vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld bei  verheiratetem Kind

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen für die Kindergeldgewährung nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 EStG.
  2. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht nur für Kalendermonate, in denen wenigsten an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen haben.
  3. Bei einem volljährigen Kind müssen neben der „erstmaligen” Berufsausbildung keine weiteren Anspruchsvoraussetzungen für den Kindergeldanspruch erfüllt sein. Die Anspruchsvoraussetzungen ergeben sich abschließend aus § 32 Abs. 4 EStG.
  4. Mit dem Wegfall des Jahresgrenzbetrags für eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes zum 1.1.2012 kann der Kindergeldanspruch für ein verheiratetes Kind nicht mehr mit der Begründung verneint werden, das Kind habe einen vorrangigen Unterhaltsanspruch gegenüber seinem Ehegatten.
 

Normenkette

EStG § 63 Abs. 1 Nr. 1; EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Streitjahr(e)

2013

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für das Kind D für den Zeitraum ab Januar 2012 aufheben durfte.

Der Kläger ist der Kindergeldberechtigte für das Kind D (geb. am xx. xx 1990).

D heiratete am xx. xx 2010.

Das Kind besuchte bis zum 31. Juli 2010 das Fachgymnasium Wirtschaft. Am 1. August 2010 begann D eine Ausbildung als Bankkaufmann. Nach dem Ausbildungsvertrag endete das Ausbildungsverhältnis am 31. Juli 2013. Nach dem Ausbildungszeugnis bestand D am xx. April 2013 die Prüfung zum Sparkassenkaufmann und am xx. Juni 2013 die Abschlussprüfung zum Bankkaufmann. Das Abschlusszeugnis erhielt er am xx. Juni 2013. D wurde zum xx. Juni 2013 in ein unbefristetes Angestelltenverhältnis übernommen.

Die Ehefrau von D wurde am 1. August 2010 zur Beamtin auf Widerruf (xx-anwärterin) ernannt.

Das Kindergeld wurde zunächst weitergezahlt.

Im Februar 2013 begann die Beklagte mit einer Überprüfung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes ab dem Jahr 2010.

Nachdem der Kläger die entsprechenden Unterlagen zu den eigenen Einkünften und Bezügen seines Sohns und seiner Schwiegertochter vorgelegt hatte, nahm die Beklagte eine Grenzbetragsprüfung für die Jahre ab 2010 vor. Diese ergab für das Jahr 2010, dass D unter dem Jahresgrenzbetrag lag. Für das Jahr 2011 ergab sich, dass D unter Einbezug eines Unterhaltsbeitrags seiner Ehefrau über dem Jahresgrenzbetrag lag.

Für das Streitjahr 2012 nahm die Beklagte folgende Berechnung vor: Zunächst ermittelte sie die Einkünfte und Bezüge von D. Diese betrugen 8.386,66 €. Dann ermittelte er die Einkünfte und Bezüge des Ehegatten. Diese betrugen 10.250,72 €. Die Differenz aus den beiden Einkommen betrug demnach 1.864,06 €. Die Hälfte der Differenz nahm die Beklagte als mögliche Unterhaltsleistung an (932,00 €). Diesen Unterhaltsbetrag addierte die Beklagte zu den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes (8.386,66 € + 932,00 € = 9.318,66 €). Dann zog die Beklagte noch eine Kostenpauschale in Höhe von 180,00 € ab und kam auf einen Betrag in Höhe von 9.138,66 €.

Diesen Betrag verglich die Beklagte mit dem früheren Jahresgrenzbetrag in Höhe von 8.004 €. Hätte der ermittelte Betrag unter dem Jahresgrenzbetrag gelegen, hätte die Beklagte einen sog. Mangelfall angenommen, so dass der Kläger weiterhin kindergeldberechtigt gewesen wäre. Im vorliegenden Fall lag der ermittelte Betrag aber über dem früheren Jahresgrenzbetrag. Deswegen bestand nach Ansicht der Beklagten kein Anspruch auf Kindergeld mehr.

Mit Bescheid vom 30. April 2013 hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2011 auf. Gleichzeitig forderte sie das Kindergeld für die Jahre 2011 und 2012 zurück (4.416,00 €). Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass D verheiratet sei. Mit der Heirat gehe die vorrangige Unterhaltsverpflichtung auf den Ehegatten über. Unter Berücksichtigung des vom Ehegatten anzurechnenden Unterhaltsbeitrags könne sich D selbst unterhalten. Deshalb entfalle der Kindergeldanspruch.

Mit am 21. Mai 2013 eingegangenem Schreiben legte der Kläger gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung insoweit Einspruch ein, als die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung den Zeitraum ab Januar 2012 umfasste.

Er verwies auf ein Urteil des Finanzgerichts Münster vom 30. November 2012 (4 K 1569/12 Kg) wonach ab dem Jahr 2012 der Kindergeldanspruch für verheiratete Kinder unabhängig von dem Einkommen des Ehegatten entstehe, weil die Regelungen zum Jahresgrenzbetrag entfallen seien. § 32 EStG sei durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 dahingehend geändert worden, dass für den Kindergeldanspruch nur noch eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium erforderlich seien. Die früher festgelegten Einkommensgrenzen seien weggefallen. Dementsprechend könne auch ein Unterhaltsanspruch des Kindes gegen seine Ehefrau nicht mehr für die Berechnung einer schädlichen Einkommensgrenze herangezogen werden.

Mit Einspruchsbescheid vom 17. Juli 2013 wies die Beklagte den Einspruch zurück. Die Beklagte verwies auf die Rechtsprec...

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