vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Anforderungen an die Entkräftung des für die Privatnutzung eines Pkw sprechenden Anscheinsbeweises

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die sog. 1 %-Methode ist eine grds. zwingende, grob typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung. Der Stpfl. kann deren Anwendung nur durch substantiierten Nachweis der privat veranlassten Kfz-Kosten vermeiden.
  2. Nach dem Beweis des ersten Anscheins werden betriebliche Fahrzeuge auch privat mitbenutzt, wenn eine solche Mitbenutzung möglich ist.
  3. Die bloße Behauptung, der betriebliche Pkw werde nicht für Privatfahrten genutzt, reicht nicht aus, um die Anwendung der 1 %-Methode auszuschließen.
  4. Der für eine auch private Kfz-Nutzung sprechende Anscheinsbeweis kann entkräftet oder erschüttert werden. Die Frage, ob das der Fall ist, ist dem Bereich der Beweiswürdigung zuzuordnen.
  5. Zu den Einzelheiten der Beweiswürdigung.
 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Streitjahr(e)

1996, 1997, 1998, 1999

 

Tatbestand

Streitig ist der Ansatz eines Privatanteils nach der sogenannten 1 %-Regelung für die Privatnutzung eines zum Betriebsvermögen gehörenden Personenkraftwagens.

Die Kläger sind Ehegatten und wurden in den Streitjahren 1996 bis 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger erzielte im Streitjahr 1996 gewerbliche Einkünfte aus einem Einzelunternehmen für Werkstatteinrichtungen. Ab dem Streitjahr 1997 war er als selbstständiger Handelsvertreter tätig und vertrieb Sonnen- und Designerbrillen. Die in den Einkommensteuererklärungen der Streitjahre angesetzten gewerbliche Gewinne übernahm der Beklagte für die Veranlagungen unverändert. Der Kläger ermittelte dabei den gewerblichen Gewinn durch Einnahme/Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Nach den Angaben in der Gewinnermittlung für das Streitjahr 1997 erfolgte zum 1. Januar 1997 die Einlage eines PKW des Typs SAAB 9000 in das Betriebsvermögen. Hierbei handelte es sich um den einzigen betrieblichen PKW. Eine private Kfz-Nutzung berücksichtigte der Kläger in den Gewinnermittlungen der Streitjahre nicht.

In der Zeit vom 22. Juli bis zum 27. August 2002 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch. Hierbei wurde festgestellt, dass der PKW bereits seit dem Erwerb am 30. Oktober 1996 dem notwendigen Betriebsvermögen des Klägers zugeordnet werden musste. Außerdem wurde bei den geänderten Ermittlungen der Gewinne für die Streitjahre die private Nutzung des PKW nach der Pauschalregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG berücksichtigt. Die anzusetzende Nutzungsentnahme lag in den Streitjahren jeweils unterhalb der in den Gewinnermittlungen ausgewiesenen Kfz-Kosten. Der Kläger konnte für die Streitjahre 1996 bis 1999 kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorlegen. Er hatte zwar über seine Außendiensttätigkeit Aufzeichnungen geführt. Aus den wöchentlich geführten Aufzeichnungen, die als Reisekostenabrechnungen bezeichnet wurden, waren das Datum des jeweiligen Reisetages, die gefahrenen Kilometer, der Beginn und das Ende der Reisetätigkeit, der Standort bei Beginn der Reise, das Reiseziel und die Angaben zu den Tagesspesen sowie zu den sonstigen Reisekosten ersichtlich. Die Reisekostenabrechnungen enthielten aber weder Angaben über den Zweck der Reise noch über die aufgesuchten Geschäftspartner.

Gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide für 1997 bis 1999 vom 11. Oktober 2002 und die entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide 1996 bis 1999 legten die Kläger bzw. der Kläger mit Schreiben vom 30. Oktober 2002 Einsprüche ein, die jedoch keinen Erfolg hatten.

Mit den vorliegenden Klagen verfolgen die Kläger ihr Begehren aus den Einspruchsverfahren weiter. Zur Begründung wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Ein pauschaler Nutzungswert nach der 1 %-Regelung sei nicht anzusetzen, da es sich um ein ausschließlich betrieblich genutztes Kraftfahrzeug handele. Der Nachweis der fehlenden Privatnutzung könne dabei durch jedes zulässige Beweismittel einschließlich des Zeugenbeweises geführt werden. Vorliegend spreche der maßgebliche Beweis des ersten Anscheins gegen eine private Nutzung des betrieblichen PKW. Dem Kläger hätten für die private Nutzung ein eigener PKW (Opel Rekord, Oldtimer) und ein Motorrad (Harley) zur Verfügung gestanden. Auch die Klägerin habe über ein eigenes Fahrzeuge (Audi 80 Cabrio) verfügt. Diese Fahrzeuge seien für die Erledigung sämtlicher Privatfahrten genutzt worden. Der betriebliche PKW sei für die private Nutzung, beispielsweise für Urlaubsfahrten, nicht geeignet, da er vorwiegend dem Transport diene und regelmäßig unsauber sei. Außerdem habe der Kläger die ausschließlich betriebliche Nutzung durch Aufzeichnungen nachgewiesen. Der Ansatz eines Privatanteils verstoße im Übrigen gegen das Prinzip der Übermaßbesteuerung. Für die Entkräftung des für eine Privatnutzung sprechenden Beweises des ersten Anscheins sei nicht erforderlich, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt werde. Es genüge vielmehr, dass die ernstliche Möglich...

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