rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung der Vertrauensschutzregelung gem. § 6a Abs. 4 UStG bei einem Scheinunternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs. 4 UStG ist immer dann anwendbar, wenn der liefernde Unternehmer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen konnte, dass die Abnehmer sich lediglich einer anderen USt-ID-Nummer eines anderen Unternehmers bedient hat oder dass es sich bei den Abnehmern um sog. Scheinunternehmer handelt.
  2. Anderenfalls würden nicht zu erfüllende Sorgfaltsanforderungen an den liefernden Unternehmer aufgestellt, die die Vertrauensschutzregelung letztlich leer laufen ließen.
 

Normenkette

UStG § 6a Abs. 4

 

Streitjahr(e)

2000

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung von insgesamt 24 LKW an eine Fa. S in Spanien.

Aufgrund von Feststellungen des Finanzamtes für Fahndung und Strafsachen sollen die genannten 24 LKW die Bundesrepublik Deutschland nicht verlassen haben. Der Antragsgegner vertritt deshalb die Auffassung, dass eine Steuerfreiheit der Lieferung nicht vorliege.

Nach dem Vorbringen der Antragstellerin ist im Streitfall die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs.4 UStG anwendbar. Hintergrund ist, dass die Fahrzeuge von einem Herrn X, der sich als Vertreter der Fa. S ausgab, persönlich bei der Antragstellerin abgeholt worden und bezahlt worden waren. Im Vorfeld der Vertragsabwicklung hatte die Antragstellerin bezüglich der Fa. S eine sog. qualifizierte Bestätigungsabfrage beim Bundesamt für Finanzen eingeholt. Das Bundesamt für Finanzen hatte der Antragstellerin am 11.01.2000 im Rahmen des Bestätigungsverfahrens nach § 18e UStG mitgeteilt, dass die USt-IDNr mit der Fa. S übereinstimmt.

Gleichwohl lehnte der Antragsgegner die Steuerbefreiung Fahrzeuglieferung ab. Die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs.4 UStG sei – so der Antragsgegner – nicht anwendbar, weil die Vorschrift keinen Vertrauensschutz für die Annahme gewähre, dass der angebliche Abnehmer mit dem wirklichen Abnehmer identisch sei. Hierüber müsse sich der liefernde Abnehmer vergewissern.

Hiergegen hat die Antragstellerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben, die unter dem Az. 5 K 57/04 anhängig ist. Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 2000. Sie ist der Meinung, dass im Streitfall die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs.4 UStG eingreife.

Der Antragsgegner ist nach wie vor der Auffassung, dass § 6a Abs.4 UStG im Streitfall nicht eingreife. Die Antragstellerin habe den nach § 6a Abs. 3 UStG i.V.m. § 17c Abs.1 Satz 1 UStDV erforderlichen buchmäßigen Nachweis nicht geführt. Die danach nachzuweisende USt-IDNr. des Abnehmers sei die richtige USt-IDNr. des wirklichen Abnehmers. Dieser Nachweis sei im Streitfall nicht geführt worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist begründet.

Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheiten in der Beurteilung von Tatsachen bewirken (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BStBl II 1984, 454 und vom 30. Dezember 1996 I B 61/96, BStBl II 1997, 466).

Solche Umstände liegen im Streitfall vor.

Die Versagung der Steuerbefreiung ist ernstlich zweifelhaft. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist im Streitfall die Vertrauensschutzregelung des § 6a Abs.4 UStG anwendbar. Die Vorschrift ist nach Meinung des Senats immer dann anwendbar, wenn die der liefernde Unternehmer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen konnte, dass die Abnehmer sich lediglich einer anderen USt-IdNr. eines anderen Unternehmers bedient hat oder dass es sich bei den Abnehmern um sog. Scheinunternehmer handelt. Anderenfalls würden nicht zu erfüllende Sorgfaltsanforderungen an den liefernden Unternehmer aufgestellt, die die Vertrauensschutzregelung letztlich leerlaufen ließen (Weymüller, in: Sölch/Ringleb, § 6a Rz. 30; Winter, DStR 2003, 1108; Leonard, in Bunjes/Geist, § 6a Rz 46; ders. in: Umsatzsteuerrecht 2004, 103 ff., 108).

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Betrachtung der Sach- und Rechtslage ist die Antragstellerin im Streitfall ihren Sorgfaltsanforderungen in ausreichendem Maße nachgekommen. Jedenfalls hat sich die Antragstellerin die jeweilige USt-IdNr. der spanischen Fa. S beim Bundesamt für...

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