OFD Münster, Verfügung v. 22.12.2006, o. Az.

Im Rahmen von Fortbildungsveranstaltungen wurde über die geplanten gesetzgeberischen Maßnahmen zur Erledigung von Masseneinsprüchen informiert.

Aufgrund der Vielzahl von Einsprüchen wurden die geplanten Änderungen nachträglich in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Durch die Änderung der §§ 172, 367 AO im Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007) ist nunmehr die Erledigung von Änderungsanträgen und Einsprüchen durch Allgemeinverfügung möglich. Darüber hinaus sieht § 367 Absatz 2a AO in der Fassung des JStG 2007 (n.F.) die Möglichkeit der Teileinspruchsentscheidung vor.

Dagegen wurde die Regelung einer Einspruchsrücknahmefiktion ebenso nicht in das Gesetz aufgenommen, wie die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorläufigkeit (§ 165 AO) auf sog. Mischfälle, in denen neben der Verfassungsmäßigkeit auch einfachgesetzliche Fragen zur Auslegung einer Norm streitig sind. Das Jahressteuergesetz 2007 ist am 18.12.2006 im BGBl verkündet worden (BGBl 2006 I S. 2878). Nach Art. 20 Abs. 1 JStG 2007 sind die neuen Regelungen damit am 19.12.2006 in Kraft getreten.

Allgemeinverfügung

Mit dem neuen Absatz 2b des § 367 AO ist dem BMF die Möglichkeit eingeräumt worden, durch Allgemeinverfügung sowohl Anträge (§ 172 Abs. 3 AO n.F.) als auch Einsprüche (§ 367 Abs. 2b AO n.F.) zurückzuweisen, die eine vom EuGH, vom BVerfG oder vom BFH entschiedene Rechtsfrage betreffen.

Sofern ein Einspruchsverfahren betroffen ist, hat der jeweilige Stpfl. die Möglichkeit, innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe der Allgemeinverfügung Klage zu erheben. Durch diese verlängerte Klagefrist wird der Rechtsweggarantie hinreichend Rechnung getragen. Beklagter ist das jeweils zuständige FA und nicht das BMF.

Der Erlass einer Allgemeinverfügung durch das BMF steht in seinem Ermessen. Das BMF wird von der Möglichkeit einer Allgemeinverfügung nur in „Massenfällen” Gebrauch machen.

Die Allgemeinverfügung ist der Öffentlichkeit durch Veröffentlichung im BStBl und auf den Internetseiten des BMF bekannt zu geben (§ 367 Abs. 2b Satz 3 AO n.F.). Daneben kann es angezeigt sein, die Allgemeinverfügung auch durch Pressemitteilungen und durch Aushänge in den FÄ der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie gilt am Tag nach der Herausgabe des BStBl als bekannt gegeben.

Für die Praxis hat dies zur Folge, dass Massenverfahren zukünftig nicht mehr einzeln aufgegriffen und abgewickelt werden müssen, sondern durch Allgemeinverfügung erledigt werden können. Dies gilt selbst dann, wenn die obergerichtliche Entscheidung bereits vor Inkrafttreten des JStG 2007 ergangen ist und die Allgemeinverfügung erst nach diesem Zeitpunkt im BStBl veröffentlicht wird (Beispiel: Grundsteuer; § 6 Abs. 12 EGAO n.F.). Für das Massenverfahren „Grundsteuer” bedeutet dies, dass eingegangene Anträge bzw. Einsprüche nicht durch Einzelentscheidung erledigt werden müssen, sondern zunächst abzuwarten bleibt, ob eine Allgemeinverfügung erlassen wird.

Entsprechendes gilt für das Massenverfahren „Solidaritätszuschlag”. Insbesondere ist eine Erledigung dieser Fälle durch Aufnahme einer Vorläufigkeit in die betroffenen Steuerbescheide nicht erforderlich.

Damit für die Austragung der „Masseneinsprüche” aus der maschinellen Rechtsbehelfsliste, die nach der Bekanntgabe einer Allgemeinverfügung als erledigt gelten, kein zusätzlicher Zeitaufwand erforderlich wird, wird zur Zeit geprüft, ob es möglich ist, die Erledigung dieser Einsprüche zentral speichern zu lassen.

Teileinspruchsentscheidung

Im Jahressteuergesetz 2007 wurde § 367 Abs. 2 AO u.a. um folgenden Abs. 2a ergänzt:

„(2a) Die Finanzbehörde kann vorab über Teile des Einspruchs entscheiden, wenn dies sachdienlich ist. Sie hat in dieser Entscheidung zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll.”

Der neue Abs. 2a ermöglicht es den FÄ, in einer förmlichen Einspruchsentscheidung zunächst nur über Teile des Einspruchs zu befinden.

Durch die Verpflichtung der Finanzverwaltung, in der Teileinspruchsentscheidung ausdrücklich zu bestimmen, hinsichtlich welcher Teil Bestandskraft nicht eintritt, wird Klarheit darüber geschaffen, inwieweit der Steuerfall „offen” bleibt. Der Erlass einer Teileinspruchsentscheidung hat nicht zur Folge, dass stets noch eine „Endeinspruchsentscheidung” ergehen muss. Das Einspruchsverfahren kann beispielsweise auch dadurch abgeschlossen werden, dass die Finanzbehörde dem Einspruch hinsichtlich der zunächst offen gebliebenen Frage abhilft, der Stpfl. seinen Einspruch zurücknimmt oder durch Allgemeinverfügung eine Einspruchsentscheidung fingiert wird.

Die teilweise Erledigung eines Einspruchs durch Teileinspruchsentscheidung bietet sich insbesondere dann an, wenn es sich um umfangreiche Einsprüche handelt, die teilweise Rechtsfragen mit Bezug zu anhängigen Verfahren aufwerfen und deshalb insoweit noch nicht entschieden werden können oder sollen, im Übrigen aber entscheidungsreif sind.

Für den Bereich der Massenverfahren sind dies solche Fälle, in denen neben der durch das jeweil...

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