Leitsatz

1. Umlagezahlungen des Arbeitgebers an die VBL, die dem Arbeitnehmer einen unmittelbaren und unentziehbaren Rechtsanspruch gegen die VBL verschaffen, führen im Zeitpunkt ihrer Zahlung zu Arbeitslohn.

2. Für den Arbeitslohncharakter von Zukunftssicherungsleistungen kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Versicherungsfall bei dem begünstigten Arbeitnehmer überhaupt eintritt und welche Leistungen dieser letztlich erhält.

3. Als Arbeitslohn anzusehende Umlagezahlungen des Arbeitgebers an die VBL sind weder nach § 3 Nr. 62 EStG noch nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 62, § 3 Nr. 63 EStG

 

Sachverhalt

Die ein Krankenhaus betreibende Klägerin gewährte als Beteiligte der Versorgungsanstalt des Bunds und der Länder (VBL) ihren Beschäftigten tarifvertraglich eine Zusatzversorgung bei der VBL. Zu deren Finanzierung leistete sie an die VBL Umlagezahlungen von 7,86 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts der Beschäftigten einschließlich eines einbehaltenen und versteuerten Eigenanteils der Beschäftigten von 1,41 %. Die Klägerin begehrte im Rahmen der LSt-Anmeldung erfolglos, die Umlagen von 6,45 % nicht der LSt zu unterwerfen. Das FA sah darin Lohn.

Die dagegen erhobene Klage war erfolgreich (FG Niedersachsen, Urteil vom 11.01.2007, 11 K 307/06, Haufe-Index 1720911, EFG 2007, 1073).

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und beurteilte die Umlage, wie unter Praxishinweisen dargestellt, als Lohn.

 

Hinweis

1. Das Besprechungsurteil hält daran fest, dass Zukunftssicherungsleistungen des Arbeitgebers Lohn sind, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge leistet, ein unmittelbarer und unentziehbarer Rechtsanspruch auf Leistung zusteht; der Arbeitslohn fließt mit der Beitragszahlung des Arbeitgebers zu, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Barlohn zur Verfügung stellt und der Arbeitnehmer ihn selbst zu seiner Zukunftssicherung verwendet. Dann ist Lohnzufluss der gegenwärtige Beitrag des Arbeitgebers, mit dem er Versicherungsschutz des Arbeitnehmers finanziert. Das ist auch Grundlage der drei weiteren Urteile vom selben Tag (VI R 16/07, BFH/NV 2009, 1508, BFH/PR 2009, 370; VI R 37/08, BFH/NV 2009, 1513, BFH/PR 2009, 372; VI R 5/08, BFH/NV 2009, 1511, BFH/PR 2009, 371) für die Fälle, dass die Beitragszahlungen nicht planmäßig fortgeführt werden.

2. Grundlegend ist die getrennte Betrachtung und einkommensteuerliche Beurteilung der gegenwärtigen Umlagezahlung (Lohn) und der damit finanzierten späteren Versicherungsleistung (so schon zur Gruppenunfallversicherung: BFH, Urteil vom 11.12.2008, VI R 9/05, BFH/NV 2009, 474, BFH/PR 2009, 135). Das hat Folgen: Mit der Beitragsleistung fließt der Arbeitslohn grundsätzlich unabhängig davon zu, ob und in welcher Höhe der Arbeitnehmer später Versicherungsleistungen erlangt. Denn der Arbeitgeber wendet die Beiträge, nicht die Versicherungsleistungen zu, eben als ob der Arbeitnehmer selbst den Lohn zur Zukunftssicherung verwendet. Dann ist für den Zufluss von Arbeitslohn unerheblich, inwieweit die vom Arbeitnehmer erwarteten Versorgungsleistungen tatsächlich erbracht werden, ob die daraus erhoffte Rendite erzielt wird, ob die Beiträge wirtschaftlich den Ansprüchen und Anwartschaften des Arbeitnehmers entsprechen, ob verfallbare oder unverfallbare Leistungsansprüche erworben werden, ob Umlagen die individuellen künftigen Ansprüche der aktiven Arbeitnehmer oder nur die aktuellen Versorgungslasten abdecken, ob zwischen der nominalen Umlagehöhe und dem versicherungsmathematischen Barwert der Versorgungsanwartschaft Deckungsgleichheit besteht, ob Versorgungsleistungen von Wartezeiten und Lebensalter abhängig sind; ebenso, ob der Arbeitnehmer bei vorzeitigem Ausscheiden aus der Versorgungseinrichtung nichts erlangt.

3. Nur ausnahmsweise, wenn bereits im Zeitpunkt der Entrichtung der Beiträge die wirtschaftliche Wertlosigkeit des damit finanzierten Versicherungsschutzes sicher erkennbar ist, erbringen die Beiträge dem Arbeitnehmer keinen Vorteil, sind also kein Lohn. Ebenso – nach bisheriger Rechtsprechung – Gegenwertzahlungen (BFH, Urteil vom 15.02.2006, VI R 92/04, BFH/NV 2006, 883, BFH-PR 2006, 233), Sonderzahlungen im Zusammenhang mit der Schließung des Umlagesystems (BFH, Urteil vom 14.09.2005, VI R 32/04, BFH/NV 2005, 2304, BFH/PR 2006, 17) beim Wechsel zu einer anderen umlagefinanzierten Zusatzversorgungskasse (BFH, Urteil vom 14.09.2005, VI R 148/98, BFH/NV 2005, 2300, BFH/PR 2006, 19). Zu beachten ist allerdings die Rechtsänderung (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i.V.m. § 52 Abs. 35 EStG i.d.F. des JStG 2007 vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878): nach dem 23.08.2006 geleistete Sonderzahlungen sind Lohn.

4. Weil die Arbeitnehmer im Fall der Klägerin durch deren Umlagezahlungen einen Vorteil erlangt haben, waren die Umlagen Lohn. Denn der Arbeitnehmer erwarb mit der Teilnahme am kollektiven Finanzierungssystem hinreichend werthaltige Anwartschaftsrechte auf künftige Versorgung; und dies unabhängi...

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