Der Einsatz von RFID Chips in industriellen Prozessen und der Vernetzung der Produkte auf dem Endverbrauchermarkt ermöglichen die Transparenz der Kundennutzungsprozesse. Entsprechend begünstigt dies den Einsatz von nutzungsabhängigen Preissystemen, die sich auf die Nutzungsintensität beziehen. Bei sog. pay-per-use oder pay-per-hour Konzepten findet man lineare und mehrteilige, sowie progressive und degressive Tarife. Nutzungsabhängige kundenzentrierte Preissysteme haben dabei drei Charakteristika gemein:

  1. Der Kunde zahlt nur für den Service, der tatsächlich genutzt wurde.
  2. Der Kunde nutzt und zahlt für die Leistung, wenn diese auch tatsächlich verfügbar ist.
  3. Der Kunde bestimmt selbst, wie intensiv er die Leistung nutzt und somit auch den zu zahlenden Betrag.

Aus Anbietersicht sind somit die Margen für jeden einzelnen Kunden individuell, sodass auch die Kunden dem Anbieter gegenüber mit einer Value Proposition entgegentreten, die durch deren erwartete Nutzungsintensität beschrieben ist.

Carsharing-Konzepte, wie sie zum Beispiel von Car2Go angeboten werden, stellen eine Fahrzeugflotte bereit und übernehmen alle notwendigen Aktivitäten, sodass der Kunde sich um nichts zu kümmern braucht, als eben in ein Fahrzeug zu steigen und loszufahren. Für diese Mobilität zahlt der Kunde einen Preis pro gefahrenen Kilometer bzw. für die Nutzungsdauer. Die Vernetzung der Kunden und der Fahrzeuge über eine App ermöglicht eine optimierte Koordination und effektive Nutzung der Flotte.

Für Geschäftskunden bietet der Reifenhersteller Michelin die Lösung aller Probleme eines LKW-Fuhrparks, die Reifen anbelangen. Diese Lösung umfasst dabei die Bereitstellung der Reifen für alle Fahrzeuge, sowie alle damit verbundenen Aktivitäten wie Montage, Demontage, Lagerung, Nachschnitt und Runderneuerung der Reifen. Das Ziel hierbei ist, das Reifenbudget der Kunden zu optimieren. Mit der Lösung des Kundenproblems ermöglicht Michelin seinen Kunden Mobilität (Bezugsgröße des Preissystems) und berechnet dafür einen Preis pro gefahrenen Kilometer. Dem Kunden wird aufgezeigt, welche Einsparpotenziale die Lösung beinhaltet und welche Vereinfachungen in den Kundenprozessen sie mit sich bringt.

Das größte Risiko liegt dabei in der Laufleistung des Reifens. Flotten haben unterschiedlichste Einsätze und unterschiedliche Belastungen der Reifen. Auch hier ist die Digitalisierung als eine Enabler zu sehen. Auswertbare historisch gesammelte Daten und Daten eines neuen Kunden können mit entsprechenden statistischen Auswertungen und abgeleiteten Modellen dazu genutzt werden, auch bei Neukunden relativ genau einschätzen, welches Risiko Michelin eingeht und wie dieses monetär zu bewerten ist.

Auch bei nutzungsabhängigen Preissystemen besteht eine Leistungsintegration sowie die Verantwortung für die Verfügbarkeit auf Anbieterseite und die damit einhergehenden Vorteile auf Kundenseite. Jedoch geht die Value Proposition der nutzungsabhängigen Preissysteme eine Stufe weiter und umfasst speziell im B2B Kontext zusätzlich Aspekte des Marktrisikos, des Prozessrisikos und des Kapazitätsrisikos. Bei geschäftlichen Kunden besteht eine derivative Nachfrage nach einer bestimmten Leistung in Abhängigkeit des Erfolgs auf dem eigenen Markt. Kunden können im Vorhinein nicht genau abschätzen, wie erfolgreich sie sein werden und ob die Investition am Ende profitabel ist. Da die Nutzungsintensität des Kunden abhängig ist von seinem eigenen Erfolg auf dem Markt, trägt der Anbieter bei nutzungsabhängigen Preissystemen einen Teil dieses Marktrisikos (f). Ist dagegen aber die Nachfrage sogar höher als erwartet, so liegt es im Interesse des Anbieters, die Kapazitäten des Kunden zu erweitern und somit seine Nutzungsintensität und folglich den Umsatz zu steigern. Dadurch wird auch ein Teil des Kapazitätsrisikos (g) vom Anbieter getragen. Mit dem Ziel der Erlösmaximierung liegt es im Interesse des Anbieters, dass die Prozesse des Kunden effektiv und effizient gestaltet sind. Somit wird er den Kunden dabei unterstützen wollen, Fehlfunktionen in vorgelagerten Prozessen, die zu geringerer Nutzung führen, zu vermeiden. Aufgrund der Tatsache, dass der Anbieter teilweise das Prozessrisiko (h) des Kunden mitträgt, wird er den Kunden bei der Optimierung seiner Prozesse unterstützen wollen.

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