Rz. 1

Zur Transformation der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität und der Stärkung der Nachhaltigkeit im Rahmen des Green Deals werden vom europäischem Verordnungs- und Richtlinien- sowie vom deutschen Gesetzgeber verschiedenste Regulierungen angestoßen bzw. wurden diese bereits umgesetzt. Dabei kommen neben direkten Eingriffen, wie etwa dem Emissionshandel, Vorgaben für die Produktausgestaltung oder Festlegung sozialer Mindeststandards, auch eher indirekt wirkende Maßnahmen zur Anwendung, wie die Schaffung von Transparenzanforderungen und Vorgaben zur Lenkung der Finanzströme in nachhaltige Geschäftsmodelle. Die Nachhaltigkeitsaspekte (sog. ESG-Aspekte) werden dabei weit verstanden und wie international üblich unterteilt in die Bereiche:

  • Environmental/Umwelt,
  • Social/Soziales,
  • Governance/verantwortungsvolle Unternehmensführung und -überwachung.
 

Rz. 2

Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)[1] sind alle Unternehmen mit mehr als 3.000 (1.000) Beschäftigten in Deutschland seit dem 1.1.2023 (2024) zu einer Überwachung ihrer Lieferketten verpflichtet, um ihre negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und (bestimmte) Umweltaspekte zu identifizieren und zu verringern.[2] Zudem hat die europäische Kommission im Februar 2022 einen, sowohl was die Zielgruppe als auch den Umfang betrifft, deutlich weitergehenden Entwurf einer Sorgfaltspflichtenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)) mit Fokus auf die Wertschöpfungskette vorgelegt. Über diesen konnten sich Rat, Parlament und Kommission allerdings erst im Dezember 2023 vorläufig einigen,[3] nachdem das Parlament die Zielgruppe analog zu der Nachhaltigkeitserklärung sowie in besonders riskanten Branchen zunächst sogar bis auf mittelgroße Unternehmen erweitern wollte. Im Unterschied zum LkSG sind die zu beachtenden Vorgaben aber noch deutlich weiter gefasst, sodass insbesondere auch Umweltpflichten (etwa das 1,5°-Klimaziel) zu beachten sind. Dabei gelten die neuen Sorgfaltspflichten auch entlang der Wertschöpfungskette, welche die vorgelagerten Geschäftsbeziehungen (wie Zulieferer) und anders als beim LkSG auch die nachgelagerten Aktivitäten (wie Vertrieb oder Recycling) umfasst. Können nachteilige Auswirkungen auf Menschenrechte oder die Umwelt bei Geschäftspartnern nicht verhindert oder beendet werden, müssen die Geschäftsbeziehungen wie im LkSG als letztes Mittel eingestellt werden. Die neuen Sorgfaltspflichten sind in die Unternehmenspolitik und das Risikomanagement zu integrieren.

Die Zielgruppe entspricht nicht derjenigen der Nachhaltigkeitsberichterstattung, da nicht auf § 267 HGB abgestellt wird:

  • Grundsätzlich sind nur sehr große EU-Unternehmen mit Nettoumsatzerlösen von über 150 Mio. EUR und mehr als 500 Beschäftigten betroffen.
  • Für große Drittstaatenunternehmen sollen mit einer Streckung von 3 Jahren nach Inkrafttreten der CSDDD Nettoumsatzerlöse von mehr als 300 Mio. EUR in der EU auch einbezogen werden, wobei die Europäische Kommission eine Liste betroffener Drittstaatenunternehmen veröffentlichen wird.
  • Betroffen sind auch Unternehmen, die mind. 250 Beschäftigte und einen Nettojahresumsatz von mehr als 40 Mio. EUR haben, von dem mind. 20 Mio. EUR in bestimmten Risikosektoren erwirtschaftet werden (z. B. Textilwirtschaft, Landwirtschaft, Förderung von Mineralien).
  • Der Finanzsektor soll vorübergehend vom Anwendungsbereich der CSDDD ausgenommen werden (Überprüfungsklausel enthält Pflicht zu einer Folgenabschätzung, bevor Finanzsektor in Anwendungsbereich aufgenommen wird).

Anders als zum LkSG sollen aber unterstützende Maßnahmen von den EU-Mitgliedstaaten vorgenommen werden. So sollen verpflichtend Portale mit Handreichungen (wie Leitlinien der Europäischen Kommission) eingerichtet und ggf. indirekt betroffene KMU besonders unterstützt werden. Die Sanktionen sind erheblich. So sollen verhängte Sanktionen stets veröffentlicht werden, was zu Reputationsschäden führen kann. Darüber hinaus sind Bußgelder im Umfang von bis zu 5 % der Nettoumsatzerlöse vorgesehen. Auch die zivilrechtliche Haftung wird eingeführt, was für Unternehmen eine durchaus große Bedrohung sein könnte. Betroffene (inkl. Gewerkschaften und NGOs) können innerhalb von 5 Jahren Ansprüche geltend machen. Die Einigung wird Auswirkungen auf das deutsche LkSG haben, was nach Verabschiedung der Richtlinie angepasst werden muss. Zudem wird offenbar diskutiert, ob nicht bis zur Umsetzung der CSDDD das von Unternehmensseite als sehr große bürokratische Last empfundene LkSG abgeschwächt oder gar in bestimmten Bereichen ausgesetzt wird – konkrete Formulierungsvorschläge dazu liegen aber noch nicht vor, Gerüchten zufolge könnten diese kurzfristig mit dem Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD) kommen. Auch ist die CSDDD relevant für die Ausgestaltung des Dialogs mit den Stakeholdern im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse des ESRS 1 in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, weshalb eine zeitnahe Klarheit über die konkret...

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