Leitsatz

Der Erwerber des lebenden und toten Inventars eines Gestüts führt auch dann einen landwirtschaftlichen Betrieb (als Einzelunternehmer), wenn die beabsichtigte Zusammenarbeit mit dem formal Nutzungsberechtigten der landwirtschaftlich genutzten Flächen scheitert, er, der Erwerber, aber die Pachtzahlungen für die Flächen erbringt und diese für die erworbenen Tiere auch tatsächlich die Futtergrundlage bilden.

 

Normenkette

§ 13 Abs. 1 Nr. 1 , § 15 Abs. 4 EStG

 

Sachverhalt

Der Inhaber eines Gestüts, das auf gepachteten Flächen betrieben worden war, war in Konkurs gefallen und musste eine Haftstrafe verbüßen. Aus der Konkursmasse erwarb der Kläger – Inhaber eines anderenorts belegenen landwirtschaftlichen Betriebs – das lebende und tote Inventar und beließ es auf dem Gelände des Gestüts. Die Ehefrau des Betriebsinhabers (EF) trat gleichzeitig in die Pachtverträge ihres Mannes ein und erklärte dabei, den Betrieb künftig gemeinsam mit dem Kläger führen zu wollen. Der Kläger erteilte der EF seinerseits Vollmacht über ein Bankkonto, von dem alle Ausgaben des Betriebs beglichen wurden. Später kam es zum Streit zwischen dem Kläger und der EF, in dessen Folge der Kläger später das Inventar an einen Dritten veräußerte.

Der Kläger begehrte vom Belegenheits-FA des Gestüts die gesonderte Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Dies wurde mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe mangels Flächengrundlage keinen landwirtschaftlichen Betrieb unterhalten. Dieser Auffassung war auch das FG.

 

Entscheidung

Der BFH kam zu dem Ergebnis, das Gestüt sei vom Kläger als landwirtschaftlicher Betrieb geführt worden. Er gab der Revision des Klägers statt und verwies das Verfahren an das FG zurück, damit dieses die Höhe der Einkünfte feststelle.

 

Hinweis

1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bezieht nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG derjenige, der die natürlichen Kräfte des Grund und Bodens zur Gewinnerzielung nutzt. Das Halten von Tieren ist zwar eine der ursprünglichen bäuerlichen Tätigkeiten, erfüllt die Voraussetzungen der Land- und Forstwirtschaft aber nur in Gestalt der Veredelung von Produkten des Bodens durch deren Verfütterung. Für einen tierhaltenden Betrieb ist deshalb das Grundstück unentbehrlich, um Einkünfte aus Landwirtschaft erzielen zu können. Ohne ausreichende Flächengrundlage, wie sie in § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch Bestimmung eines höchstzulässigen Tierbestands je ha der Betriebsfläche festgelegt ist, führt die Tierhaltung zu gewerblichen Einkünften.

2. Das Grundstück muss allerdings nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen. Es reicht aus, wenn er ein Nutzungsrecht an der Fläche hat, üblicherweise aufgrund eines Pachtvertrags. Im Besprechungsfall hatte der Kläger als Betreiber des Gestüts von den Eigentümern der genutzten Flächen nicht selbst ein solches Nutzungsrecht erhalten. Dies veranlasste das FA zu der Annahme, es würden keine landwirtschaftlichen Einkünfte erzielt.

Der BFH stellt demgegenüber darauf ab, dass der Kläger die Grundstückspacht aus seinen Mitteln gezahlt und die Tiere tatsächlich mit Erzeugnissen dieser Flächen gefüttert hatte. Daraus kann entnommen werden, dass der bürgerlich-rechtliche Rechtszustand für die steuerrechtliche Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück als Flächengrundlage dient, nicht ausschlaggebend ist. Vielmehr gilt ähnlich wie bei der Beurteilung des Eigentums nach § 39 Abs. 2 AO eine wirtschaftliche Betrachtung, die lediglich darauf abstellt, wer die landwirtschaftliche Fläche wirtschaftlich für seinen Betrieb nutzt. Dies war im Besprechungsfall der Kläger, weil er aufgrund der Absprache mit dem Pächter tatsächlich seine Pferde mit Erzeugnissen der betreffenden Grundstücke versorgte und er zugleich die Pachtaufwendungen trug.

3. Ein landwirtschaftlicher Mitunternehmer muss nicht selbst die Flächengrundlage für die Tierhaltung besitzen. Es reicht aus, wenn sie von anderen Mitunternehmern bereitgehalten wird. Danach lag es im Besprechungsfall nicht fern, eine Mitunternehmerschaft zwischen dem Kläger und dem Pächter der Grundstücke in Erwägung zu ziehen. Sie scheitert aber daran, dass der Pächter nach den vom FG getroffenen Feststellungen keinerlei finanzielles Risiko trug und deshalb nicht Mitunternehmer sein konnte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.6.2002, IV R 55/01

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