OFD Münster, 17.11.2008, S 2118 a - 20 - St 45 - 32

Im Vorgriff auf eine gesetzliche Neuregelung zur Anpassung an die Prinzipien der Grundfreiheiten des EG-Vertrages haben die obersten Finanzbehörden der Länder und des Bundes beschlossen, die Verlustabzugs- und Ausgleichsbeschränkung des § 2a Abs. 1 und 2 EStG auf negative Einkünfte aus Einkunftsquellen in den Mitgliedstaaten der EU sowie in den EWR-Vertragsstaaten Island und Norwegen nicht weiter anzuwenden (BMF-Schreiben vom 30.7.2008, IV B 5 – S 2118-a/07/10014, BStBl 2008 I S. 810).

Im Einzelnen ist bei der Anwendung dieses BMF-Schreibens Folgendes zu beachten:

 

1. Anwendung in Fällen der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind bis zum In-Kraft-Treten einer gesetzlichen Neuregelung in allen offenen Fällen anzuwenden. Fälle sind dann offen, wenn noch keine bestandskräftige Steuerfestsetzung vorliegt. Sind die ausländischen Einkünfte/Einkunftsteile nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 ggf. i.V.m. Abs. 5 AO gesondert festzustellen, ist auf die Bestandskraft des Feststellungsbescheids abzustellen, durch den die Einkünfte bindend festgestellt werden, § 182 AO. Die Entscheidung über die Anwendung der Grundsätze des BMF-Schreibens kann daher in Beteiligungsfällen nur vom Feststellungsfinanzamt getroffen werden.

 

2. Keine Anwendung bei Einkunftsquellen in Drittstaaten und Liechtenstein

Bei negativen Einkünften aus Einkunftsquellen in Drittstaaten und Liechtenstein ist § 2a Abs. 1 Satz 1 EStG uneingeschränkt weiter anzuwenden. Zu den Drittstaaten gehören auch die neuen EU-Mitgliedstaaten in den Veranlagungszeiträumen vor ihrem EU-Beitritt. Die Grundsätze des BMF-Schreiben vom 30.7.2008, IV B 5 – S 2118-a/07/10014 (BStBl 2008 I S. 810) sind bei negativen Einkünften aus Staaten, die zum 1.5.2004 der EU beigetreten sind, für den gesamten Veranlagungszeitraum 2004 anzuwenden.

 

3. Einsprüche bei Einkunftsquellen in Drittstaaten und Liechtenstein

Es sind keine anhängigen Verfahren vor dem BFH oder dem EuGH bekannt, in denen geltend gemacht würde, dass die Anwendung des § 2a Abs. 1 EStG bei negativen Einkünften aus Einkunftsquellen in Drittstaaten oder in Liechtenstein einen Verstoß gegen die Prinzipien der Niederlassungs- und/oder Kapitalverkehrsfreiheit des EG-Vertrages darstelle. Ein Ruhen solcher Einsprüche nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO kommt daher nicht in Betracht.

 

4. Einkunftsermittlung

Die Ermittlung der ausländischen negativen Einkünfte erfolgt nach deutschem Steuerrecht. Wie in Inlandsfällen ist daher zunächst die Einkunftserzielungsabsicht zu prüfen („Liebhaberei”). Ist eine solche Prüfung aus verwaltungsökonomischen Gründen bisher unterblieben, ist sie ggf. nachzuholen.

 

5. Berücksichtigung der negativen Einkünfte ggf. nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts

Die Verlustberücksichtigung hat nur im Rahmen der jeweiligen abkommensrechtlichen Regelungen zu erfolgen. Sind danach die ausländischen Einkünfte im Inland von der Besteuerung auszunehmen und nur bei der Berechnung des Steuersatzes zu berücksichtigen, kann eine Verlustberücksichtigung auch nur im Rahmen des negativen Progressionsvorbehaltes erfolgen.

 

6. Gesonderte Feststellungen nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG

Nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG gesondert festgestellte verbleibende negative Einkünfte, bei denen die zugrunde liegenden Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer-Veranlagungen bezüglich der negativen Einkünfte nicht mehr änderbar (offen) sind, stehen dem Steuerpflichtigen in den folgenden Veranlagungszeiträumen zur Verrechnung mit positiven Einkünften derselben Art aus demselben Staat zur Verfügung (RdNr. 4 des BMF-Schreibens vom 30.7.2008, IV B 5 – S 2118-a/07/10014, BStBl 2008 I S. 810). In Veranlagungszeiträumen, in denen eine solche Verrechnung mit positiven Einkünften erfolgt, ist die gesonderte Feststellung der am Schluss des Veranlagungszeitraums verbleibenden Einkünfte – wie bisher – unter Verwendung des Vordrucks ESt 2 E/3 E (Vordruck-Nr. 724/281) fortzuführen, bis keine negativen Einkünfte mehr verbleiben. Es ist sicherzustellen, dass die zuletzt festgestellten verbleibenden negativen Einkünfte – ggf. auch über längere Zeiträume -aktenkundig bleiben, da die Möglichkeit, spätere positive Einkünfte mit diesen Beträgen zu verrechnen, keiner zeitlichen Beschränkung unterliegt.

Sofern negative Einkünfte, die bisher nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG gesondert festgestellt worden sind, nunmehr unter Anwendung des BMF-Schreibens vom 30.7.2008, IV B 5 – S 2118-a/07/10014 (BStBl 2008 I S. 810) ohne die Verlustausgleichsbeschränkungen des § 2a Abs. 1 Satz 1 EStG berücksichtigt werden, weil die Einkommensteuer-/Körperschaftsteuer-Veranlagung noch geändert werden kann, ist der Feststellungsbescheid nach § 2a Abs. 1 Satz 5 EStG entsprechend anzupassen.

 

Normenkette

EStG § 2a Abs. 1

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