Rz. 40

Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB), damit ist der zur Erfüllung der Verpflichtung aufzubringende Betrag gemeint. Mit der Verwendung des Begriffs "Erfüllungsbetrag" wird ausdrücklich klargestellt, dass in der Zukunft – unter Einschränkung des Stichtagsprinzips – künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen sind.[1]

In Höhe des Erfüllungsbetrags besteht also für die Verbindlichkeiten ein Bewertungsgebot. Auch wenn der Ausgabebetrag einer Verbindlichkeit niedriger als der Erfüllungsbetrag ist, was insbesondere bei Schulddarlehen häufig der Fall ist, muss die Verbindlichkeit mit dem Erfüllungsbetrag angesetzt werden. Für den Ausweis des Unterschiedsbetrags besteht dann ein Aktivierungswahlrecht als Damnum (§ 250 Abs. 3 HGB). Langfristige Verbindlichkeiten (außer Rentenverpflichtungen nach § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB) dürfen nicht abgezinst werden, weil das gegen das Realisationsprinzip verstoßen würde.[2]

 

Rz. 41

Erhöht sich der Erfüllungsbetrag gegenüber dem Wert bei dem Entstehen der Verbindlichkeit, z. B. bei Sachleistungs- oder Währungsverbindlichkeiten, ist die Verbindlichkeit nach dem Höchstwertprinzip mit dem höheren Erfüllungsbetrag auszuweisen. Das hat unabhängig davon zu geschehen, ob es sich um eine vorübergehende oder um eine dauernde Erhöhung handelt.[3]

 

Rz. 42

Ein gegenüber dem Entstehen der Verbindlichkeit niedrigerer Erfüllungsbetrag realisiert sich grundsätzlich erst bei der Erfüllung der Verbindlichkeit. Ein früherer Ausweis, z. B. bei einem günstigeren Währungskurs zum Bilanzstichtag, ist nur unter der Ausnahme des § 256a HGB zulässig.

Beträgt die Restlaufzeit der Valutaverbindlichkeit am Bilanzstichtag ein Jahr oder weniger, sind gemäß § 256a Satz 2 HGB für die Umrechnung mit dem am Bilanzstichtag geltenden Devisenkassamittelkurs das Anschaffungswert-, das Realisations- und das Imparitätsprinzip nicht anzuwenden. Ist der Devisenkassamittelkurs gegenüber demjenigen im Zugangszeitpunkt gestiegen, werden die historischen Anschaffungskosten der Verbindlichkeit unterschritten. Der nicht realisierte Währungsgewinn ist auszuweisen, da das Realisationsprinzip nicht gilt. Demgegenüber führt die Aufwertung der Fremdwährung nicht zum Ansatz eines höheren Stichtagswertes und zum Ausweis eines nicht realisierten Währungsverlusts, weil das Imparitätsprinzip und damit das aus ihm abgeleitete Höchstwertprinzip nicht anzuwenden sind.

 
Niederstwert Erfüllungsbetrag bei dem Entstehen der Verbindlichkeit.
Zuschreibungen Auf den Erfüllungsbetrag am Bilanzstichtag, auch wenn die Werterhöhung vorübergehend ist (Höchstwertprinzip).
Abschreibungen Bei einem niedrigeren Erfüllungsbetrag bis Untergrenze Erfüllungsbetrag bei dem Entstehen der Verbindlichkeit.
Abzinsung Keine Abzinsung zulässig, weil das gegen das Realisationsprinzip verstoßen würde.
[1] Begr. RegE, BT-Drucks. 16/10067 S. 52.
[2] Schubert, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz. 63.
[3] Bertram/Kessler, in Betram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 10. Aufl. 2019, § 253 HGB Rz. 61 ff.

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