Rz. 64

Handelsrechtliche Aktivierungs- und Passivierungswahlrechte folgen i. d. R. aus Einzelvorschriften.

2.1.1 Aktivierungswahlrechte

 

Rz. 65

Handelsrechtliche Aktivierungswahlrechte bestehen für:

1. Damnum (§ 250 Abs. 3 HGB),
2. selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB).
 

Rz. 66

Darüber hinaus besteht ein Ansatzwahlrecht für aktive latente Steuern nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB.

2.1.2 Passivierungswahlrechte

 

Rz. 67

Für Altzusagen nach Art. 28 Abs. 1 EGHGB besteht handelsrechtlich ein Passivierungswahlrecht.

 

Rz. 68

Gemäß Art. 28 Abs. 1 EGHGB braucht für eine laufende Pension oder eine Anwartschaft auf eine Pension aufgrund einer unmittelbaren Zusage eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 HGB nicht gebildet zu werden, wenn der Pensionsberechtigte seinen Rechtsanspruch vor dem 1.1.1987 erworben hat oder sich ein vor diesem Zeitpunkt erworbener Rechtsanspruch nach dem 31.12.1986 erhöht. Für eine mittelbare Verpflichtung aus einer Zusage für eine laufende Pension oder einer Anwartschaft auf eine Pension sowie für eine ähnliche unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung braucht eine Rückstellung in keinem Fall gebildet zu werden.

Die einzelnen Beträge sind gemäß Art. 28 Abs. 2 EGHGB im Anhang anzugeben.

2.1.3 Auswirkung auf die steuerliche Gewinnermittlung

2.1.3.1 Auslegung aus dem Sinn und Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung

 

Rz. 69

Inwieweit die in den Rz. 65 ff. genannten Bilanzierungswahlrechte auch in der Steuerbilanz gelten, kann nur durch Auslegung ermittelt werden. Dabei kommt es auf den Sinn und Zweck der Vorschriften und ihren Zusammenhang mit anderen Vorschriften an. Schließlich sind auch verfassungsrechtliche Grundsätze zu berücksichtigen.

Es entspricht dem Sinn und Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, den vollen Gewinn zu erfassen. Daher kann es nicht im Belieben des Kaufmanns stehen, sich durch Nichtaktivierung von Wirtschaftsgütern, die handelsrechtlich aktiviert werden dürfen, oder durch Ansatz eines Passivpostens, der handelsrechtlich nicht geboten ist, ärmer zu machen, als er ist. Das stünde auch nicht im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichheit der Besteuerung (Art. 3 GG).[1] Besteht ein dem handelsrechtlichen Bilanzierungswahlrecht entsprechendes steuerrechtliches Wahlrecht, folgt grundsätzlich (Ausnahmen s. u.) für die Bilanzierung in der Steuerbilanz:

  • Ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht ergibt für die Steuerbilanz ein Aktivierungsgebot.[2]
  • Ein handelsrechtliches Passivierungswahlrecht ergibt für die Steuerbilanz ein Passivierungsverbot.[3]
 

Rz. 70

Es ist aber zu beachten, dass nur aus einem Aktivierungswahlrecht für einen Vermögensgegenstand ein Aktivierungsgebot in der Steuerbilanz folgt. Den Vermögensgegenständen in der Handelsbilanz entsprechen die Wirtschaftsgüter in der Steuerbilanz. Darf also in der Handelsbilanz ein Vermögensgegenstand aktiviert werden, ist dieser in der Steuerbilanz als Wirtschaftsgut zu bilanzieren.

[2] Weber-Grellet, in Schmidt, EStG, 40. Aufl. 2021, § 5 EStG Rz. 31.
[3] Weber-Grellet, in Schmidt, 40. Aufl. 2021, § 5 EStG Rz. 31.

2.1.3.2 Aktivierungswahlrechte

 

Rz. 71

Damnum

Ist bei einem Schulddarlehen der Erfüllungsbetrag (Nennbetrag) höher als der Ausgabebetrag (Verfügungsbetrag), so besteht handelsrechtlich ein Wahlrecht, den Unterschiedsbetrag zwischen Erfüllungsbetrag und Ausgabebetrag zu aktivieren (im Rechnungsabgrenzungsposten, § 250 Abs. 3 HGB). Aus dem Grundsatz, dass aus einem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht für die steuerliche Gewinnermittlung ein Aktivierungsgebot folgt (Rz. 69 f.), wäre in der Steuerbilanz der Unterschiedsbetrag als Damnum zu aktivieren. Gem. § 250 Abs. 3 Satz 2 HGB ist dann der Unterschiedsbetrag durch planmäßige jährliche Abschreibungen zu tilgen, die auf die gesamte Laufzeit der Verbindlichkeit verteilt werden können.[1]

 

Rz. 72

Steuerlich ist jedoch der Unterschiedsbetrag als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen (§ 250 Abs. 1 HGB, § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG) und über die Darlehenslaufzeit, bei Zinsfestschreibung auf den kürzeren Zeitraum der Zinsfestschreibung, gewinnmindernd aufzulösen.[2]

 

Rz. 73

Selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens

Immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dürfen steuerlich nur dann aktiviert werden, wenn sie entgeltlich erworben worden sind. Dann besteht für sie ein Aktivierungsgebot (§ 5 Abs. 2 EStG). Für selbst geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens besteht daher in der steuerlichen Gewinnermittlung ein Aktivierungsverbot.

Aus dem handelsrechtlichen Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB; Rz. 65 f.)[3] ergibt sich daher keine Folge für die steuerliche Gewinnermittlung, es besteht ein ausdrückliches steuerrechtliches Aktivierungsverbot.[4]

 

Rz. 74

Rechnungsabgrenzungsposten für Zölle, Verbrauchsteuern und Umsatzsteuer

Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG sind auf der Aktivseite als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen (N...

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