftwagen, in besonderen Fällen auch mit Lastkraftwagen unterhalten werden (Abschn. 12.13. Abs. 4 Satz 4 Umsatzsteuer-Anwendungserlass 2016/17 - UStAE). Zudem habe die Klägerin keine Genehmigung vorgelegt. Ein Verkehr mit Taxen setze demgegenüber der § 47 Abs. 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) die Beförderung von Personen mit Personenkraftwagen, die der Unternehmer an behördlich zugelassenen Stellen bereithalte und mit denen er Fahrten zu einem vom Fahrgast bestimmten Ziel ausführe, voraus (Abschn. 12.13. Abs. 7 UStAE). Eine Ausnahmeregelung für einen Kutschenbetrieb auf einer autofreien Insel lasse das Gesetz nicht zu. Der Sonderprüfer nahm die in dem Streitzeitraum erzielten Bruttoerlöse und rechnete die Umsatzsteuer zum allgemeinen Steuersatz aus ihnen heraus, die bislang erklärten Umsätze zum ermäßigten Steuersatz kürzte er im Gegenzug auf 0 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht des Beklagten vom 29. Mai 2017 über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung zur StNr. 62/200/13666; AD-Nr. 592-03/2017 USt hingewiesen. Der Beklagte folgte der Auffassung des Sonderprüfers und erließ am 14. Juli 2017 einen Umsatzsteuerbescheid für 2015 und Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Januar bis Dezember 2016.

Gegen diese Verwaltungsakte erhob die Klägerin am 21. Juli 2017 Einspruch. Ihre Kutschen könnten ohne Weiteres als Taxis i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG verstanden werden, weil das Gesetz die Antriebsart der eingesetzten Gefährte nicht näher regele. Der Gesetzgeber habe mit der Privilegierung den öffentlichen Personennahverkehr fördern wollen, dieses Ziel sei in...

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