Leitsatz

Erzielt ein Steuerpflichtiger vorübergehend keine Mieteinnahmen, kann er Aufwendungen dennoch als vorweggenommene Werbungskosten abziehen, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart besteht.

 

Sachverhalt

Die Kläger erwarben im Jahr 1991 eine Eigentumswohnung und finanzierten den Kaufpreis. Die Wohnung war zunächst langfristig vermietet. Nach Auszug der Mieter im Jahr 2002 haben die Kläger die Wohnung nur noch kurzfristig vermieten können. Im Jahr 2008 stand die Wohnung - ebenso wie 2003, 2005 und ab 2009 - leer, obwohl die Kläger in lokalen Werbezeitungen zum Jahresende 2007 und dann wieder im letzten Quartal 2008 mehrfach annoncierten.

Das Finanzamt (FA) erkannte den von den Klägern in der Einkommensteuererklärung 2008 geltend gemachten Vermietungsverlust und insbesondere die Schuldzinsen nicht an. Es ist der Auffassung, dass die Kläger die Vermietungsabsicht nicht nachgewiesen hätten, weil sie zwischen Dezember 2007 und Oktober 2008 keine weiteren Vermietungsanzeigen geschaltet hätten

 

Entscheidung

Das FG entscheidet, dass die negativen Vermietungseinkünfte anzusetzen sind, weil die Kläger im Streitjahr 2008 die ernsthafte Absicht hatten, Vermietungseinkünfte zu erzielen.

Der endgültige Entschluss zu vermieten - die Einkunftserzielungsabsicht - ist eine innere Tatsache, die nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden kann. Aus objektiven Umständen, wie etwa den ernsthaften und nachhaltigen Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen, muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden.

Für die Vermietungsabsicht spricht schon die Tatsache, dass die Wohnung zunächst unbefristet, d. h. auf Dauer, vermietet war, denn eine auf Dauer angelegte Vermietung entfaltet eine Indizwirkung dahingehend, dass das betreffende Objekt selbst während Leerstandzeiten der Erzielung von Vermietungseinkünften dient. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger ihre einmal bestehende und durch die Vermietungen dokumentierte Vermietungsabsicht aufgegeben hätten. Vor allem aber haben sie ihre Vermietungsabsicht dadurch nach außen hin dokumentiert, dass sie die Wohnung in lokalen Anzeigenzeitungen zur Vermietung annonciert haben. Es gibt keine Hinweise darauf, dass dies nur zum Schein erfolgt ist.

 

Hinweis

Das FG hat es für die Frage des Vorliegens der Vermietungsabsicht nicht für erheblich gehalten, dass die Wohnung nur in den beiden lokalen Anzeigenblättern zur Vermietung angeboten worden ist. Es ist deshalb auch nicht der Frage nachgegangen, ob nicht mit anderen Maßnahmen (z. B. der Einschaltung eines Maklers) bessere Erfolge bei der Vermietung hätten erzielt werden können. Angesichts der vom Finanzamt eingelegten Revision (Az. beim BFH IX R 38/12) muss allerdings abgewartet werden, ob das Urteil des FG Bestand haben wird.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.04.2012, 3 K 445/10

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