Leitsatz

Eine Mitunternehmerschaft kann auch für lediglich eine juristische Sekunde bestehen. In einem derartigen Fall kann sie auch für diese juristische Sekunde sachlich gewerbesteuerpflichtig sein.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 5, § 15 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 39 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 41 Abs. 1 AO, § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO, § 134 BGB, Art. 106 Abs. 6 GG, § 123, § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, § 20 Abs. 5, Abs. 6, § 24 UmwStG, § 32 KWG

 

Sachverhalt

Anfang 2005 fasste die X-AG notleidende Kredite in einem sog. Kreditportfolio zusammen. Da diese Darlehen nicht gekündigt bzw. unkündbar waren, sollten die Kreditverhältnisse zusammen mit sämtlichen Rechten und Pflichten aus den bankmäßigen Geschäftsverbindungen mit den Kunden ohne deren Zustimmung durch Ausgliederung zur Aufnahme in eine GmbH & Co. KG übertragen werden und unmittelbar nach Wirksamwerden der Ausgliederung im Wege der Abtretung der Geschäftsanteile und Anwachsung auf einen Erwerber mit Bankerlaubnis übergehen. Zu diesem Zweck gründete die X-AG im Dezember 2005 die X-KG (X-AG als alleinige Kommanditistin, X-GmbH als vermögensmäßig nicht beteiligte Komplementärin, daran wiederum die X-AG zu 100 % beteiligt) und schloss mit der Y-Ltd. im Januar 2006 einen (umfangreichen, detaillierten) Rahmenvertrag. Danach sollte die X-AG das Kreditportfolio im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme auf die X-KG übertragen. Die Anteile an der X-KG sollten nach den Regelungen des Rahmenvertrags verkauft und veräußert werden. Dazu verkaufte die X-AG der Y-Ltd. ihre Anteile an der X-KG und an der X-GmbH (Portfolio-Gesellschaftsanteile) und verpflichtete sich gegenüber der Y-Ltd., diese Anteile am geplanten Vollzugstag an die Z-GmbH (später mehrfach umfirmiert; Klägerin) abzutreten, die – anders als die X-KG und die X-GmbH – über eine Bankerlaubnis nach § 32 KWG verfügte. Am geplanten Vollzugstag sollte die X-GmbH unter der aufschiebenden Bedingung der Abtretung der Portfolio-Gesellschaftsanteile an die Z-GmbH aus der X-KG austreten, die X-KG damit erlöschen und ihr Vermögen im Wege der Anwachsung auf die Z-GmbH übergehen. Als Kaufpreis für die Portfolio-Gesellschaftsanteile vereinbarten die X-AG und die Y-Ltd. einen Betrag von … EUR (Basiskaufpreis) zzgl. 3,75 % Zinsen jährlich für den Zeitraum ab dem Cut-off-Date (31.10.2005) (ausschließlich) bis zum Vollzugstag (einschließlich). Abzuziehen davon waren die bei der X-AG zwischen den beiden Stichtagen eingehenden Portfolio-Eingänge, hinzuzurechnen die von der X-AG zwischen den beiden Stichtagen für das Portfolio getätigten Aufwendungen und Auszahlungen. In der Folgezeit wurde der Rahmenvertrag entsprechend umgesetzt; am Vollzugstag (….2007) erfolgte im Ergebnis innerhalb einer juristischen Sekunde zunächst die Ausgliederung des Kreditportfolios von der X-AG auf die X-KG, sodann die Abtretung der Portfolio-Gesellschaftsanteile der X-AG an der X-KG und der X-GmbH an die Z-GmbH und danach der Austritt der X-GmbH aus der X-KG und damit die Anwachsung von deren Vermögen bei der Z-GmbH. Das FA setzte den GewSt-Messbetrag der Z-GmbH (als Rechtsnachfolgerin der X-KG) zunächst antragsgemäß mit 0 EUR fest. Eine Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, dass aus der Veräußerung des Kommanditanteils ein Veräußerungsgewinn entstanden sei, sodass ein positiver GewSt-Messbetrag festzusetzen sei. Das FG (FG München, Urteil vom 26.10.2018, 8 K 3142/15) gab der gegen den entsprechend geänderten GewSt-Messbescheid gerichteten Klage der Klägerin statt, da die X-KG im Streitjahr (2007) keinen stehende Gewerbebetrieb unterhalten und keine werbende Tätigkeit aufgenommen habe.

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf die Revision des FA auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG. Das Urteil sei aufzuheben, weil es seiner Entscheidung zur – vorgeblich fehlenden – sachlichen GewSt-Pflicht der X-KG unzutreffende Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt habe, indem es nicht maßgeblich auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der X-KG abgestellt habe, sondern im Wesentlichen auf die Absicht der an ihr beteiligten Gesellschafter. Mit dem Erwerb und dem Halten eines Kreditportfolios habe die X-KG eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausgeübt. Als gewerblich geprägte Personengesellschaft habe sie diese Tätigkeit mit dem Erwerb des Kreditportfolios begonnen. Dass sie diese Tätigkeit nur für eine juristische Sekunde ausgeübt habe, stehe ihrer sachlichen GewSt-Pflicht aus den sich aus den Praxis-Hinweisen ergebenden Gründen nicht entgegen. Die Sache sei jedoch nicht spruchreif. Insbesondere fehlten noch Feststellungen, um die zwischen den Beteiligten streitige Frage zu klären, ob der zwischen der X-AG und der Y-Ltd. vereinbarte Zins von 3,75 % Teil des Kaufpreises für den Kommanditanteil gewesen sei oder ob es sich um ein Stundungsentgelt für das der X-AG geschuldete Entgelt handele.

 

Hinweis

1. Auch die Tätigkeit einer i.S.d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStGgewerblich geprägten, vermögensverw...

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