vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit dem Körperschaftsteuerguthaben i.S. des § 37 Abs. 5 KStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen der Aufrechnung gemäß § 226 AO i.V.m. § 389 BGB.
  2. Bestanden die zur Aufrechnung sich gegenüberstehenden Forderungen des Schuldners und eines Insolvenzgläubigers bereits im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist der Insolvenzgläubiger – über § 94 InsO hinaus – nach § 95 Abs. 1 InsO auch zur Aufrechnung befugt, wenn die Aufrechnungslage erst während des Insolvenzverfahrens eintritt.
  3. Ist der Steuererstattungsanspruch vor Insolvenzeröffnung im insolvenzrechtlichen Sinne bereits entstanden, so geht § 95 Abs. 1 InsO dem § 96 Nr. 1 InsO vor.
 

Normenkette

KStG § 37 Abs. 5; AO § 226; InsO §§ 94-96

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer vom Beklagten durchgeführten Aufrechnung von Insolvenzforderungen mit einem Körperschaftsteuerguthaben.

Der Kläger ist gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter über das Vermögen der S. GmbH. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts St. vom 31. Dezember 2003 (Az. XY) eröffnet. Die vom Beklagten geltend gemachten Insolvenzforderungen wurden in Höhe von 328.241,92 EUR anerkannt und zur Tabelle festgestellt. Zuvor hatte der Beklagte mit Bescheid vom 27. November 2003 Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 2001 gesondert festgestellt und dabei das Körperschaftsteuerguthaben gemäß § 37 Abs. 1 KStG in Höhe von 72.280,00 DM (dies entspricht 36.956,00 EUR) ermittelt. Mit Bescheid vom 7. Oktober 2008 setzte der Beklagte den Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG auf 36.956,00 EUR fest. Gleichzeitig wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Auszahlung des Guthabens auf zehn Jahre beginnend ab dem Jahre 2008 verteilt werde. Die Höhe dieses Guthabens ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die erste Rate für das Jahr 2008 in Höhe von 3.695,60 EUR zahlte der Beklagte an den Kläger zur Insolvenzmasse aus.

Mit Schreiben vom 28. September 2009 rechnete der Beklagte zunächst die zur Auszahlung anstehende Jahresrate 2009 des Körperschaftsteuerguthabens von 3.695,60 EUR mit folgenden Insolvenzforderungen in gleicher Höhe auf:

Lohnsteuer 09/2003

625,25 EUR

Lohnsteuer 10/2003

2.461,16 EUR

Lohnsteuer 11/2003

114,50 EUR

Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer 09/2003

349,46 EUR

Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer 10/2003

98,80 EUR

Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer 12/2003

46,43 EUR

Der Kläger erklärte sich mit der folgenden Aufrechnung nicht einverstanden und beantragte mit Schreiben vom 30. September 2009 die Erteilung eines Abrechnungsbescheides. Im daraufhin mit Datum vom 8. Oktober 2009 ergangenen Abrechnungsbescheid erweiterte der Beklagte die Aufrechnung des Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 33.260,40 EUR auch auf die Lohnsteuerforderung 09/2003 in Höhe von 9.106,14 EUR und auf die Umsatzsteuerforderung 09/2003 in Höhe von 21.083,91 EUR und lehnte die Auszahlung der Jahresrate 2009 des Körperschaftsteuerguthabens ab.

Gegen den Abrechnungsbescheid legte der Kläger form- und fristgerecht Einspruch ein. Dieser hatte allerdings keinen Erfolg; der Beklagte wies diesen durch Einspruchsbescheid vom 29. Oktober 2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung äußerte der Beklagte die Ansicht, die Voraussetzungen für eine Aufrechnung nach §§ 226 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO), 387 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) lägen vor. Insbesondere stünde das eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. GmbH der Aufrechnung nicht entgegen. Denn der Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sei insolvenzrechtlich bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden.

Hiergegen richtet sich die vom Kläger am 17. November 2009 erhobene Klage, mit der dieser die Aufhebung des Abrechnungsbescheides begehrt. Zur Begründung seiner Klage äußert er die Auffassung, der Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sei nach der Regelung des § 37 Abs. 5 Satz 2 KStG erst mit Ablauf des 31. Dezember 2006 entstanden und zu diesem Zeitpunkt auch insolvenzrechtlich begründet. Da zu diesem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. GmbH bereits eröffnet gewesen sei, stehe dieser Anspruch nach § 96 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) nicht zur Aufrechnung mit Insolvenzforderungen zur Verfügung. Diese Auffassung werde auch von Teilen der Finanzverwaltung vertreten.

Der Kläger beantragt,

den Abrechnungsbescheid vom 8. Dezember 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner im Einspruchsbescheid vertretenen Rechtsauffassung fest und verweist insoweit auf die dortigen Ausführungen. Ergänzend äußert er die Ansicht, maßgeblich für das Begründetsein von Erstattungsansprüchen sei nicht die Entstehung der Steuervergütung im Sinne des § 38 AO, sondern der...

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