2.2.1 Begriffsgrundlagen

 

Rz. 19

Nachhaltigkeit bedeutet, "die Bedürfnisse der heutigen Generation zu erfüllen, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen zu beeinträchtigen, ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen"[1]. Dies wurde ursprünglich von Hans Carl von Carlowitz Anfang des 18. Jahrhunderts angesichts einer Rohstoffkrise für die Waldbewirtschaftung eingefordert.[2] Auch 4 Jahrhunderte später hat dieser Gedanke keinesfalls an Aktualität verloren, sondern stellt häufig ein elementares Grundprinzip politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen sowie (idealerweise) des menschlichen Handelns dar.[3] Im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen das Prinzip der Nachhaltigkeit auf die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die "Sustainable Development Goals" (SDGs), übertragen.[4]

 

Rz. 20

Im nachhaltigen Wirtschaften wird das Grundprinzip der Nachhaltigkeit mit dem Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung, der von Elkington[5] formulierten "Triple Bottom Line" (TBL), konkretisiert, welches die traditionelle ökonomische Dimension um die ökologische und die soziale ergänzt.[6] Nachhaltiges Wirtschaften muss ökonomische Zielsetzungen wie z. B. die Gewinnmaximierung oder die Steigerung des Unternehmenswerts in Einklang bringen mit ökologischen Aspekten, bspw. der Reduzierung von Schadstoffemissionen, und zudem sozialen Kriterien gerecht werden, die von menschenwürdigen Arbeitsbedingungen bis hin zu Mindestlohnzahlungen, Geschlechtergerechtigkeit und familiengerechten Arbeitsplätzen reichen.[7]

[1] Übersetzt nach WCED, Our Common Future, 1987.
[2] Vgl. von Carlowitz, Sylvicultura Oeconomica, Oder Haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung Zur Wilden Baum-Zucht, 1713.
[3] Als Beispiele sind die jährliche UN-Klimakonferenz, die angestrebte Energiewende mit der Umstellung auf erneuerbare Energien oder die Mobilitätswende mit der zunehmenden Nutzung der Elektromobilität zu nennen.
[4] UN, The 17 Goals, 2015.
[5] Vgl. Elkington, Cannibals with Forks: The Triple Bottom Line of the 21st Century, 1998.
[6] Vgl. Savitz/Weber, The Triple Bottom Line, 2006.
[7] Williams u. a., Journal of Cleaner Production 2017, S. 866 ff.; Seuring/Müller/Schwarzkopf, Nachhaltiges Management von Wertschöpfungsketten, in: Baumast/Pape (Hrsg.), Betriebliches Nachhaltigkeitsmanagement, 2. Aufl., 2022, S. 360 ff.

2.2.2 Nachhaltiges Supply Chain Management

 

Rz. 21

Auch im Supply Chain Management werden die Prinzipien des nachhaltigen Wirtschaftens i. S. d. TBL widergespiegelt.[1] Wie in Abb. 2 dargestellt, erreicht die Lieferkette als Profit-Planet-People-System Nachhaltigkeit durch ökonomische, ökologische und soziale Leistung.[2] Hierbei entspricht die ökonomische Leistung dem aus Umsatz und Kosten erwirtschafteten "Profit", während die ökologische Leistung zum Ressourcenverbrauch sowie zum Abfall und Schadstoffausstoß des "Planet" und die soziale Leistung zu den "People" bei Lieferanten, Produzenten und Kunden korrespondiert.

Abb. 2: Die Lieferkette als Profit-Planet-People-System

 

Rz. 22

Strategie, Unternehmenskultur, Transparenz und Risikomanagement bilden die 4 grds. Anforderungen und Rahmenbedingungen eines nachhaltigen Supply Chain Managements.[3] Um Nachhaltigkeit im Supply Chain Management vollumfänglich erreichen zu können, muss sie als integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie reflektiert sein.[4] Werte und ethische Grundsätze müssen in der Unternehmenskultur fest verankert sein, damit Führungspersonal und Belegschaft des Unternehmens die Prinzipien des nachhaltigen Wirtschaftens kontinuierlich und erfolgreich umsetzen.[5] Weiterhin ist Risikomanagement im nachhaltigen Wirtschaften erforderlich. Die hierbei reflektierten Risikofaktoren des traditionellen Supply Chain Managements umfassen das allgemeine ökonomische Verlustrisiko und Wechselkursrisiken sowie die aus Bedarfsunsicherheit resultierenden Risiken von Über- und Fehlbeständen.[6] Sie werden durch Risiken des nachhaltigen Supply Chain Managements, z. B. Gefahrstoff- oder Gesundheitsrisiken sowie Risiken der Produkthaftung und Compliance, ergänzt.[7] Transparenz über die innerbetrieblichen und unternehmensübergreifenden Strukturen und Nachverfolgbarkeit der Prozesse helfen, die Risiken zu mildern.[8] Informationssysteme und andere Instrumente der Informationstechnologie, z. B. Blockchain, können helfen, die erforderliche Transparenz im nachhaltigen Supply Chain Management[9] herzustellen und zu bewahren.[10]

[1] Vgl. Seuring/Müller, Journal of Cleaner Production 2008, S. 1699 ff.
[2] Vgl. Tang/Zhou, European Journal of Operational Research 2012, S. 585 ff.
[3] Vgl. Carter/Rogers, International Journal of Physical Distribution & Logistics Management 2008, S. 360 ff.
[4] Vgl. Cetinkaya, Sustainable Supply Chain Management, 2011, S. 17 ff.
[5] Vgl. Carter/Jennings, Journal of Business Logistics 2004, S. 145 ff.; Savitz/Weber, The Triple Bottom Line, 2006.
[6] Vgl. Rebs u. a., Business Research 2018, S. 197 ff.
[7] Vgl. Rebs u. a., Business Research 2018, S. 197 ff.
[8] Vgl. Garcia-Torres u. a., Supply Chain Management 2019, S. 85 ff.; Montecchi/Plangg...

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