Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Unterbrechung der 3-jährigen Verbleibensfrist bei zügigem Umbau der Produktionsanlagen und alsbaldiger Wiederinbetriebnahme

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Werden die Produktionsanlagen einer Geflügelschlachterei umgebaut und erweitert zu einer Suppenhennenschlachterei, die ihren Betrieb nach Einstellung der ursprünglichen Produktion umgehend aufnimmt, liegt keine Aufgabe der aktiven Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und keine Unterbrechung der 3jährigen Verbleibensfrist gem. § 1 Abs. 3 InvZulG 1986 vor.
  2. Es wäre mit dem Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, einen Betrieb, der wegen grundlegenden Umbaus vorübergehend nicht mehr am Wirtschaftsleben teilnehmen kann, mit den nach Wiederaufnahme des Betriebs weitergenutzten Wirtschaftsgütern von der Zulage auszunehmen.
  3. Erfordert die Betriebsumstellung ein zeitweises Ruhen der gesamten Produktionsanlagen, muss das nicht zulagenschädlich sein.
 

Normenkette

InvZulG 1986 § 1 Abs. 3

 

Streitjahr(e)

1986, 1987, 1988

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.03.2002; Aktenzeichen III R 41/98)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte (das beklagte Finanzamt – FA -) gewährte Investitionszulagen zurückfordern durfte, weil die Klägerin innerhalb der 3-jährigen Bindungsfrist ihren Betrieb umstellte und vorübergehend während der Baumaßnahmen die Produktion einstellte.

Die Klägerin betrieb zunächst im Landkreis C eine Geflügelschlachterei für Masthähnchen („Broiler”). Für verschiedene Erweiterungen des Betriebes beantragte die Klägerin u.a. Investitionszulagen für die Wirtschaftsjahre 1986/87 und 1987/88. Das FA gewährte Investitionszulagen nach § 1 Investitionszulagengesetz 1986 (InvZulG) entsprechend der nachgewiesenen Anschaffungs- und Herstellungskosten (Einzelheiten Bl. 71 und 192 der Investitionszulagenakte).

Die Klägerin erwirtschaftete jedoch mit diesem Betrieb über Jahre hinweg Verluste. Der Aufsichtsrat der einzigen Kommanditistin der Klägerin, der Fa. L & Co AG, beschloß daraufhin im November 1988 die Einstellung der Produktion zum 30. Juni 1989. Es war vorgesehen, den Betrieb in eine Suppenhennenschlachterei umzubauen. Nach einer Stillstandszeit von 6 Monaten für die notwendigen Umbaumaßnahmen sollte der Betrieb an eine zu gründende Tochtergesellschaft (Betriebsgesellschaft) verpachtet und durch diese der Betrieb fortgeführt werden. Die Mitarbeiter der Klägerin sollten vor der Stillstandszeit entlassen werden. Später sollte die Betriebsgesellschaft einen Teil der Mitarbeiter wieder einstellen.

Die Klägerin stellte ihren Betrieb dann – wie vorgesehen – zum 30. Juni 1989 ein. Den restlichen Warenbestand im Wert von rund 3 Mio. DM veräußerte die Klägerin in den anschließenden drei Monaten. Einen Großteil der ursprünglich 138 Arbeitnehmer entließ die Klägerin. Schließlich beschäftigte sie nur noch 2 Arbeitnehmer.

Die Klägerin investierte anschließend rund 15 Mio. DM in die Umbauarbeiten. Dies umfaßte die Erweiterung der reinen Schlachterei um spezielle Anlagen zur Verwertung des Suppenhuhnfleisches. Sie schaffte u.a. Koch- und Entbeinungsanlagen und ein anderes Kühlsystem (Wendelbandfroster) an. Für den Hygienebereich der Produktionsanlagen baute die Klägerin einen neuen Sozialtrakt. Auf bauliche Maßnahmen entfielen allein rund 5,7 Mio. DM der Gesamtinvestitionen.

Die Umbauarbeiten und Genehmigungsverfahren dauerten insgesamt länger als zunächst vorgesehen. Die Produktion konnte nicht bereits nach 6 Monaten wieder aufgenommen werden. Auslöser dafür waren u.a. die erforderlichen öffentlich-rechtlichen Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, die jeweils Teilerrichtungsgenehmigungen erbrachten. Die Lieferzeiten für einzelne Teile der neuen Anlagen betrugen zum Teil 6 bis 8 Monate. Schließlich verpachtete die Klägerin den Betrieb an die dazu gegründete Betriebsgesellschaft, an der sie zu 100 % beteiligt war. Die Betriebsgesellschaft nahm ihren Betrieb rund 13 1/2 Monate nach Einstellung der ursprünglichen Produktion zum 13. August 1990 – nunmehr als Suppenhennenschlachterei – auf. Die Betriebsgesellschaft beschäftigte im August 1990 insgesamt 123 Arbeitnehmer.

Die Wirtschaftsgüter, für die der Klägerin für die Wirtschaftsjahre 1986/87 und 1987/88 Investitionszulage gewährt worden war, wurden zum überwiegenden Teil weiter im Betrieb genutzt. Dies betraf Investitionen der einzelnen Wirtschaftsjahre in folgendem Umfang:

Wirtschaftsjahr 1986/87 236.833 DM

Wirtschaftsjahr 1987/88 1.369.672 DM

Anläßlich einer Außenprüfung vertrat der Betriebsprüfer jedoch die Ansicht, durch die Einstellung der Geflügelschlachterei der Klägerin zum 30. Juni 1989 seien die Verbleibensvoraussetzungen für die Wirtschaftsgüter, bei denen die 3-jährige Verbleibensfrist noch nicht abgelaufen sei, nicht länger erfüllt. Es läge eine für die Investitionszulage schädliche Unterbrechung des 3-Jahres-Zeitraumes vor. Die spätere Nutzung nach rund 13 1/2 Monaten durch den neuen Betrieb rechtfertige keine andere Entscheidung.

Das FA forderte die gezahlten Investitionszulagen ...

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