2.1 Eigentumsvorbehalt

Der Käufer erlangt die tatsächliche Sachherrschaft und sein Anwartschaftsrecht auf Eigentumserwerb, wenn der Lieferer den Gegenstand der Lieferung unter Eigentumsvorbehalt herausgibt. Der Verkäufer verschafft dem Käufer eine eigentümerähnliche Rechtsposition an der Sache, solange der Käufer seine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag erfüllt.

 
Praxis-Beispiel

Verschaffung der Verfügungsmacht bei Eigentumsvorbehalt

Einzelhändler E verkauft an einen Kunden Waren, ohne dass dieser sofort bezahlen muss.

Bis zur Bezahlung bleibt die Ware Eigentum des E. Das Eigentum geht erst bei vollständiger Bezahlung des Kunden auf diesen über. Da E aber mit Übergabe der Ware dem Kunden die Verfügungsmacht verschafft hat, liegt schon zu diesem Zeitpunkt eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG vor.

Macht der Lieferer dagegen von seinem Vorbehaltsrecht Gebrauch, wird der Liefergegenstand – nicht steuerbar – zurückgegeben. Wird ein derartiger Vertrag rückabgewickelt, muss der Vorbehaltskäufer für die bis dahin erfolgte Gebrauchsüberlassung ein Nutzungsentgelt bezahlen. Dieses Entgelt ist Gegenleistung für eine sonstige Leistung und nicht für eine Lieferung. Da der Kunde den ihm unter Eigentumsvorbehalt überlassenen Gegenstand nutzen konnte, ist das Nutzungsentgelt auch nicht als Schadensersatz anzusehen, da hier ein Leistungsaustausch vorliegt.

2.2 Verpfändung und Sicherungsübereignung

Wird eine Sache verpfändet, stellt dies allein noch keine Lieferung dar. Eine Lieferung liegt erst vor, wenn der Pfandgläubiger das Recht erlangt, das Pfand zu verwerten.

Erst mit dem Ablauf der dem Verpfänder zur Pfandeinlösung eingeräumten Frist erfolgt die Lieferung der Pfandsache an den Pfandgläubiger, da der Verpfänder hierdurch seine Verfügungsmacht verliert. Durch den Pfandverkauf (Versteigerung) wird der Pfandgläubiger befriedigt. Da der Pfandgläubiger im eigenen Namen tätig wird, bewirkt er eine steuerbare Lieferung, da er im eigenen Namen über fremdes Eigentum verfügt.

 
Wichtig

Verwertung von sicherungsübereigneten Gegenständen

Bei der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände liegen Lieferungen zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer und zwischen dem Sicherungsnehmer und dem Erwerber des Gegenstands vor (sog. Doppelumsatz).[1] Die Lieferung des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer liegt aber erst dann vor, wenn der Sicherungsnehmer seinerseits den Gegenstand verwertet.

[1]

S. Sicherungsübereignung.

2.3 Bauten auf fremdem Grund und Boden

Errichtet der Besteller/Auftraggeber auf einem nicht in seinem Eigentum bzw. nicht in seinem Alleineigentum stehenden Grundstück ein Gebäude, liegen Bauten auf fremdem Grund und Boden vor. Der als zivilrechtlicher Vertragspartner anzusehende Besteller/Auftraggeber gilt auch als Leistungsempfänger nach § 3 Abs. 1 UStG.[1] Mit der Übergabe des fertig gestellten Bauwerks erlangt der Besteller die Verfügungsmacht.[2] Ob der Besteller das rechtliche oder wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück erlangt, ist ohne Bedeutung.

Zu überprüfen ist später, ob der Bauherr, sobald ihm die Verfügungsmacht des auf fremdem Grund und Boden erstellten Gebäudes verschafft wurde, es an den Grundstücks-Alleineigentümer bzw. die -Miteigentümer weiterliefert, also ihnen die Verfügungsmacht daran verschafft. Allein dadurch, dass dem Grundstückseigentümer das Eigentum am Gebäude bürgerlich-rechtlich zuwächst[3], findet nicht zwangsläufig die umsatzsteuerliche Verschaffung der Verfügungsmacht statt.[4]

Hierzu ist der Willen der Beteiligten notwendig, dass der Besteller die Verfügungsmacht verliert. Zudem muss er dem Grundstückseigentümer Substanz, Wert und Ertrag des Bauwerks zuwenden, damit dem Eigentümer die volle körperliche und wirtschaftliche Sachherrschaft über das Bauwerk verschafft wird. Erst diese führt zu einer uneingeschränkten Verfügungsberechtigung über die wirtschaftliche Substanz.[5]

2.4 Fiktion eines Reihengeschäfts (ab 1.7.2021)

Zum 1.7.2021 ist über das sog. Digitalpaket ein fiktives Reihengeschäft – aber nur in bestimmten Fällen – eingeführt worden, wenn eine Lieferung über eine elektronische Schnittstelle[1] ausgeführt wird. Der Betreiber der elektronischen Schnittstelle muss dabei den leistenden Unternehmer mit seiner Schnittstelle "unterstützen".[2]

 
Hinweis

Umfassende Hinweise der Finanzverwaltung im UStAE

Die Finanzverwaltung hat in Abschn. 3.18 Abs. 3 UStAE sehr umfassende, aber nicht abschließende, Merkmale dafür aufgezählt, dass:

  • ein Unternehmer eine elektronische Schnittstelle betreibt, für die er die Bedingungen für die Lieferung der Gegenstände festlegt,
  • eine elektronische Schnittstelle an der Autorisierung der Abrechnung beteiligt ist sowie
  • ein Unternehmer, der eine elektronische Schnittstelle betreibt, an der Bestellung oder Lieferung der Gegenstände beteiligt ist.

Unter den in § 3 Abs. 3a Satz 1 und Sat...

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