Sowohl D als auch F sind Unternehmer, da sie selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig sind; zu dem Rahmen ihrer unternehmerischen Betätigung gehört jeweils die Lieferung von Lebensmitteln.

D betreibt durch seine Online-Plattform eine elektronische Schnittstelle i. S. d. § 3 Abs. 3a Satz 3 UStG. Da die Versendung der Süßwaren im Gemeinschaftsgebiet beginnt und endet – die Waren werden aus dem Lager in Singen zu Kunden in Deutschland versandt – und die Lieferung von Gegenständen eines nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers unterstützt wird – F ist nach dem Sachverhalt nicht in Deutschland ansässig –, liegt ein fiktives Reihengeschäft nach § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG vor.

 
Wichtig

Unterschiedliche Tatbestandsvoraussetzungen bei § 3 Abs. 3a UStG

Die hier einschlägige Regelung des § 3 Abs. 3a Satz 1 UStG setzt voraus, dass Beginn und Ende der Beförderung im Gemeinschaftsgebiet liegen und es sich um einen aus dem Drittlandsgebiet stammenden Unternehmer (F) handelt. Wäre F im Inland ansässig, käme es nicht zu dieseer Lieferfiktion.

Soweit die Lieferung eine inländischen Unternehmers durch eine elektronische Schnittstelle unterstützt wird, kann es nur nach § 3 Abs. 3a Satz 2 UStG zu einem fiktiven Reihengeschäft kommen, wenn der Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet eingeführt wird ( bis zu einem Sachwert von 150 EUR).

Im Rahmen des Reihengeschäfts wird eine Lieferung von F an D und eine Lieferung von D an den jeweiligen Kunden fingiert.[1] Wie bei jedem anderen Reihengeschäft kann nur einer der Lieferung die tatsächliche Warenbewegung zugeordnet werden, die andere Lieferung ist eine unbewegte (ruhende) Lieferung, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG bestimmt.

Die Lieferungen von D an die Kunden sind nach § 3 Abs. 6b UStG die Beförderungs- oder Versendungslieferungen, deren Ort dort ist, wo die Warenbewegung beginnt bzw. die Ware dem beauftragten Dritten übergeben wird (Singen). Damit erbringt D im Rahmen der Fiktion steuerbare Lieferungen[2], die auch keiner Steuerbefreiung unterliegen. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG nach dem, was der leistende Unternehmer für seine Leistung erhält, abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer. Da die Kunden im Rahmen der fiktiven Reihengeschäfte 2.000 EUR aufwenden, ist aus diesem Betrag die Umsatzsteuer mit dem ermäßigten Steuersatz[3] von 7 % herauszurechnen. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit 1.869,16 EUR und die anzumeldende und abzuführende Umsatzsteuer 130,84 EUR. Nimmt D an dem besonderen Verfahren nach § 18j UStG (OSS) teil, wäre der Umsatz in diesem besonderen Verfahren anzumelden und zu besteuern; sollte D nicht an diesem Verfahren teilnehmen, ist der Umsatz in der USt-VA (Regelverfahren) anzumelden.

Die Lieferungen von F an D sind im Rahmen des fiktiven Reihengeschäfts die ruhenden Lieferungen, deren Ort sich – da diese Lieferungen systematisch vor der Versendungslieferung erbracht werden – nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG bestimmt und ebenfalls dort ausgeführt sind, wo die Warenbewegung beginnt. Die Lieferungen der F sind damit ebenfalls in Deutschland nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar. Da durch die Anordnung des fiktiven Reihengeschäfts das inländische Steueraufkommen sichergestellt ist, wurde für die Lieferung der ausländischen Unternehmerin F eine Steuerbefreiung in § 4 Nr. 4c UStG eingeführt. F liefert damit an D im Inland steuerfrei. Die Bemessungsgrundlage für diese steuerfreie Lieferung bestimmt sich anhand des Auszahlungsbetrags des D an F, also der Verkaufspreis abzüglich der zur Finanzierung der Online-Plattform berechneten 10 %. Aufgrund der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 4c UStG ist dies aber nicht von praktischer Bedeutung.

 
Wichtig

Keine weitere Besteuerung einer Provision

Wenn hier von fiktiven Lieferungen im Rahmen eines Reihengeschäfts ausgegangen wird, kann es – analog der Abwicklung bei Kommissionsgeschäften, bei denen auch Fiktionen von Lieferungen vorliegen – nicht noch zur Besteuerung einer Provision, Vermittlungsgebühr o. ä. kommen. Die "Vermittlungsprovision" der eingeschalteten elektronischen Schnittstelle wird insoweit über die Differenz der Bemessungsgrundlagen abgebildet.

 
Hinweis

Abzug der Einfuhrumsatzsteuer im Vergütungsverfahren

Da F damit in Deutschland keine Umsatzsteuerveranlagung durchführen muss, kann die von ihr gegenüber der Zollverwaltung entrichtete EUSt als Vorsteuer[4] nur im Vorsteuervergütungsverfahren geltend gemacht werden.

[3] § 12 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Nr. 29 bzw. 30 der Anlage 2 zum UStG.

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