rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für den Erlass eines Ergänzungsbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zur Vollstreckung i. S. des § 278 Abs. 1 AO nach Aufteilung einer Gesamtschuld.
  2. Zur Durchbrechung der Vollstreckungsbeschränkung in § 278 Abs. 1 AO durch die Regelung in Abs. 2 der Vorschrift.
  3. § 278 Abs. 2 AO zielt darauf, eine Beeinträchtigung der Vollstreckungsmöglichkeiten durch eine Vermögensverschiebung zwischen Gesamtschuldnern i. S. des § 268 AO in Fällen einer Vollstreckungsbeschränkung nach § 278 Abs. 1 AO zu vermeiden. Daher ist ein auf § 278 Abs. 2 AO gestützter (Ergänzungs-)Bescheid, der Art und Umfang der Inanspruchnahme festlegt, zulässig.
 

Normenkette

AO § 278

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 01.07.2009; Aktenzeichen VII B 78/09)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist verheiratet und wurde für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 2000 mit ihrem Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2001 wurde mit Bescheid vom 20.11.2000 festgesetzt. Die Bescheide sind bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 22. März 2001 beantragte die Klägerin, die Steuerschulden rückwirkend seit 1993 aufzuteilen. Daraufhin erließ der Beklagte am 25.04.2001 Aufteilungsbescheide für die Veranlagungszeiträume 1993 bis 1998 und 2000 sowie für die Einkommensteuervorauszahlung für das erste Quartal 2001. Die Aufteilungsbescheide sind bestandskräftig. Für den Veranlagungszeitraum 1999 wurde kein Aufteilungsbescheid erlassen, weil zum Zeitpunkt des Antrags am 22.03.2001 noch kein Jahressteuerbescheid erlassen worden war und die Rückstände aus dem Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 1999 zum Zeitpunkt der Antragstellung am 22.03.2001 bereits vollständig getilgt waren. Für das Jahr 1998 wurde am 7.3.2008 ein berichtigter Aufteilungsbescheid erlassen.

Am 01.10.2001 wurde über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 30.10.2006 wurde es gemäß § 200 InsO aufgehoben. Eine Restschuldbefreiung wurde nicht gewährt. Mit Schreiben vom 6.4.2006 teilte der Beklagte der die Klägerin und ihren Ehemann vertretenden Steuerberatungsgesellschaft hinsichtlich der auf den Ehemann entfallenden Forderungen mit, „dass diese aufgrund des Insolvenzverfahrens vollständig niedergeschlagen” seien. In Bezug auf die Klägerin wurde ausgeführt, dass sie ohne Säumniszuschläge nur Steuern einschließlich Annexsteuern in Höhe von 6.644 € schulde.

Am 05.12.2006 hatte der Ehemann der Klägerin von seiner Stiefmutter Inhaber-Schuldverschreibungen sowie Forderungen aus Guthaben bei der Nord/LB geerbt. Die Inhaber-Schuldverschreibungen veräußerte er und zahlte den Veräußerungserlös in Höhe von 170.051,06 € auf das Konto der Klägerin ein. Nachdem der Beklagte davon Kenntnis erhalten hatte, erließ er gemäß § 278 Abs. 2 AbgabenordnungAO – am 23.07.2007 einen Ergänzungsbescheid gegen die Klägerin. Der dagegen eingelegte Einspruch der Klägerin war erfolglos. Hiergegen richtet sich die Klage.

Die Klägerin macht geltend, der Ergänzungsbescheid vom 23.07.2007 sei rechtswidrig, weil ihr Ehemann den Betrag von 170.051,06 € nicht i.S.d. § 278 Abs. 2 AO auf sie übertragen habe. Eine Vermögensübertragung im Sinne dieser Regelung setze die Verschaffung von Eigentum voraus. Eigentum an dem Geld sei ihr von ihrem Ehemann nicht verschafft worden. Sie sei auch nicht berechtigt, über das Geld zu verfügen. Das Geld sei nur deshalb auf ihr Konto eingezahlt worden, weil ihr Ehemann aufgrund des Insolvenzverfahrens kein eigenes Konto gehabt habe. Die Verschaffung von Eigentum sei damit nicht gegeben. Unabhängig davon könne der Beklagte keine Ansprüche mehr geltend machen, weil er offiziell mitgeteilt gehabt habe, dass die Steueransprüche ihres Ehemannes niedergeschlagen und Vollstreckungsmaßnahmen nicht mehr beabsichtigt seien. Sie dürften daher nach Treu und Glauben nicht mehr erhoben werden. Das gelte unabhängig davon, dass nach dem Ergebnis der Abrechnungsverhandlungen der letzen Monate mit dem Beklagten sie unter Berücksichtigung der Berichtigungsbescheide für 1998 und ohne Berücksichtigung von Säumniszuschlägen, der Niederschlagung und sonstiger Rechtfragen noch Einkommen- und Annexsteuern in Höhe von 11.917,69 € und ihr Ehemann in Höhe von 23.039,72 € schulde. Außerdem sei Zahlungsverjährung eingetreten. Der Geltendmachung der Steueransprüche stünde ferner entgegen, dass in der in dem Ergänzungsbescheid ausgewiesenen Forderung von 145.807,29 € auch Steuerschulden von ihr enthalten seien. § 278 Abs. 2 AO erhöhe ihre Steuerschuld nicht, selbst wenn der Betrag auf sie übertragen worden wäre. Trotz der für die Jahre 1993 bis 2001 ergangenen Aufteilungsbescheide habe der Beklagte zu keiner Zeit getrennte Konten oder Rückstandsanzeigen für sie als Eheleute geführt. Säumniszuschläge könnten schon deshalb nicht geltend gemacht werden, weil ihr Ehemann während des Insolvenzverfahrens keinen Einfluss auf Zahlungen gehabt habe. Im Übrigen lasse der Ergänzungsbescheid nicht erkennen, dass Steuerschulden ...

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