Leitsatz

1. Die Einkunftserzielungsabsicht kann auch bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit fehlen, sodass von einer einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Liebhaberei auszugehen ist.

2. Beurteilungseinheit für die Überschusserzielungsabsicht bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit ist das einzelne Dienstverhältnis. Fiktive weitere Einkünfte aus anderen Beschäftigungsverhältnissen, die sich im Anschluss an das jeweilige Dienstverhältnis ergeben könnten, sind für die Totalüberschussprognose nicht zu berücksichtigen.

3. In die Totalüberschussprognose ist das zu erwartende Ruhegehalt des Steuerpflichtigen und eine etwaige Hinterbliebenenversorgung seines Ehegatten mit den nach der aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamts zu bestimmenden und nicht abzuzinsenden Verkehrswerten einer lebenslänglichen Leistung einzubeziehen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 19 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger wandte erfolglos erhebliche Mittel auf, um ein politisches Amt antreten zu können. Das FG gab der Klage nur teilweise statt.

 

Entscheidung

Auf die Revision hob der BFH die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Die Vorentscheidung beruhe zwar auf einer negativen Überschussprognose. Diese halte entsprechend den vorgenannten Grundsätzen jedoch einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Sollte das FG bei erneuter Verhandlung wiederum zu einer negativen Totalüberschussprognose gelangen, so sei dem Kläger die Überschusserzielungsabsicht nur dann abzusprechen, wenn aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sei, dass er die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen angestrebt habe (Beschluss des Großen Senats des BFH in BStBl II 1984, 751, zu C.IV.3.c bb [1] der Entscheidungsgründe).

 

Hinweis

1. Im Besprechungsurteil musste der Sachverhalt aus Gründen des Steuergeheimnisses nahezu gänzlich entfallen und auch die Urteilsgründe in erheblichem Umfang gekürzt werden.

2. Von Bedeutung sind insbesondere die in den o.a. Leitsätzen hinreichend zum Ausdruck kommenden Aussagen des Urteils.

Dies betrifft zunächst die (hier wohl erstmals ausgesprochene) Erkenntnis des BFH, dass – wenngleich dies wohl selten der Fall sein dürfte – es auch bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit an der Einkunftserzielungsabsicht fehlen kann und daher unter bestimmten Umständen von einer einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Liebhaberei auszugehen ist.

Aufwendungen sind danach als (vorab entstandener) Erwerbsaufwand (Werbungskosten) nur abziehbar, wenn der Steuerpflichtige die Absicht hat, durch die Erzielung von Einkünften aus der betreffenden nicht selbstständigen Tätigkeit einen Überschuss zu erzielen. Dies erfordert nach den Grundsätzen der Entscheidung des Großen Senats des BFH vom 25.06.1984, GrS 4/82, Haufe-Index 74808, BStBl II 1984, 751objektiv eine Totalüberschussprognose und subjektiv die Feststellung, dass der Kläger die Verluste nicht aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen hat.

3. Bedeutung hat die Besprechungsentscheidung auch hinsichtlich der Frage, welche Umstände in die Überschussprognose einzubeziehen sind. Das Urteil nennt hierzu: das Gehalt, die weiteren Gehaltsbestandteile (Zulagen, Ortszuschlag, Dienstaufwandsentschädigung) und etwaige einem Amtsinhaber zustehenden besonderen Vergütungen. Einzubeziehen ist ferner das zu erwartende Ruhegehalt (Pension). Bei dessen Wertbestimmung ist die aktuelle Sterbetafel des Statistischen Bundesamts heranzuziehen. Wegen des Nominalprinzips entfällt eine Abzinsung. Einzubeziehen ist auch eine etwaige Hinterbliebenenversorgung des Ehegatten. Im Einklang mit ergangenen BFH-Entscheidungen zu den Einkünften zur VuV und LuF vertritt der VI. Senat (gleichfalls) die Auffassung, dass die Überschuss- bzw. Totalgewinnprognose ggf. subjektübergreifend durchzuführen ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 28.08.2008 – VI R 50/06

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