Entscheidungsstichwort (Thema)

Durchgangszimmer zum Badezimmer als Arbeitszimmer. Einkommensteuer 1993. Arbeitszimmer/Werbungskosten trotz Durchgangszimmer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Der Umstand, dass ein Arbeitszimmer auch als Durchgangszimmer genutzt wird, steht dem Werbungskostenabzug nicht entgegen.
  2. Muss ein Arbeitszimmer durchquert werden, um ins Badezimmer zu gelangen, führt das noch nicht – typisierend – zu einer nicht unerheblichen privaten Mitbenutzung des Arbeitszimmers.
  3. Ist das Arbeitszimmer nur zu einem Raum ein Durchgangszimmer, muss nach den Umständen des Einzelfalls gewichtet werden, ob der Raum so gut wie ausschließlich beruflich genutzt wird. Die bloße Tatsache, dass das Arbeitszimmer kurz durchquert werden muss, um ins Badezimmer zu gelangen, führt zu keiner privaten Mitbenutzung von nicht nur weit untergeordneter Bedeutung.
 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.10.2002; Aktenzeichen VI R 28/98)

 

Tenor

Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 22. Mai 1995 wird die Einkommensteuer mit 3.284,00 DM festgesetzt.

Der Beklagte hat die Kosten zu tragen.

Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenvorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der Kostenerstattung abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Abzug von Werbungskosten für ein Arbeitszimmer, das Durchgangszimmer zum Badezimmer ist.

Der Kläger ist von Beruf Polizeimeister und als Ausbilder in der Landespolizeischule … tätig. Im Streitjahr wohnte er zusammen mit seiner Ehefrau, von Beruf Hausfrau, und dem am 24.06.1992 geborenen Sohn D. in einer 85 m² großen 5-Zimmer-Mietwohnung in G..

In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres machten die Kläger u.a. anteilige Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Klägers in Höhe von 1.228 DM (anteilige Miet-, Nebenkosten und Hausratversicherung) als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Das Arbeitszimmer ist 10 m² groß (flächenanteilig 11,76 %) und ausweislich der eingereichten Skizze mit drei offenen Schränken mit Büchern und Computerzubehör, Computertisch mit PC und Drucker und Sekretär sowie einer Grünpflanze eingerichtet. Das hinter dem Arbeitszimmer liegende Badezimmer kann nur durch das Arbeitszimmer erreicht werden. Auf die eingereichten Grundriß- und Einrichtungsdarstellungen wird Bezug genommen.

Zur beruflichen Nutzung des Zimmers erläuterte der Kläger: Er sei als Ausbilder an der Landespolizeischule Niedersachsen für die Ausbildung im Grundausbildungs- und in weiterführenden Lehrgängen verantwortlich. Ferner führe er administrative Aufgaben in diesem Bereich durch. Im Arbeitszimmer erstelle er Unterrichtsunterlagen, Stundenübersichten und -plane, Lehrgangsplanungen, Notenberechnungsformulare und Ablaufpläne. Dazu nutze er das Arbeitszimmer durchschnittlich zwei Stunden am Tag. Dazu fügte der Kläger eine entsprechende Bescheinigung der Landespolizeischule … vom 25.01.1994 bei. Im einzelnen wird auf die eingereichten Erklärungen, nebst Anlagen, Bezug genommen.

Im Einkommensteuerbescheid vom 13. Juli 1994 berücksichtigte das FA die Aufwendungen nicht. Das Arbeitszimmer sei nicht so deutlich vom Wohnbereich abgegrenzt, daß eine mehr als nur geringfügige private Nutzung ausgeschlossen werden könne. Ein Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten/Betriebsausgaben habe daher nicht erfolgen können (Durchgangszimmer zum Bad). Auf den Bescheid nebst Anlage wird Bezug genommen.

Mit ihrem Einspruch gegen den Bescheid machten die Kläger geltend, in der Durchquerung des Arbeitszimmer liege eine nur ganz untergeordnete und damit unschädliche private Mitbenutzung. In der Hauptsache werde das Bad dann benutzt, wenn das Arbeitszimmer nicht benutzt werde, z.B. morgens früh und teilweise abends. Das Badezimmer sei vom Flur aus nicht erreichbar, weil sich an der Wand zum Flur hin Armaturen für die Versorgung und Entsorgung aus bautechnischen Gründen befänden. Die geringe private Mitbenutzung folge auch daraus, daß das Arbeitszimmer nur zum Erreichen eines Raumes benutzt werde, nicht für mehrere Räume. Auf die Schreiben vom 18.07.1994 und 23.02.1995 wird Bezug genommen.

Das FA wies den Einspruch insoweit zurück. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer könnten nicht als Werbungskosten anerkannt werden, weil es als Durchgangszimmer durchquert werden müsse, um andere private Räume zu erreichen. Eine nahezu ausschließlich berufliche Nutzung des Arbeitszimmers liege somit nicht vor.

Die Kläger könnten nicht glaubhaft darlegen, daß das Arbeitszimmer nicht nur unwesentlich privat mitbenutzt werde. Die Angaben der Kläger, das Bad nur morgens und teilweise abends zu nutzen, widersprächen jeder Lebenserfahrung, wobei erschwerend hinzukomme, daß zu ihrem Haushal...

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